Der König auf Camelot
war mit allerlei kriegerischem Gerät
ausstaffiert. Die letzten zwei Stunden hatte er ein Paar Hanteln geschwungen,
die er ›Gewichte‹ nannte, und dabei etwas vor sich hin gesungen, das weder
Worte noch eine rechte Melodie hatte. Er war fünfzehn. Er war gerade aus
England zurückgekehrt, wo sein Vater, König Ban von Benwick, dem englischen
König beim Niederschlagen einer Rebellion geholfen hatte. Arthur wollte, wie
erinnerlich, die Ritter seiner Tafelrunde schon in jungen Jahren heranziehen
und war beim Fest auf Lanzelot aufmerksam geworden, da dieser die meisten
Spiele gewann.
Lanzelot
schwang seine Hanteln, summte seinen Singsang und dachte dabei unentwegt an
König Arthur. Er war regelrecht verliebt in ihn. Deshalb auch hantierte er mit
den Gewichten. Er erinnerte sich genau der wenigen Worte, die er mit seinem
Helden gewechselt hatte.
Als
sie sich nach Frankreich einschifften, hatte der König ihn zu sich gerufen –
nachdem er König Ban zum Abschied geküßt hatte – , und allein waren sie in
einen Winkel des Schiffes gegangen. Den Hintergrund ihrer Unterhaltung bildeten
die wappengeschmückten Segel von Bans Flotte und die Matrosen in der Takelage
und die armierten Türme und die Bogenschützen und die schneeflockenweiß
umherwirbelnden Möwen.
»Lanz«,
hatte der König gesagt, »komm einmal her, ja?«
»Sir.«
»Ich
habe dich auf dem Fest bei den Spielen beobachtet.«
»Sir.«
»Du
hast wohl die meisten gewonnen.«
Lanzelot
blickte schräg zu Boden.
»Ich
möchte viele junge Menschen, die sich bei Wettkämpfen hervortun, um mich
scharen, damit sie mir bei der Verwirklichung einer bestimmten Idee helfen. Das
soll geschehen, sobald ich wirklich der König bin und das Land geordnet habe.
Würdest du mir helfen, wenn du alt genug bist?«
Der
Junge hatte sich ein wenig gewunden und dann den Mann, der zu ihm sprach,
plötzlich mit aufblitzenden Augen angesehen.
»Es
geht um Ritter«, fuhr Arthur fort. »Ich will einen Ritterorden gründen, ähnlich
dem Hosenbandorden, der die Gewalt bekämpft. Möchtest du dazugehören?«
»Ja.«
Der
König sah ihn forschend an, ohne feststellen zu können, ob er freudig,
ängstlich oder nur aus Höflichkeit zugestimmt hatte.
»Begreifst
du, worum es geht?«
Lanzelot
nahm ihm den Wind aus den Segeln. Er erklärte: »In Frankreich nennen wir’s Fort
Mayne. Der Mann mit dem stärksten Arm wird zum Oberhaupt der Sippe und kann
tun und lassen, was er will. Deshalb nennen wir’s Fort Mayne. Ihr wollt
dem ›starken Arm‹ ein Ende setzen, indem Ihr eine Schar von Rittern um Euch
versammelt, die nicht an Stärke um der Stärke willen glauben, sondern an
Gerechtigkeit. Ja, ich würde sehr gern dazugehören. Ich muß zunächst mal
großwerden. Habt Dank. Jetzt muß ich mich verabschieden.«
So
hatten sie dann England verlassen. Der Junge stand vorne am Schiffsbug und warf
keinen Blick zurück, da er seine Gefühle nicht zeigen wollte. Schon am Abend
des Hochzeitsfestes hatte er sich in Arthur verliebt, und im Herzen trug er mit
sich heim nach Frankreich das Bild dieses strahlenden nordischen Königs, der da
tafelte, umglänzt von Kriegsruhm.
Hinter
den schwarzen Augen, die so fahndend in den spiegelnden Eisenhut starrten,
drängte sich ein Traum, den er in der letzten Nacht gehabt hatte. Vor
siebenhundert Jahren – nach Malorys Datierung mögen es auch fünfzehnhundert
gewesen sein – nahmen die Menschen ihre Träume so ernst, wie das heute die
Psychiater tun, und Lanzelots Traum war recht verwirrend gewesen. Nicht durch
seine Bedeutung wirkte er verwirrend – der Junge hatte nicht die mindeste
Ahnung, was er bedeuten mochte – , sondern dadurch, daß er das Gefühl
hinterließ, als habe er etwas verloren. Was er geträumt hatte, war dies:
Lanzelot
und sein jüngerer Bruder, Ector Demaris, saßen auf zwei Stühlen. Sie erhoben
sich und befanden sich auf zwei Pferden. Lanzelot sagte: »Laß uns denn suchen,
was wir nicht finden werden.« Das taten sie. Doch ein Mensch oder eine Macht
jagte hinter ihm her, schlug ihn nieder und beraubte ihn und steckte ihn in
eine andere Kleidung, die voller Fransen war, und zwang ihn, nicht auf seinem
Pferd, sondern auf einem Esel zu reiten. Dann erschien ein wunderschöner
Brunnen mit dem klarsten Wasser, das er je gesehen hatte, und er stieg von
seinem Esel, um daraus zu trinken. Es kam ihm vor, als könne es auf der Welt
nichts Schöneres geben, als aus diesem Brunnen zu trinken. Sobald er jedoch
seine Lippen dem Wasser
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