Der König auf Camelot
haben – nur um feststellen zu
müssen, daß diese herausgeputzte Dame hergelaufen kam und im Handumdrehen ihm
dessen Liebe vor der Nase wegschnappte. Lanzelot war eifersüchtig auf Ginevra.
Und gleichzeitig schämte er sich dessen.
Onkel
Dap ritt stumm hinter dem bekümmerten Knaben einher. Er wußte, was der andere
noch nicht wissen konnte: daß er den vorzüglichsten Ritter Europas herangezogen
hatte. Wie eine aufgeregte Meise, die einen Kuckuck großgezogen hat, so trabte
Onkel Dap hinter seinem Schützling her. Er trug dessen Rüstung bei sich, aufs
beste verpackt und festgeschnallt, nach allen Regeln, die er selbst ertüftelt
hatte. Von nun an sollte er nämlich Lanzelots Schildknappe sein.
Im
Wald stießen sie auf eine Lichtung, die ein kleiner Fluß durcheilte. Eine Furt
fanden sie, wo das Wasser klingelnd über die reingewaschenen Steine spülte, nur
wenige Handbreit tief. Die Sonne schien auf die Lichtung hernieder. Ein paar
Ringeltauben gurrten verträumt, und jenseits des musikalischen Wasserlaufs
wartete ein riesiger Ritter in schwarzer Rüstung mit Tiltehelm. Er saß reglos
auf einem schwarzen Schlachtroß; sein Schild steckte noch im Überzug, und sein
Wappen war nicht zu erkennen. Still und stattlich verharrte er dort, in seiner
eisernen Rüstung, den großen blinden Helm über den Kopf gestülpt, so daß er
kein Gesicht hatte. Er sah zum Fürchten aus. Man wußte nicht, was er dachte
oder zu welcher Handlungsweise er sich entschließen würde. Er war eine
leibhaftige Drohung.
Lanzelot
hielt an; Onkel Dap desgleichen. Der schwarze Ritter trieb seinen Gaul sacht
ins seichte Wasser und zügelte ihn vor den beiden Reitern. Er hob seine Lanze
zur Begrüßung und wies dann mit ihr auf eine Stelle hinter Lanzelot. Entweder
wollte er damit andeuten, daß sie sich heimscheren sollten, oder aber er zeigte
auf eine passende Örtlichkeit, wo sie ihren Kampf austragen könnten. Wie dem
auch sei: Lanzelot grüßte mit seinem Stulphandschuh, machte kehrt und ritt zu
der angegebenen Stelle. Er nahm einen seiner Speere von Onkel Dap entgegen, zog
seinen Tiltehelm nach vorn – er hatte an einer Kette im Rücken gehangen – und
be festigte die stählerne Haube auf dem Kopf. Nun war auch er ein Mann ohne
Gesicht geworden.
Die
beiden Ritter standen einander auf der kleinen Waldblöße gegenüber. Dann legten
sie ihre Speere ein, obwohl noch keiner ein Wort gesagt hatte, gaben ihren
Gäulen die Sporen und griffen an. Onkel Dap zog sich sicherheitshalber hinter
einen Baum zurück und konnte sein Entzücken kaum bezähmen. Er wußte, was dem
schwarzen Ritter bevorstand, und fing an, mit den Fingern zu schnalzen.
Tut
man etwas zum ersten Mal, ist es oft recht aufregend. Wenn man zum ersten Mal
allein ein Flugzeug besteigt, nimmt es einem fast den Atem. Lanzelot hatte
bisher noch nie ernsthaft tjostiert. Er hatte zwar Hunderte von Quintain-Rennen
geritten und tausendmal beim Ringstechen mitgemacht, jedoch noch nie um sein
Leben gekämpft. Im ersten Augenblick des Angriffs sagte er sich: Nun denn, auf
geht’s; jetzt kann mir nichts mehr helfen. Beim zweiten Atemzug jedoch besann
er sich automatisch auf das Gelernte und ging so vor, wie es ihm an der
Stechpuppe und an den Ringen beigebracht worden war.
Die
Spitze seines Speers traf den schwarzen Ritter an genau der richtigen Stelle
unterhalb der Kante seines Schulterharnischs. Sein Gaul war in gestrecktem
Galopp, und der des schwarzen Ritters befand sich noch im Handgalopp. Der
schwarze Ritter und sein Pferd machten eine Wende, verließen gemeinsam in einer
hübschen Parabel den Boden und kamen krachend wieder herab. Lanzelot sah im
Vorüberreiten, wie sie sich auf der Erde wälzten; das Pferd zertrampelte die
Lanze des Ritters, und mit seinem blitzenden Hufeisen riß es den Überzug vom
Schild. Mann und Pferd verhedderten sich. Jeder hatte Angst vor dem anderen,
und jeder trat gegen den andern, um sich zu befreien. Dann erhob sich das Pferd
auf der Vorderhand und stemmte sich in die Höhe; der Ritter setzte sich auf und
hob einen Eisenhandschuh, als wolle er sich den Schädel reiben. Lanzelot
zügelte sein Pferd und ritt zu ihm zurück.
Für
gewöhnlich verlor der Ritter, der durch einen Lanzenstoß abgeworfen worden war,
die Seelenruhe, machte schimpfend sein Pferd für den Sturz verantwortlich und
bestand darauf, zu Fuß mit dem Schwert weiterzukämpfen. Die gebräuchliche
Ausrede lautete: »Diese Schindmähre hat mich im Stich gelassen – meines Vaters
Schwert
Weitere Kostenlose Bücher