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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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regnete es weiter, und das Wasser tröpfelte und
kitzelte, und jetzt nieste der Hund. Die Rüstung wurde rostig, und im Genick,
wo der Helm angeschraubt wurde, zog es irgendwie. Es war dunkel und entsetzlich.
Von den Klippen oben kam etwas Klebriges herabgetropft.
     
    »Entschuldigt, Sir Grummore, aber seid Ihr das, der mir da
ins Ohr schnaubt?«
    »Nein, nein, mein Freund. Weiter, weiter. Ich belle nur, so
gut es geht.«
    »Ich beziehe mich nicht auf das Bellen, Sir Grummore,
sondern auf eine Art Schnaufen.«
    »Mich dürft Ihr nicht fragen, lieber Freund. Ich hör’s hier
drin nur knarren, wie von einem Blasebalg.«
    »Mich dünkt, es hört auf zu regnen. Sollen wir nicht eine
Pause einlegen?«
    »Wenn’s nicht anders geht, Palomides: meinetwegen. Aber
wenn wir diese Geschichte nicht bald hinter uns bringen, kriege ich wieder mein
Zipperlein. Weshalb wollt Ihr denn pausieren?«
    »Ich wünschte, es wäre nicht so dunkel.«
    »Aber Ihr könnt doch nicht einfach stehenbleiben, bloß
weil’s dunkel ist.«
    »Nein. Das seh’ ich ein.«
    »Also weiter, alter Knabe. Links, rechts! So ist’s gut.«
    »Hört doch, Grummore«, sagte Sir Palomides nach einem
Weilchen. »Da ist es wieder.«
    »Was?«
    »Das Prusten, Sir Grummore.«
    »Seid Ihr sicher, daß das nicht ich bin?« erkundigte
sich Sir Grummore.
    »Völlig. Es ist ein drohendes oder verliebtes Schnauben wie
von einem Walroß. Ich wünschte nur, es wäre nicht so dunkel.«
    »Na ja, man kann nicht alles haben. Marschiert weiter,
Palomides. Seht Ihr: es geht.«
    Nach einer kleinen Weile sagte Sir Grummore mit
Grabesstimme: »Lieber guter Freund, könnt Ihr nicht aufhören, mich dauernd zu
stoßen?«
    »Aber ich stoße doch gar nicht, Sir Grummore.«
    »Was ist das dann?«
    »Ich spüre keine Stöße.«
    »Mich stößt was von hinten.«
    »Vielleicht Euer Schwanz?«
    »Nein. Den hab’ ich um mich herumgewickelt.«
    »Ich könnte Euch unmöglich stoßen, da die Vorderläufe vorne
sind.«
    »Da ist es wieder!«
    »Was?«
    »Das Stoßen! Es war eindeutig ein Angriff. Palomides, wir
werden attackiert!«
    »Nein, nein, Sir Grummore. Ihr seht Gespenster.«
    »Palomides, wir müssen uns umdrehen!«
    »Weshalb?«
    »Um nachzusehen, was mich hinten stößt.«
    »Ich kann nichts sehen, Sir Grummore. Es ist zu dunkel.«
    »Streckt Eure Hand zum Maul hinaus und seht zu, was Ihr
fühlen könnt.«
    »Ich fühle etwas Rundliches.«
    »Das bin ich, Sir Palomides. Das bin ich, von hinten.«
    »Bitte aufrichtig um Vergebung, Sir Grummore.«
    »Schon gut, mein Lieber, schon gut. Was fühlt Ihr noch?«
    Des freundlichen Sarazenen Stimme geriet ins Stottern.
»Etwas – etwas Kaltes«, sagte er, »und – und Glitschiges.«
    »Bewegt es sich, Palomides?«
    »Es bewegt sich, und – und es schnuppert!«
    »Schnuppert?«
    »Schnuppert!«
    In diesem Augenblick trat der Mond hervor.
    »Barmherziger Himmel!« rief Sir Palomides mit schriller
Stimme, als er aus seinem Maul hinausschaute. »Lauft, Grummore, lauft! Links,
rechts! Schnellschritt! Laufschritt! Schneller, schneller! Haltet Schritt! Au
weh, meine armen Hacken! Ach, mein Gott! Oh, mein Hut!«
    Es war sinnlos, befand der König. Wahrscheinlich hatten sie
sich verirrt. Oder sie waren irgendwo hingegangen, um sich zu verlustieren. Es
war eklig naß, wie’s in Lothian fast immer war, und er hatte doch wirklich
alles getan, was man von ihm erwarten konnte. Jetzt waren sie also irgendwo
anders und hatten ihn – beinahe möchte man meinen: rücksichtsloserweise – mit
seinem Köter hier stehenlassen, wo er rostig wurde. Das war übel.
    Entschlossen trat er den Heimweg an und zerrte den Hund
hinter sich her.
     
    Auf halber Höhe einer Spalte im steilsten Felshang hatte
das Double-Biest, dem die meisten Knöpfe abgerissen waren, eine
Auseinandersetzung mit seinem Magen.
    »Aber mein lieber Ritter, wie hätte ich eine Kalamität
solcher Art und Weise vorhersehen können?«
    »Ihr habt’s Euch
ausgedacht«, entgegnete der Bauch wütend. »Ihr habt gesagt, wir sollten uns
verkleiden. Es ist Eure Schuld.«
    Am Fuß des Felshangs stand das Aventiuren-Tier
höchstpersönlich im romantischen Mondschein und harrte in verliebter Haltung
seiner besseren Hälfte. Den Hintergrund bildete das silberne Meer. An
verschiedenen Stellen der Landschaft lagen etliche Dutzend gebückter und
verrenkter ›Alter‹ auf der Lauer und beobachteten aus ihren Verstecken heraus
gespannt die Lage; sie hockten in Felshöhlen, auf Sandhaufen und

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