Der König auf Camelot
mir recht überlege, scheint’s hierorts fast
immer zu regnen.«
Er schob seine braune Hand aus dem Schlangenmaul und spürte
die Tropfen auf dem Handrücken. Wie Hagelkörner trommelten sie aufs Segeltuch.
»Liebes gutes Vorderteil«, sagte Sir Grummore angeheitert,
denn er hatte dem Whisky reichlich zugesprochen, »diese Expedition war doch
Eure Idee. Nur Mut, Freund Mohr. Für Pellinore ist’s viel schlimmer – der muß
auf uns warten. Und dann hat er auch kein Segeltuchfell mit Flecken drauf,
unter dem er Zuflucht suchen könnte.«
»Vielleicht hört’s auf.«
»Natürlich hört’s auf. Es hört immer auf, alter Heide. Also
dann – sind wir bereit?«
»Ja.«
»Gut. Gebt den Tritt an.«
»Links! Rechts!«
»Vergeßt das Tantivvy nicht!«
»Links! Rechts! Tantivvy! Tantivvy! – Wie, bitte?«
»Ich hab’ nur gebellt.«
»Tantivvy! Tantivvy!«
»Jetzt kommt das Aufbäumen!«
»Au weh, Sir Grummore, au!«
»Vergebung, Palomides.«
»Ich werde mich kaum hinsetzen können.«
Stocksteif
stand König Pellinore unter den triefenden Klippen und blickte ins Ungewisse.
Sein Hund an der langen Leine hatte sich etliche Male um ihn herumgewunden.
Pellinore war in voller Rüstung, die rostig wurde, und an fünf Stellen regnete
es herein. Der Regen drang an beiden Schienbeinen und beiden Unterarmen ein;
die schlimmste Stelle jedoch war das Visier. Es war nach dem Schnauzen-Prinzip
konstruiert, da man herausgefunden hatte, daß ein gräßlicher Helm den Feind in
Angst und Schrecken versetzt. König Pellinores geschlossenes Visier wirkte wie
die Visage eines neugierigen Schweines, nur ließ es den Regen zu den
Nasenlöchern herein, und das Wasser tröpfelte ihm stetig auf die Brust, was
ziemlich kitzelte. Der König dachte nach.
Nun ja, dachte er, das Wetter da würde sie wohl beruhigen.
Es war zwar gar nicht schön in diesem Regen mit allem Drum und Dran, aber die
beiden Guten schienen es sich in den Kopf gesetzt zu haben. Einen
freundlicheren Menschen als den alten Grum würde man schwerlich finden, und
Palomides schien ganz umgänglich zu sein, obgleich er ein Heide war. Wenn sie
schon einmal auf einem solchen Streich bestanden, dann war es nur recht und billig,
ihnen den Gefallen zu tun. Außerdem war es gut, daß der Hund mal an die Luft
kam. Es war zwar bedauerlich, daß er sich ständig verwickeln mußte, aber gegen
die Natur war eben schwer anzukommen. Morgen würde er den ganzen Tag seine
Rüstung putzen müssen.
Jedenfalls hatte er dann etwas zu tun, meditierte der König
melancholisch, und das war besser, als die ganze Zeit umherzuwandern, da doch
nur der ewige Kummer an seinem Herzen nagte. Und er dachte an Piggy.
Das Nette an der Tochter der Königin von Flandern war
gewesen, daß sie ihn nicht ausgelacht hatte. Eine Menge Menschen lachen einen
aus, wenn man auf der Hohen Suche nach dem Aventiuren-Tier ist und es niemals
fängt – aber Piggy lachte nicht. Sie schien sofort zu verstehen, wie
interessant das war, und machte mehrere vernünftige Vorschläge, wie man ihm
eine Falle stellen könne. Man gab natürlich nicht vor, besonders schlau und
gewitzt zu sein und dergleichen, aber es war nett, wenn man nicht ausgelacht
wurde. Man tat ja, was man konnte.
Und dann war der schreckliche Tag gekommen, da das
verwünschte Schiff am Ufer angelegt hatte. Sie waren eingestiegen, weil Ritter
nun einmal jedes Abenteuer aufgreifen müssen, und die Barke war sogleich
davongese-gelt. Sie hatten Piggy wehmütig zugewinkt, und das Biest hatte seinen
Kopf aus dem Wald gestreckt und war ihnen nachgestapft bis ans Meer,
offensichtlich völlig verwirrt. Aber das Schiff war weitergefahren, und immer
weiter, und die kleinen Gestalten am Ufer waren immer winziger geworden, bis
man kaum noch das Tüchlein sehen konnte, mit dem Piggy winkte, und dann hatte
der Hund sich übergeben.
Von jedem Hafen aus hatte er an sie geschrieben. Überall
hatte er seine Briefe den Kneipenwirten übergeben, und die hatten hoch und
heilig versprochen, sie zu befördern. Aber nie war eine Antwort von ihr
eingetroffen.
Weshalb nicht? Weil er nichts taugte, befand der König. Er
war halt versponnen und nicht gewitzt und geriet dauernd in Bedrängnis. Wieso
sollte die Tochter der Königin von Flandern einem solchen Menschen schreiben,
zumal nachdem er weggelaufen, in eine Zauber-Barke gestiegen und einfach
davongesegelt war? Er hatte sie im Stich gelassen, und sie hatte nun natürlich
guten Grund, ihm böse zu sein.
Unterdessen
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