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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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näherte, versank es. Es sank in den Brunnenschacht
hinab, immer tiefer, so daß er es nicht erreichen konnte. Er fühlte sich
verlassen und einsam, weil das Wasser des Brunnens sich ihm entzog.
    Arthur
und der Brunnen und die Hanteln, die ihn Arthurs würdig machen sollten, und die
Armschmerzen, die vom Stemmen herrührten – all dies spielte in die Gedanken des
Jungen hinein, während er den blechernen Kopfschutz in seinen Händen bewegte.
Mehr als all dies aber setzte ihm etwas anderes zu: das Gesicht im Metall und
die Vermutung, daß irgend etwas tief im Innern verquer gegangen sein mußte,
wenn ein solches Gesicht herauskam. Er war kein Mensch, der sich selbst etwas
vormachte. Er wußte genau, daß er den Helm wenden und drehen mochte, wie er
wollte: es würde stets aufs gleiche hinauslaufen. Er hatte bereits beschlossen,
daß er sich, wäre er erst ein ausgewachsener Ritter, einen melancholischen
Namen zulegen würde. Er war der älteste Sohn, würde also auf jeden Fall zum
Ritter geschlagen werden, doch wollte er sich nicht Sir Lanzelot nennen. Er
würde sich den Chevalier Mal Fet nennen, den mißratenen Ritter.
    Soweit
er es zu erkennen vermochte – und er hatte das Gefühl, daß es dafür irgendwo
irgendeinen Grund geben müsse – , war das Gesicht des Knaben so häßlich wie die
Fratze eines der Ungeheuer in der königlichen Menagerie. Er sah aus wie ein
afrikanischer Affe.
     
     
     
     
     
    KAPITEL 2
     
     
    Lanzelot wurde
schließlich zum besten und berühmtesten Ritter in König Arthurs Diensten. Er
war eine Art superman, der seine gewöhnlichen Mitstreiter turmhoch
überragte. Tristan und Lamorak kamen erst an zweiter und dritter Stelle.
    Doch
man sollte bedenken, daß kein Meister vom Himmel fällt. Das Tjostieren war
damals eine Kunst, wie es heute etwa das Kricketspiel ist. Es ähnelte dem
Kricket sogar in mehrfacher Hinsicht. Bei einem Turnier gab es ein
Schiedsrichterzelt mit einem Unparteiischen darin, der auf seinem Pergament die
erzielten Punkte notierte, genau so, wie das ein Unparteiischer auch heutigen
Tages tut. Die Leute, die in ihren besten Roben zwischen Tribüne und
Erfrischungsbude hin und her wandelten, haben die Kämpfe wohl nicht anders
beobachtet als wir unsere modernen Rasenspiele. Alles dauerte entsetzlich lange
– Sir Lanzelots Gänge nahmen nicht selten den ganzen Tag in Anspruch, wenn er
gegen einen guten Ritter kämpfte – , und alle Bewegungen gingen, des Gewichts
der Rüstungen wegen, gleichsam im Zeitlupentempo vor sich. Wenn der
Schwertkampf begann, standen die Kombattanten einander auf dem grünen Rasen
gegenüber wie beim Kricket batsman und bowler – mit dem
Unterschied, daß die Entfernung nicht so groß war – , und vielleicht fing Sir
Gawaine mit einem in-swinger an, den Sir Lanzelot mit einem prachtvollen leg-glide parierte; dann konterte Lanzelot mit einem yorker unter
Gawaines guard (dies wurde ›foining‹ genannt), und alle Zuschauer
auf dem Rasen klatschten. Vielleicht wandte König Arthur sich im Pavillon an
Ginevra und meinte, die Fußarbeit des Champion sei ausgezeichnet wie eh und je.
Die Ritter hatten hinten an ihren Helmen kleine Vorhänge, um das Metall vor der
Sonnenhitze zu schirmen, wie heute Kricketspieler bisweilen Taschentücher am
hinteren Mützenrand anbringen, um das Genick zu schützen.
    Der
ritterliche Kampf war also eine Kunst, wie’s das Kricket heute ist, und
Lanzelot unterschied sich von einem Sportplatzstar vielleicht nur dadurch, daß
er mehr Anmut zeigte. Er brauchte sich nicht wie Bradman über den Schläger zu
beugen und dem Ball nachzuhüpfen. Er war mehr wie Woolley. Aber man wird nicht
wie Woolley, indem man bloß dasitzt und die Daumen dreht.
    Die
Rüstkammer, in welcher der Knabe stand, aus dem später Sir Lanzelot werden
sollte, war der größte Raum im Schloß zu Benwick. In diesem Raum mußte der
Knabe während der kommenden drei Jahre die meiste Zeit zubringen.
    Die
Räume der Hauptburg – die er vom Fenster aus sehen konnte – waren zumeist
klein, da man sich keinen Luxus leisten konnte, wenn es darum ging, eine
Festung zu bauen. Rings um das innere Fort mit seinen kleinen Gemächern
befanden sich ausgedehnte überdachte Pferche, in die man, wenn eine Belagerung
drohte, das Weidevieh trieb. Diese Pferche aber wurden umschlossen von einer
hohen Mauer mit Türmen, und an der Innenseite dieser Mauer waren die großen
Räume, die als Vorratslager, Scheunen, Unterkünfte und Ställe genutzt wurden.
Einer dieser

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