Der Köder
und Lily ging durch
den Eintopfschuppen in das winzige rückwärtige Büro.
Eine feine schwarze Staubschicht lag auf allem – Gartenerde aus
dem angrenzenden Eintopfschuppen, wie Magozzi annahm. Sie
bedeckte ein mit Katalogen voll gestopftes Bücherregal, einen
Schreibtisch, der mit Papieren übersät war, sowie den alten
Computer und den Drucker, die darauf standen. Grace MacBride
hätte Zustände bekommen.
«Ist doch bestimmt nicht gut für das Ding.» Gino tippte auf den
Computer. «Dass es hier so dicht an den Eintopftischen steht.»
Tim setzte sich auf den einzigen Stuhl und startete den Computer.
«Das ist noch ein alter, Sir. Die sind nicht so empfindlich wie die neueren. Bessere Hardware, wenn Sie mich fragen. Und Mr. Gilbert
hat ihn nur wenig benutzt. Nur für die Rechnungen einmal im Monat und die Mailingliste.»
«Hmph.» Missbilligend trat Lily einen Schritt näher. «Das meinst du auch nur. Spiele hat er auf dieser dämlichen Maschine gespielt.
Man konnte das Gepiepse bis ins vordere Gewächshaus hören, und
deswegen bin ich eines Tages hergekommen, um nachzusehen: Da
saß er, ein erwachsener Mann, der kleine Zeichentrickraumschiffe
abschießt.»
Tim verkniff sich ein Grinsen und rief die alphabetische
Mailingliste auf. Dann deutete er auf den Bildschirm. «Tut mir leid.
Keine Rose Kleber.»
Gino hob einige der losen Blätter vom Tisch und schaute
darunter. «Haben Sie ein Rolodex, Mrs. Gilbert?»
Ihre Augen verengten sich. «Eins von diesen Dingern mit den
Kärtchen?»
«Ja, genau das.»
Sie schüttelte den Kopf. «Das Albernste, was mir je zu Gesicht
gekommen ist. Man will zum Beispiel Freddie Herberts Nummer
finden? Da verplempert man den halben Tag damit, all die kleinen
Karten durchzugucken, eine nach der anderen.» Sie öffnete eine
Schublade, klatschte ein dünnes Adressbuch auf die
Schreibtischplatte und öffnete es bei H. «Hier. Alle Hs auf einer Seite. Kein Umblättern, keine kleinen Karten. Schon nach einer
Sekunde habe ich Freddie Herbert gefunden.» Sie schlug danach K
auf, überflog die drei aufgeführten Namen und sagte achselzuckend:
«Keine Kleber.»
«Sonst noch was auf dem Computer, Tim?», fragte Magozzi.
Tim tippte auf ein paar Tasten und rief das Hauptmenü auf. «Nur
die Mailingliste und die Rechnungen, Sir. Das ist alles.»
«Okay.»
«Darf ich den Computer ausmachen? Ich sollte gehen und Jeff
helfen.»
«Geh schon, geh schon», forderte Lily ihn auf und wandte sich
Magozzi und Gino zu. Es war nicht zu übersehen, dass sie es eilig hatte, sich wieder ihren Kunden zu widmen. «Sonst noch was?»
«Im Augenblick nicht», sagte Magozzi. «Danke für Ihre Hilfe,
Mrs. Gilbert.»
«Welche Hilfe?», murrte Gino ein paar Minuten später, als sie
dem Asphaltweg um das Gewächshaus herum folgten und wieder
zum Parkplatz gingen.
«Sie hat uns das Büro gezeigt, und sie hat unsere Fragen
beantwortet.»
«Ja, aber selbst hat sie keine gestellt. Wir sind fast eine Stunde hier gewesen, und sie hat nicht einmal gefragt, ob wir irgendeinen Hinweis darauf haben, wer ihren Mann ermordet hat.»
Sie blieben an der Stelle stehen, an der Lily nach eigener
Aussage die Leiche ihres Mannes gefunden hatte.
Gino rieb sich den Nacken. «Weißt du, es regt mich höllisch auf,
dass sie den Laden einen Tag nach der Ermordung ihres Mannes
wieder geöffnet hat. Sollte sie nicht zu Hause sein und ihre Spiegel verhängen?»
Magozzi sah ihn erstaunt an. «Gino, ich bin beeindruckt. Du hast
wohl zu Hause gleich alles über jüdische Trauerzeremonien
nachgelesen, was?»
«Nein. Kino. Melanie, wie heißt sie noch, die gut aussehende
Blondine mit der piepsigen Stimme? Sie war in dem Film bei der
New Yorker Polizei, hat verdeckt ermittelt bei diesen extrem
religiösen Juden – kann mich nicht mehr erinnern, wie die hießen, aber die Männer hatten so Ringellocken.»
«Chassidische Juden.»
«Wie auch immer. Jedenfalls ist jemand gestorben, und die haben
alle Spiegel verhängt. Die Gilbert sollte doch zu Hause sein und
dasselbe tun, oder?»
Magozzi seufzte. «Sie ist nicht chassidisch, Gino, oder auch nur
orthodox. McLaren hat gesagt, dass sie noch nicht mal religiös
wären, erinnerst du dich?»
«Man braucht nicht religiös zu sein, um Respekt zu bekunden.»
Er sah auf seine Uhr und tippte auf das Glas. «Wie spät ist es? Ich habe Rose Klebers Tochter gesagt, wir würden um elf bei ihr sein.»
«Dann sollten wir sehen, dass wir hier wegkommen.
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