Der König auf Camelot
hören, daß der König in eine Frau von Flandern
verliebt ist – und Sir Grummore soll bereits verheiratet sein? Und der Sarazene
hat schwarze Haut?«
Keine Antwort.
»Es war eine ausgedehnte Jagd«, sagte Gareth. »Wie ich
hörte, haben sie keins gefangen.«
»Macht’s den Rittern Spaß, dies Spiel mit unserer Mutter zu
spielen?« Gaheris erklärte es zum zweitenmal. Auch wenn er schweigsam war, so
war er doch nicht unaufmerksam.
»Ich glaub’ nicht, daß sie überhaupt was verstehen werden.«
Sie stapften weiter und behielten ihre Gedanken für sich.
St. Toirdealbhachs Zelle war wie ein altmodischer
Bienenkorb aus Stroh, nur war sie größer und bestand aus Stein. Sie hatte keine
Fenster und nur eine Tür, durch die man kriechen mußte.
»Eure Heiligkeit«, riefen sie, als sie anlangten, und
rempelten gegen die schweren unvermörtelten Steine. »Eure Heiligkeit, wir sind
gekommen und möchten gern eine Geschichte hören.«
Er diente ihnen als Quelle geistiger Nahrung; er war für
sie eine Art Guru – wie es Merlin für Arthur gewesen war – , und er vermittelte
ihnen das wenige an Kultur, was ihnen überhaupt zuteil wurde. Wenn ihre Mutter
sie hinauswarf, suchten sie bei ihm Zuflucht wie hungrige Welpen auf der Jagd
nach irgend etwas Eßbarem. Er hatte ihnen Lesen und Schreiben beigebracht.
»Sieh an«, sagte der Heilige, als er seinen Kopf zur Tür
herausstreckte.
»Das Wohlgefallen Gottes ruhe auf Euch.«
»Dasselbige ruhe auf Euch.«
»Habt Ihr Neuigkeiten?«
»Wir haben keine«, sagte Gawaine, das Einhorn
verschweigend.
St. Toirdealbhach stieß einen tiefen Seufzer aus.
»Ich habe auch keine«, sagte er.
»Könnt Ihr uns eine Geschichte erzählen?«
»Ach, diese Geschichten. Da kommt doch nichts bei raus. Wie
sollt’ ich Euch eine Geschichte erzählen, wo ich doch ein vielfacher Ketzer
bin? Ist vierzig Jahre her, seit ich einen natürlichen, richtigen Kampf
gekämpft hab’, und die ganze Zeit habe ich kein Äug’ auf kein Mädchen nicht
geworfen – wie sollt’ ich da Geschichten erzählen?«
»Ihr könntet uns eine Geschichte ohne Mädchen oder Kämpfe
erzählen.«
»Und wozu sollt’ das wohl gut sein?« rief er unwillig und
kam in den Sonnenschein heraus.
»Wenn Ihr mal wieder kämpfen würdet«, sagte Gawaine (die
Mädchen unterschlug er), »dann ging’s Euch vielleicht besser.«
»Meiner Treu!« rief Toirdealbhach. »Möcht’ nur wissen, wozu
ich überhaupt nur ein Heiliger sein soll! Wenn ich bloß die Möglichkeit hätte,
einen mit meinem alten Shillelagh eins aufs Dach zu geben!« Hier zog er eine
furchterregende Waffe unter seinem Gewand hervor. »War’ das nicht besser, als
sämtliche Heilige von Irland zu sein?«
»Erzählt uns von Shillelagh.«
Aufmerksam untersuchten sie die Keule, während Seine
Heiligkeit ihnen erklärte, wie ein gutes Stück dieser Art herzustellen sei. Er
sagte, daß man nur einen Wurzelstrunk verwenden dürfe, da gewöhnliche Äste zu
leicht brächen, besonders die des Holzapfelbaums. Die Keule müsse man mit
Schmalz einschmieren und dann einwickeln und in einem Misthaufen vergraben,
bis sie geradegebogen sei; hernach müsse man sie mit Graphit und Fett polieren.
Er zeigte ihnen das Loch, wo das Blei hineingegossen wurde, und die Nägel am
Kopf und die Kerben in der Nähe des Griffs, womit man die Anzahl erbeuteter
Skalps markierte. Dann küßte er den Knüttel ehrerbietig und verbarg ihn mit
einem tiefen Seufzer unter seinem Gewand. Er spielte Theater und trug dabei
ziemlich dick auf.
»Erzählt uns die Geschichte von dem schwarzen Arm, der
durch den Schornstein kam.«
»Ach, ich bin nicht in Stimmung«, sagte der Heilige. »Ich
bin nicht mit dem Herzen dabei – bin völlig verhext.«
»Ich glaub’, wir auch«, sagte Gareth. »Alles scheint
verquer zu gehn.«
»Da war mal jemand«, begann Toirdealbhach. »Eine Frau. Und
diese Frau lebte mit ihrem Mann in Malainn Vig. Sie hatten nur ein kleines
Töchterchen. Eines Tages ging der Mann los, um Torf zu stechen, und als es
Mittag war, schickte die Frau das Mädchen mit seinem Essen ins Moor. Als der
Vater beim Essen saß, stieß das kleine Mädchen plötzlich einen Schrei aus.
›Seht mal, Vater! Seht Ihr das große Schiff da am Horizont? Ich könnt’ machen,
daß es hier ans Ufer kommt.‹ ›Das könnt’st du nicht‹, sagte der Vater. ›Ich bin
größer als du, und ich könnt’s auch nicht.‹ ›Dann paßt mal auf‹, sagte das
kleine Mädchen. Es ging zu dem Brunnen, der ganz
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