Der König auf Camelot
ihn
deutlich hinten hängen.«
»Natürlich hab’ ich einen Schwanz. Könnt Ihr nicht aufhören
zu reden und statt dessen was tun? Wir stecken schon die ganze Nacht in dieser
Spalte und fallen vor Müdigkeit um. Macht schon, Pellinore, und tötet Euer
Biest auf der Stelle.«
»Ich muß schon sagen. Weshalb, bitte, sollte ich’s denn
töten wollen?«
»Allmächtiger, grundgütiger Gott! Versucht Ihr nicht seit
achtzehn Jahren, es zur Strecke zu bringen? Nun kommt schon, Pellinore. Seid
ein guter Kerl und tut was. Wenn Ihr nicht ganz bald etwas tut, stürzen wir uns
zu Tode.«
»Etwas verstehe ich nicht«, sagte der König kläglich. »Wie
kommt Ihr überhaupt auf dieses Kliff? Und warum seid Ihr so sonderbar
kostümiert? Ihr seht aus, wie wenn Ihr Euch als das Biest verkleidet hättet.
Und wo kommt das Biest überhaupt her, was? Ich finde, das Ganze ist ein bißchen
plötzlich.«
»Pellinore, ein für allemal: tötet Ihr endlich die Bestie?«
»Warum?«
»Weil sie uns hier den Felshang heraufgejagt hat.«
»Das sieht dem Biest gar nicht ähnlich«, bemerkte der
König. »Normalerweise reagiert es den Menschen gegenüber nicht so.«
»Palomides behauptet«, sagte Sir Grummore, »das Biest hätt’
sich in uns verliebt.«
»Verliebt?«
»Na ja. Wir waren als Biest verkleidet, versteht Ihr?«
»Gleich und gleich gesellt sich gern«, erklärte Sir
Palomides matt.
Erstmals, seit der Landung in Lothian, kam dem König ein
Lachen.
»Juchhu!« sagte er. »Nein aber auch! Hat man so etwas je
gehört?! Wieso kommt Palomides auf den Gedanken, sie habe sich in ihn
verguckt?«
»Das Biest«, sagte Sir Grummore würdevoll, »ist die ganze
Nacht immerzu ums Kliff herumspaziert. Es – das heißt: sie – reibt sich an den
Felsen und schnurrt. Und manchmal verdreht sie den Hals und blickt auf eine
bestimmte Art und Weise zu uns herauf.«
»Was für eine Art und Weise, Grummore?«
»Mein lieber Freund, seht sie Euch doch an.«
Das Aventiuren-Tier, das der Ankunft seines Herrn und
Meisters nicht die mindeste Aufmerksamkeit geschenkt hatte, blickte seelenvoll
und hingegeben zu Sir Palomides auf. Ihr Kinn hatte sie, wie in
leidenschaftlicher Anbetung, auf den Fuß des Felsens gepreßt, und gelegentlich
ließ sie ihren Schwanz wedeln. Sie bewegte ihn seitwärts über die Kiesel, wo
das heraldisch reichverzierte Schuppengeflecht ein raschelndes Geräusch
machte, und hin und wieder kratzte sie mit einem sehnsüchtigen Wimmern an der
Steilwand. Hatte sie dann das Gefühl, zu aufdringlich geworden zu sein, bog sie
ihren anmutigen Schlangenhals zurück und verbarg ihren Kopf unter dem Bauch,
blinzelte jedoch mit einem Auge noch immer nach oben.
»Tja, Grummore, was soll ich da tun?«
»Wir wollen runter«, sagte Grummore.
»Das leuchtet mir ein«, sagte der König. »Eine vernünftige
Idee. Bitte: ich verstehe nicht ganz, wie die Geschichte angefangen hat, was?
Aber das leuchtet mir ein, unbedingt.«
»Dann tötet’s, Pellinore. Bringt das elende Vieh um.«
»Na, nun aber«, sagte der König. »Das dürfte reichlich rüde
sein. Was hat es denn getan? Die Liebe ist eine Himmelsmacht. Und ich seh’
nicht ein, warum man das arme Tierchen töten sollte, bloß weil es zärtliche Gefühle
entwickelt. Schließlich bin ich selber verliebt, was? Und das läßt ein gewisses
mitfühlendes Empfinden aufkommen, muß ich sagen.«
»König Pellinore«, sagte Sir Palomides mit Entschiedenheit.
»Wenn nicht sehr bald Schritte unternommen werden, dürfte Euren Treuergebenen
augenblicklich der Märtyrertod beschieden sein. R.I.P.«
»Aber mein lieber Palomides, ich kann das arme Tier ja gar
nicht töten, versteht Ihr, weil mein Schwert völlig stumpf ist.«
»Dann betäubt es, Pellinore. Versetzt ihm einen
ordentlichen Hieb auf den Kopf, Mann. Vielleicht kriegt’s eine
Gehirnerschütterung.«
»Das sagt Ihr so daher, Grummore, alter Knabe. Was aber,
wenn der Schlag sie nicht betäubt? Es könnte sie möglicherweise ungnädig
stimmen, Grummore, und wo bleibe ich dann? Eigentlich sehe ich überhaupt nicht
ein, weshalb Ihr dem Tier was antun wollt. Schließlich ist es doch in Euch verliebt,
oder? Was?«
»Ist doch nebensächlich, weshalb das Vieh sich so aufführt.
Jedenfalls hängen wir hier überm Abgrund – darauf kommt’s an.«
»Dann braucht Ihr doch nur herunterzukommen.«
»Guter Mann, wie können wir runterkommen, wenn man uns da
attackiert?«
»Es dürfte sich nur um eine liebevolle Annäherung handeln«,
gab der
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