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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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denken, daß ich – daß wir – daß er – daß er aus einem bestimmten
Grunde wollte, daß ich sie gewinne.«
    Er machte eine Pause und sah Merlin an, der seinen Kopf
abwandte. »Der Grund war – der Grund war dieser: wenn ich Herr über mein
Königreich würde, indem ich diese beiden Schlachten gewönne, dann könnte ich
den Krieg beenden und mich dem Problem der Macht zuwenden. Habe ich’s erraten?
Hab’ ich recht?«
    Der Zauberer wandte den Kopf nicht ab, und seine Hände
lagen ruhig im Schoß.
    »Jau! Ich hab’ recht!« rief Arthur.
    Und nun begann er so schnell zu sprechen, daß er selbst
kaum mitkam.
    »Macht geht nämlich nicht vor Recht«, sagte er. »Aber es
tobt sich viel Macht in der Welt aus, und dagegen muß etwas unternommen werden.
Es ist, als wären die Menschen halb schrecklich und halb nett. Vielleicht sind
sie mehr schrecklich als nett, und wenn sie sich selbst überlassen bleiben,
dann schlagen sie über die Stränge. Nehmen wir die durchschnittlichen Barone,
wie wir sie heutzutage sehen, Leute wie Sir Bruce Sans Pitie, die sich in Stahl
kleiden und einfach durchs Land streunen und tun, was ihnen grad einfällt. Nur
zum Vergnügen. Das ist unsre normannische Vorstellung vom Machtmonopol der
oberen Klassen, ohne jede Beziehung zur Gerechtigkeit. Da bekommt die schreckliche Seite die
Oberhand, und es gibt Mord und Raub und Diebstahl und Quälerei. Die Menschen
werden wilde Tiere. –
    Aber nun hilft mir Merlin, meine beiden Schlachten zu
gewinnen, so daß ich dies unterbinden kann. Ich soll Ordnung schaffen. –
    Lot und Uriens und Anguish und all die – sie sind die alte
Welt, der altmodische Stand, der seinen eigenen Willen haben will. Ich muß sie
mit ihren eigenen Waffen schlagen –: sie zwingen sie mir auf, denn ihr Leben
heißt Gewalt – , und dann beginnt die wirkliche Arbeit. Diese Schlacht von
Bedegraine ist die Einleitung, versteht Ihr. Merlin will, daß ich an die Zeit nach der Schlacht denke.«
    Wieder machte Arthur eine Pause, doch kam kein Kommentar
und keine Ermunterung: der Zauberer hielt seinen Kopf abgewandt. Nur Sir Ector,
der neben ihm saß, konnte seine Augen sehen.
    »Was ich mir überlegt habe«, sagte Arthur, »ist folgendes.
Weshalb kann man die Macht nicht ins Geschirr spannen, damit sie für das Recht
arbeitet? Ich weiß, es klingt unsinnig; aber ich meine, man kann doch nicht
einfach sagen: so was gibt’s nicht. Die Macht ist da, in der schlechten Hälfte
der Menschen, und die darf man nicht vernachlässigen. Man kann sie nicht
herausschneiden, aber man könnte sie vielleicht dirigieren, versteht Ihr, so
daß sie nützlich wäre statt böse.«
    Die Zuhörer waren interessiert; sie beugten sich vor. Nur
Merlin rührte sich nicht.
    »Ich habe eine Idee. Wenn wir die vor uns liegende Schlacht
gewinnen und ich das Land fest in die Hand bekomme, dann werde ich eine Art von
Ritterorden gründen. Ich werde die bösen Ritter nicht bestrafen und Lot nicht
aufhängen, sondern versuchen, sie in unsern Orden zu bekommen. Wir müssen den
ganz groß aufziehen, versteht Ihr, modisch und so. Es muß eine große Ehre sein,
Mitglied zu werden, und jedermann muß dazugehören wollen. Und zum Gelübde des
Ordens werde ich machen, daß die Macht nur für das Recht da ist. Könnt Ihr mir
folgen? Die Ritter meines Ordens werden durch die ganze Welt reiten, in Stahl
gekleidet und mit dem Schwert um sich schlagend – das ist ein Ventil für die
Schlaglust, versteht Ihr, ein Ventil für das, was Merlin den Fuchsjagd-Geist
nennt – , aber sie sind verpflichtet, sich nur für das Gute zu schlagen,
Jungfrauen gegen Sir Bruce zu verteidigen und das wiedergutzumachen, was in der
Vergangenheit verbrochen worden ist, und den Unterdrückten zu helfen und so
weiter. Kapiert Ihr das Konzept? Ich werde die Macht benutzen, anstatt
sie zu bekämpfen, und etwas Schlechtes in etwas Gutes verwandeln. – So,
Merlin, das ist alles, was mir eingefallen ist. Ich habe so scharf nachgedacht,
wie ich nur konnte, und ich fürchte, ich
hab’s wieder falsch gemacht, wie gewöhnlich. Aber ich habe wirklich
nachgedacht. Was Besseres ist mir nicht eingefallen. Bitte, sagt doch etwas!«
    Der Zauberer erhob sich, stand gerade wie eine Säule,
streckte seine Arme in beide Richtungen aus, blickte zur Decke und sagte die
ersten Worte des Nunc Dimittis.
     
     
     
     
     
    KAPITEL 7
     
     
    Die
Situation in Dunlothian war kompliziert. Fast jede Situation neigte zur
Komplikation, wenn sie mit König Pellinore in

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