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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Berührung kam, und sei es im
wildesten Norden. Zuvörderst: er war verliebt – deshalb hatte er auf dem Schiff
geweint. Das erklärte er Königin Morgause bei der ersten Gelegenheit – weil er liebeskrank gewesen sei, nicht
seekrank.
    Geschehen war dies: der König hatte sich ein paar Monate
zuvor auf der Jagd nach dem Aventiuren-Tier befunden, und zwar an der Südküste
von Gramarye, wo das Tier sich aufs Meer begeben hatte. Es war davongeschwommen;
sein schlangengleicher Kopf hatte sich wellenförmig auf der Oberfläche bewegt,
wie eine Ringelnatter, und der König hatte ein vorüberfahrendes Schiff
angerufen, das aussah, als befände es sich auf dem Kreuzzug. Sir Grummore und
Sir Palomides waren auf dem Schiff; sie erklärten sich freundlicherweise
bereit, ihren Kurs zu ändern und das Biest zu verfolgen. Die drei landeten an
der Küste von Flandern, wo das Biest in einem Wald verschwand, und als sie in
einem gastfreundlichen Schloß Aufnahme fanden, verliebte Pellinore sich in die
Tochter der Königin von Flandern. So weit, so gut. Die Dame seiner Wahl war
sparsam, mittleren Alters und beherzt; sie konnte kochen, Betten machen und
alles in der richtigen Ordnung halten. Doch die Hoffnungen aller Beteiligten
wurden alsbald im Keim erstickt durch die Ankunft der Zauber-Barke. Die drei
Ritter bestiegen das Boot, setzten sich nieder und waren für alles bereit:
Ritter durften keinem Abenteuer aus dem Wege gehn. Die Barke aber stach aus
eigener Kraft in See, und die Tochter der Königin von Flandern winkte ihr verzweifelt
mit dem Taschentuch nach. Das Queste-Biest streckte seinen Kopf aus dem Wald,
noch ehe das Festland ihren Blicken entschwand, und das Tier schien, soweit sie
das aus der Ferne beurteilen konnten, noch mehr überrascht zu sein als die
Dame. Danach segelten sie, bis sie zu den Außen-Inseln gelangten, und je weiter
die Fahrt ging, desto liebeskranker wurde der König, was seine Gegenwart unerträglich machte.
Er schrieb endlos Gedichte und Briefe, die nicht befördert werden konnten, oder
erzählte seinen Gefährten von der Prinzessin, die im Familienkreise mit dem
Spitznamen Piggy angesprochen wurde.
    Eine solche Affäre wäre in England möglich gewesen, wo
Typen wie Pellinore bisweilen auftauchten und bei ihren Mitmenschen ein
gewisses Wohlwollen genossen. In Lothian und Orkney hingegen, wo alle Engländer
als Tyrannen galten, war sie eine geradezu übernatürliche Unmöglichkeit. Keiner
der Inselbewohner konnte sich vorstellen, um was König Pellinore sie betrügen
wollte – indem er vorgab, er selbst zu sein – , und man hielt es für klüger und
sicherer, keinen der gelandeten Ritter über den Krieg gegen Arthur ins Bild zu
setzen. Am besten wartete man ab, bis man ihnen hinter die Schliche käme.
    Etwas anderes noch versetzte besonders die Kinder in größte
Sorge: Königin Morgause versuchte, die Besucher für sich einzunehmen.
    »Was hat denn unsere Mutter vor«, fragte Gawaine, als sie
sich eines Morgens auf dem Weg zu St. Toirdealbhachs Klause befanden, »mit den
Rittern auf dem Berg?«
    Gaheris antwortete nach langer Pause mit einiger
Schwierigkeit: »Sie jagen ein Einhorn.«
    »Wie macht man das?«
    »Man muß es mit einer Jungfrau anlocken.«
    »Unsere Mutter«, sagte Agravaine, dem die Einzelheiten
ebenfalls bekannt waren, »ist auf die Einhornjagd gegangen, und sie ist dabei
die Jungfrau gewesen.«
    Seine Stimme klang sonderbar, als er dies verkündete.
    Gareth protestierte: »Ich hab’ gar nicht gewußt, daß sie
ein Einhorn haben wollte. Davon hat sie nie was gesagt.«
    Agravaine sah ihn von der Seite an, räusperte sich und
zitierte: »Dem Klugen genügt ein halbes Wort.«
    »Woher wißt ihr das alles?« fragte Gawaine.
    »Wir haben gehorcht.«
    Sie hatten eine bestimmte Methode, an der Wendeltreppe zu
lauschen, wenn sie aus dem Bereich der mütterlichen Interessen ausgeschlossen
waren.
    Gaheris, der ein schweigsamer Junge war, erklärte mit
ungewöhnlicher Freimütigkeit: »Sie hat Sir Grummore gesagt, man könne die
Melancholie dieses liebeskranken Königs dadurch vertreiben, daß man ihn wieder
für seine alte Beschäftigung interessierte. Sie haben gesagt, dieser König sei
hinter einem Biest her gewesen, das abhanden gekommen ist. Da haben sie gesagt, sie würden statt dessen ein Einhorn jagen;
und sie wollte die Jungfrau für sie sein. Ich glaub’, das hat sie überrascht.«
    Stumm gingen sie weiter, bis Gawaine andeutete, so, als sei
es eine Frage: »Ich hab’ sagen

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