Der König auf Camelot
red’ ich – wovon
sonst? Ehre sei Gott, dem Allmächtigen!«
Lanzelot
packte den alten Herrn bei den Schultern und drückte ihn auf eine Truhe nieder.
»Hört
einmal zu, Onkel«, sagte er entschieden. »Ich wollte ohnehin mit Euch sprechen.
Ist’s nicht an der Zeit, daß Ihr nach Schloß Benwick zurückreist?«
»Benwick!«
schrie der Onkel, als habe man ihm einen Dolchstoß versetzt.
»Ja,
Benwick. Ihr könnt doch nicht ewig meinen Schildknappen spielen. Zunächst mal:
Ihr seid der Bruder zweier Könige; und zum anderen: Ihr seid dreimal so alt wie
ich. Es wäre gegen das Dienstreglement.«
»Dienstreglement!«
schrie der alte Mann. »Pffft!«
»Mit
Pffft kommen wir nicht weiter.«
»Und
ich, der ich dir alles beigebracht hab’, was du kannst – ich soll nach Benwick
zurück, ohne gesehn zu haben, wie du dich überhaupt bewährst? Du hast noch
nicht einmal dein Schwert unter meinen Augen geschwungen, dein Joyeux! Das
ist Undankbarkeit, Perfidie, Verrat! Ich will verdammt sein! Meiner Treu! Beim
himmlischen Blau!«
Und
der aufgebrachte Alte ließ etliche gallische Sentenzen folgen, unter anderem
den sogenannten Wilhelm-der-Eroberer-Fluch Per Splendorem Dei sowie ein
Exempel dessen, was der imaginäre König Louis der Elfte unter einem Scherz
verstand: Pasque Dieu. Inspiriert und animiert von diesen königlichen
Gedankengängen, fügte er die frommen Kraftworte von Rufus, Henry dem Ersten,
John und Henry dem Dritten hinzu, welche der Reihenfolge nach lauteten: Beim
Heiligen Gesicht von Lucca, Bei Gottes Tod, Bei Gottes Zähnen und Bei Gottes
Haupt. Der Gerfalke, dem diese Darbietung zu gefallen schien, spreizte
genüßlich rüttelnd das Gefieder – was so ähnlich aussah, wie wenn ein
Hausmädchen vor dem Fenster einen Mop ausschüttelt.
»Na
gut. Wenn Ihr nicht gehen wollt, dann laßt Ihr’s eben«, sagte Lanzelot. »Aber
sprecht bitte nicht von der Königin. Ich kann’s nicnt ändern, daß wir uns
gernhaben, und es ist doch nichts dabei, wenn zwei Menschen sich mögen, oder?
Schließlich tun wir ja nichts Böses, die Königin und ich. Wenn Ihr mir ihretwegen
Vorhaltungen macht, könnte man ja auf den Gedanken kommen, wir täten etwas
Unrechtes. Das Klingt, als ob Ihr schlecht von mir dächtet oder meine Ehre
anzweifeln wolltet. Bitte, erwähnt dieses Thema nicht mehr.«
Onkel
Dap verdrehte die Augen, raufte sich die Haare, ließ seine Knöchel knacken,
küßte sich die Fingerspitzen und machte allerlei andere Gesten, um seine
Meinung zu verdeutlichen. Doch kam er nie wieder auf die Angelegenheit zurück.
Arthurs
Reaktion auf das Problem war nicht eindeutig. Merlins Warnung, seine Dame und
seinen besten Freund betreffend, war in sich selbst widersprüchlich gewesen,
denn ein Freund kann schwerlich ein Freund sein, wenn er einen gleichzeitig
betrügt. Arthur bewunderte und liebte seine rosenblütige Ginevra ob ihres
feurigen Schwungs, und vor Lanzelot hatte er instinktiv eine gewisse
Hochachtung, aus der bald Zuneigung werden sollte. Es fiel also schwer, die
beiden zu verdächtigen, und ebenso schwer, sie nicht zu verdächtigen.
Er
kam zu dem Schluß, das Problem lasse sich am besten dadurch lösen, daß er
Lanzelot auf den Römischen Feldzug mitnahm. Zumindest wurde der Junge auf diese
Weise von Ginevra getrennt, und andererseits mußte es eine Freude sein, einen
Gefolgsmann um sich zu haben, der ein so ausgezeichneter Soldat war – ganz
gleich, ob Merlins Warnung nun berechtigt war oder nicht.
Der
Römische Feldzug war ein kompliziertes Unternehmen, das sich seit Jahren
zusammengebraut hatte. Es braucht uns nicht lange zu beschäftigen. In gewisser
Weise war es die logische Konsequenz von Bedegraine – die Fortsetzung jener
Schlacht, auf europäische Verhältnisse übertragen. Die feudale Vorstellung vom
Krieg, der um des Lösegeldes willen geführt wird, war zwar in Britannien
zerschlagen worden, nicht jedoch außer Landes, und nun hatten es die
Lösegeld-Jäger auf den frisch etablierten König abgesehen. Ein Gentleman namens
Lucius war Diktator von Rom (interessanterweise nennt auch Malory ihn einen dictator) und hatte Gesandte zu Arthur geschickt, um Tribut zu fordern. (Vor einer
Schlacht nannte man’s ›Tribut‹, hinterher ›Lösegeld‹.) Der König hatte, nach
Rücksprache mit seinem Parlament, kund und zu wissen getan, daß er nicht
tributpflichtig sei. Daraufhin hatte Diktator Lucius ihm den Krieg erklärt.
Auch hatte er – wie Lars Porsena bei Macaulay – seine Boten in
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