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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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lächerlich
machen. Ihre Mutter ist Athene, die Göttin der Weisheit, und wenn sie auch
gerne mal den Possenreißer spielen, um dich zu unterhalten, so ist ein derartiges
Benehmen das Vorrecht der wahrhaft Weisen. Eine Eule kann man unmöglich Archie
nennen.«
    »Tut mir leid, Eule«, sagte Wart.
    »Mir auch, Junge«, sagte die Eule. »Ich sehe, daß
du das aus Unwissenheit gesagt hast, und ich bedaure zutiefst, daß ich so
kleinlich war, mich gekränkt zu fühlen, wo du das gar nicht beabsichtigt
hattest.«
    Die Eule bedauerte es in der Tat und blickte so
reuevoll drein, daß Merlin ein fröhliches Gesicht machen und dem Gespräch eine
andere Wendung geben mußte.
    »So«, sagte er, »da wir das Frühstück beendet
haben, ist’s wohl hoch an der Zeit, daß wir drei uns auf den Weg zu Sir Ector
machen. – Entschuldige einen Augenblick«, fügte er hinzu, da ihm etwas
eingefallen war. Er drehte sich zu den Frühstücks-Dingen um, wies mit einem knotigen
Finger auf sie und sagte mit gestrenger Stimme: »Abwaschen.«
    Daraufhin ging’s holterdiepolter: sämtliches
Geschirr und alle Bestecke verschwanden vom Tisch, das Tischtuch beförderte
die Krümel zum Fenster hinaus, und die Servietten legten sich selber zusammen.
Alles rannte die Leiter hinab, dorthin, wo Merlin den Eimer hatte stehenlassen,
und da gab’s ein Getöse und Gebalge wie bei Kindern, die gerade der Schule
entronnen sind. Merlin ging zur Tür und rief: »Gebt mir nur acht, daß niemand
entzweigeht!« Aber seine Stimme verlor sich in schrillen Schreien, in
Geplatsche und lautem Gerufe: »Au wei, ist das kalt«, »Ich bleib’ nicht lang
drin«, »Paß auf, daß du mich nicht kaputtmachst«, oder »Komm, wir tauchen die
Teekanne mal unter«.
    »Wollt Ihr mich wirklich bis nach Hause bringen?«
fragte Wart, der die frohe Botschaft kaum glauben konnte.
    »Warum nicht? Wie kann ich sonst dein Hauslehrer
werden?«
    Warts Augen wurden runder und runder, bis sie ungefähr
so groß waren wie die der Eule, die auf seiner Schulter saß, und sein Gesicht
wurde röter und röter, und dann mußte er seinem Herzen Luft machen.
    »Jau!« rief Wart, und seine Augen leuchteten vor
Erregung ob dieser Entdeckung. »Da muß ich ja auf einer Aventiure gewesen
sein!«
     
     
     
     
    KAPITEL 4
     
     
    Wart fing an zu erzählen,
als er kaum halbwegs über der Zugbrücke war. »Seht mal, wen ich mitgebracht
habe«, sagte er. »Seht her! Ich war auf einer Aventiure! Mit drei Pfeilen haben
sie auf mich geschossen. Die hatten schwarze und gelbe Streifen. Die Eule
heißt Archimedes. Ich hab’ König Pellinore gesehn. Das hier ist mein
Hauslehrer, Merlin. Ich bin auf der Hohen Suche nach ihm gewesen. Er war hinter
dem Aventiuren-Tier her. Ich meine: König Pellinore. Im Wald war’s entsetzlich.
Bei Merlin haben sich die Teller selber abgewaschen. Hallo, Hob. Sieh mal:
Cully haben wir auch.«
    Hob sah Wart nur kurz an, aber so stolz, daß Wart
ganz rot wurde. Es war eine solche Wonne, wieder daheim und bei allen Freunden
zu sein und alles erreicht zu haben.
    Hob sagte schroff: »Na, Herr, wir wer’n noch’n austringer aus Euch mach’n.«
    Er ging auf Cully zu, als könne er ihn nicht eine
Sekunde länger entbehren, doch klopfte er dabei Wart auf die Schulter und
hätschelte sie beide, weil er nicht genau wußte, über wessen Rückkehr er mehr
erfreut war. Er nahm Cully auf die Faust, nahm ihn glückselig wieder an sich,
wie ein Einbeiniger sich das verloren geglaubte Holzbein wieder anschnallt.
    »Merlin hat ihn eingefangen«, sagte Wart. »Auf dem
Weg hierher hat er Archimedes auf die Suche geschickt. Archimedes hat uns dann
erzählt, er hätt’ eine Taube geschlagen und nahm’ sie auf. Da sind wir
losgegangen und haben ihn verscheucht. Hernach hat Merlin sechs Schwanzfedern
im Kreis um die Taube gesteckt und um die Federn herum eine lange Schlinge
gelegt. Das eine Ende hat er an einen Stock gebunden, den er in die Erde
gerammt hat, und mit dem anderen Ende haben wir uns hinter einem Gebüsch versteckt.
Magie wollt’ er nicht anwenden, hat er gesagt. Er hat gesagt, in den Großen
Künsten könne er keine Magie anwenden; denn es wäre ja auch unfair, eine Statue
durch Zauberei zu machen. Man muß sie mit einem Meißel aus dem Stein schlagen,
verstehst du. Dann kam Cully herabgestoßen, um die Taube zu verputzen, und wir
haben an der Leine gezogen, und die Schlinge schlüpfte über die Federn und erwischte
ihn an den Beinen. War der vielleicht böse! Aber wir haben ihm

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