Der König auf Camelot
ins Gesicht bekam, beim
handgreiflichen Disput um Schilde à bouche, um Sinn oder Unsinn einer guige am Schild. Bisweilen wurde Onkel Dap derart aufgebracht, daß er um sich
schlagen mußte. Aber auch das ertrug Lanzelot. Dazumal tat man so etwas.
Ein
Grund dafür, Onkel Daps Entgleisungen nicht übelzunehmen, war die Tatsache, daß
der Junge alles von ihm lernen konnte, was er wollte. Onkel Dap war nicht nur
eine unüberbietbare Autorität im weiten Bereich seiner Spezialinteressen,
sondern auch einer der besten Schwertkämpfer Frankreichs. Und dies war der
eigentliche Grund, warum sich der Junge ihm so eng angeschlossen hatte. Es kam
ihm darauf an, unter dem brutalen Regiment dieses Genies alle Fertigkeiten und
Finten der Fechtkunst zu erlernen – auch wenn er manchmal, bei einem Ausfall,
das schwere Schwert so lange mit ausgestrecktem Arm halten mußte, bis er
meinte, er breche zusammen, worauf Onkel Dap nur die Schwertspitze faßte und
daran zog, um die Spannprobe grausam zu verlängern.
So
weit er zurückdenken konnte, hatte es diesen erregten Mann mit den stahlblau
blitzenden Augen gegeben, der auf und nieder sprang und mit den Fingern
schnippte und so laut schrie, als hinge das Leben davon ab: »Doublez!
Dédoubles! Dégagez! Un! Deux!«
An
einem schönen Spätsommertag saß Lanzelot bei seinem Onkel in der Rüstkammer. Im
großen Raum tanzte der Staub in den Sonnenstrahlen, der Staub, den sie kurz
zuvor aufgewirbelt hatten. An den Wänden waren die polierten Rüstungen und die
Gestelle mit den Speeren und die Pflöcke mit den Ritterhelmen und Eisenhüten.
Daneben die misericordes (Dolche, mit denen ein Ritter seinem Gegner den
Gnadenstoß gab) und Harnische und Geschirre und die verschiedenen Banner und
Wimpel, geschmückt mit den Wappen-Streitrossen der Ban.
Die
beiden Fechter hatten sich hingesetzt, um von einem anstrengenden Kampf
auszuruhen, und Onkel Dap war erschöpft. Lanzelot war jetzt achtzehn Jahre alt.
Er war ein besserer Fechter als sein Lehrmeister. Onkel Dap mochte dies
natürlich nicht zugeben, und sein Schüler tat taktvoll, als sei dem nicht so.
Ein
Page kam herein, während sie keuchend dasaßen, und meldete, daß seine Mutter
ihn zu sprechen wünsche.
»Worum
geht’s?«
Der
Page sagte, ein Herr sei gekommen, der mit ihm reden wolle, und die Königin
habe gesagt, er solle sofort erscheinen.
Königin
Elaine saß im Söller, wo sie mit der Arbeit an einem Gobelin beschäftigt
gewesen war, und ihre beiden Gäste saßen rechts und links neben ihr. Es war
nicht die Elaine der Cornwall-Sisters. Dieser Name war damals weit verbreitet,
und mehrere Frauen in der Morte d’Arthur hießen so, was teils wohl auch
daher kommt, daß die Quellentexte durcheinander geraten sind. Die drei
Erwachsenen an dem langen Tisch wirkten in dem halbdunklen Raum wie
Untersuchungsrichter. Der eine Gast war ein älterer Herr mit weißem Bart und
spitzem Hut, der andere ein hübsches junges Mädchen mit dunklem Teint (die
Härchen der Augenbrauen hatte sie sich ausgezupft). Alle drei sahen sie
Lanzelot an, und der alte Herr ergriff das Wort.
»Hm!«
Sie
warteten.
»Ihr
nanntet ihn Galahad«, sagte der alte Herr. –
»Sein
erster Name war Galahad«, fügte er hinzu, »und jetzt heißt er Lanzelot, seit er
gefirmt ist.«
»Woher
wißt Ihr das nur?«
»Läßt
sich nicht ändern«, sagte Merlin. »Gewisse Dinge weiß man eben, und damit hat
sich’s. So, und nun laßt mich mal überlegen, was ich Euch sonst noch sagen
sollte.«
Die
junge Dame ohne Augenbrauen hielt sich die Hand vor den Mund und gähnte anmutig
wie eine Katze.
»In
dreißig Jahren wird sich sein Herzenswunsch erfüllen, und er wird der beste
Ritter der Welt.«
»Werde
ich’s noch erleben?« fragte Königin Elaine.
Merlin
kratzte sich den Kopf, klopfte mit den Knöcheln an seinen Schädel und
erwiderte:
»Ja.«
»Wirklich«,
sagte die Königin, »das ist ja alles wunderbar. Hast du gehört, Lanz? Du wirst
der beste Ritter der Welt!«
Der
Junge fragte: »Kommt Ihr von König Arthurs Hof?«
»Ja.«
»Ist
alles wohlauf?«
»Ja.
Er läßt dich grüßen.«
»Ist
der König glücklich?«
»Sehr
glücklich. Ginevra läßt dich ebenfalls grüßen.«
»Wer
ist Ginevra?«
»Da
soll doch einer – «, rief der Zauberer. »Hast du das denn nicht gewußt? Nein,
natürlich nicht. Ich hab’ mich da ein bißchen verwirren lassen.«
Hier
blickte er auf die hübsche Dame, als sei sie an der Verwirrung schuld – was sie
in der Tat war. Es war
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