Der König auf Camelot
indessen wird dies mitnichten tun.«
Der
schwarze Ritter jedoch unternahm nichts dergleichen. Er war offenbar ein
umgänglicherer und fröhlicherer Mensch, als man aus der Farbe seiner Rüstung
hätte schließen können, denn er setzte sich aufrecht hin, blies durch den
Schlitz in seinem Helm und ließ einen Laut vernehmen, der nach Verblüffung und
Bewunderung klang. Dann nahm er den Helm ab und wischte sich die Stirn. Sein
Schild, dessen Überzug der Pferdehuf abgerissen hatte, zeigte einen drohend
aufgerichteten roten Drachen auf goldenem Grund.
Lanzelot
warf seinen Speer in ein Gebüsch, stieg eilends vom Pferd und kniete neben dem
Ritter nieder. Sein Herz war jählings wieder voller Liebe. Es war typisch für
Arthur, daß er nie die gute Laune verlor, typisch auch, wie er da auf der Erde
hockte und Laute der Bewunderung von sich gab, nachdem er eben erst mit Glanz
und Gloria abgeworfen worden war.
»Sir«,
sagte Lanzelot und nahm mit demütiger Gebärde seinen Helm ab; er beugte sein
Haupt nach französischer Manier.
Der
König sprang in höchster Erregung auf die Beine.
»Lanzelot!«
rief er aus. »Jau, es ist der junge Lanzelot! Du bist der Sohn des Königs von
Benwick. Wir haben uns gesehn, als er zur Schlacht von Bedegraine herüberkam.
Was für ein Abwurf! So was hab’ ich noch nicht erlebt. Wo hast du das gelernt?
Einfach phantastisch! Kommst du an meinen Hof? Wie geht’s König Ban? Wie geht’s
deiner bezaubernden Mutter? Wirklich, mein Freund: das ist ja phantastisch!«
Lanzelot
blickte zu dem atemlosen König auf, der ihm beide Hände entgegenstreckte, um
ihn aufzurichten, und seine Eifersucht und sein Kummer waren verflogen.
Sie
bestiegen ihre Pferde und ritten zum Schloß, ohne an Onkel Dap zu denken. Sie
hatten sich so viel zu erzählen, daß sie beide die ganze Zeit sprachen.
Lanzelot richtete imaginäre Grüße von König Ban und Königin Elaine aus, und
Arthur berichtete, daß Gawaine eine Dame getötet habe. König Pellinore sei seit
seiner Heirat derart mutig und draufgängerisch geworden, daß er bei einem
Turnier aus Versehen König Lot von Orkney getötet habe, und mit der Tafelrunde
gehe es voran, wie erwartet, wenn auch sehr langsam, und jetzt, da Lanzelot
gekommen sei, werde sich alles im Handumdrehen einrenken.
Am
ersten Tag wurde er zum Ritter geschlagen – schon seit zwei Jahren hätte er
irgendwann zum Ritter geschlagen werden können, doch er hatte darauf bestanden,
daß es durch Arthur geschehen müsse – , und noch am Abend desselben Tages wurde
er Ginevra vorgestellt. Es geht die Sage, ihr Haar sei gelb gewesen, aber das
stimmt nicht. Es war so schwarz, daß es Aufsehen erregte, und in ihren blauen,
so tiefen wie klaren Augen lag eine Furchtlosigkeit, die nicht minder
bestürzte. Des Jünglings verzerrtes Gesicht überraschte sie, aber es ängstigte
sie nicht.
»Hier«,
sagte der König und legte ihre Hände ineinander. »Das ist Lanzelot, von dem ich
Euch erzählt habe. Er wird der beste Ritter sein, den ich habe. Er hat mich aus
dem Sattel gehoben, daß es nur so eine Pracht war. Ich möchte, daß Ihr nett zu
ihm seid, Gin. Sein Vater ist einer meiner ältesten Freunde.«
Kühl
küßte er der Königin die Hand.
Er
bemerkte nichts Besonderes an ihr, da seine Gedanken noch voll der früheren
Bilder waren, die er sich von ihr gemacht hatte. Für ein Bild dessen, was sie
wirklich war, gab es keinen Raum. Für ihn war sie allein der Mensch, der ihn
beraubt hatte, und da Räuber hinterlistig, ränkevoll und herzlos sind, mußte
sie all dies sein.
»Wie
geht es Euch?« fragte die Königin.
Arthur
sagte: »Wir werden ihm erst einmal erzählen müssen, was sich seit seiner
Abreise alles ereignet hat. Was für eine Menge gibt’s da zu erzählen! Womit
sollen wir beginnen?«
»Beginnt
mit der Tafel«, sagte Lanzelot.
»Oh
je!«
Die
Königin lachte und blickte den neuen Ritter belustigt an.
»Arthur
denkt die ganze Zeit daran«, sagte sie. »Nachts träumt er sogar davon. Da wird
er eine Woche lang erzählen müssen.«
»Es
macht sich«, sagte der König. »Man kann natürlich nicht erwarten, daß es stets
reibungslos verläuft. Die Idee ist da, und die anderen begreifen sie
allmählich, und das ist die Hauptsache. Es wird schon werden. Bestimmt.«
»Wie
steht’s mit der Orkney-Partei?«
»Die
werden sich fügen.«
»Ist
das Gawaine?« erkundigte sich Lanzelot. »Was ist mit der Orkney-Partei los?«
Der
König blickte bedrückt drein. Er sagte: »Der eigentliche
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