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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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zweitens, daß die Leine, wenn man nicht auf
einer sorgfältig gemähten Wiese trainierte, sich in Disteln oder Grasbüscheln
verfing, was die Falken verstörte und dem Abrichten nicht zuträglich war. So
umkreiste Lanzelot also Camelot mit all den ändern gereizten Männern in einer
unerfreulichen Atmosphäre von Knoten und Konkurrenz und flatternden Falken.
    König
Arthur hatte seine Frau gebeten, nett zu dem jungen Mann zu sein. Sie liebte
ihren Gemahl, und sie merkte, daß sie zwischen ihn und seinen Freund geraten
war. Natürlich kam es ihr nicht in den Sinn, Lanzelot dafür büßen zu lassen –
so albern war sie nicht; außerdem hatte sie selber an ihm Gefallen gefunden.
Sie mochte sein verunglücktes Gesicht, trotz der seltsamen Verschlossenheit;
und Arthur hatte sie ja gebeten, nett zu ihm zu sein. In Camelot fehlte es an
Gehilfen bei der Falknerei, da es so viele Falkner gab. Also fing Ginevra an,
mit Lanzelot aufs Feld zu gehen, um ihm beim Schnurwickeln zu helfen.
    Er
schenkte der Frau keine große Beachtung. »Da kommt die Person«, sagte er vor
sich hin, oder: »Da geht sie weg.« Die Falknerei hatte ihn bereits völlig
gefangengenommen, und weil Frauen dabei nur eine geringe Rolle spielten, dachte
er auch sonst nur selten an sie. Trotz seiner Häßlichkeit hatte er sich zu
einem Jüngling von Anmut und Eleganz entwickelt, und er besaß zu viel
Selbstbewußtsein, um Bagatellen lange nachzuhängen. Seine frühere Eifersucht
hatte sich verwandelt zur absichtslosen Nichtbeachtung ihrer Existenz. Er fuhr
fort, seinen Falken abzurichten, und dankte ihr höflich für ihre Hilfe, die er
mit höfischer Artigkeit akzeptierte.
    Dann
kam ein Tag, an dem es besonders großen Ärger mit einer Distel gab, und
überdies hatte er tags zuvor die Futtermenge falsch berechnet. Der Gerfalke war
in gereizter Stimmung, und Lanzelot ließ sich davon anstecken. Ginevra, die mit
Falken nicht gut umgehen konnte und sich nicht sonderlich dafür interessierte,
bekam es mit der Angst zu tun, als sie seine gerunzelte Stirn sah, und weil sie
es mit der Angst bekommen hatte, wurde sie schusselig. Sie strengte sich
rührend an, ihm nach besten Kräften behilflich zu sein, aber sie wußte, daß sie
für die Falknerei nicht viel Talent besaß. So gerieten ihre Gedanken
durcheinander. Äußerst hingebungsvoll und sorgsam und mit bester Absicht
wickelte sie die créance völlig falsch auf.
    Mit
einer Bewegung, die schon fast grob war, entriß er ihr das Knäuel.
    »Das
taugt doch nichts«, sagte er und spulte verärgert, mit hastigen Fingern, die
Leine wieder ab, die sie so gutwillig aufgerollt hatte. Seine Brauen waren zum
Fürchten gerunzelt.
    Einen
Augenblick lang stand alles still. Ginevra verharrte, zutiefst verletzt.
Lanzelot spürte es und hielt ebenfalls inne. Der Falke hörte auf, mit den
Flügeln zu schlagen, und kein Blatt regte sich.
    In
diesem Augenblick wußte der junge Mann, daß er einen wirklichen Menschen, so
alt wie er selbst, gekränkt hatte. In ihren Augen sah er, wie überrascht sie
war, wie erschreckt, wie bitter enttäuscht. Sie hatte ihm Freundlichkeit und
Güte entgegengebracht, und er hatte es ihr mit Unfreundlichkeit und Härte
gedankt. Das Entscheidende aber war, daß er’s mit einem wirklichen, lebendigen
Menschen zu tun hatte. Sie war kein flatterhaftes Ding, war nicht hinterlistig
und ränkevoll und herzlos. Sie war die hübsche Jenny, die denken und fühlen
konnte.
     
     
     
     
    KAPITEL 5
     
     
    Die beiden ersten,
die es merkten, daß Lanzelot und Ginevra sich ineinander verliebten, waren
Onkel Dap und König Arthur selbst. Merlin – der dank der wankelmütigen Nimue
nun bereits hinter Schloß und Riegel in seiner Höhle hauste – hatte Arthur
gewarnt, und Arthur hatte es im Unterbewußtsein befürchtet. Aber er hatte
niemals wissen wollen, was die Zukunft bringen würde, und es war ihm gelungen,
jeden Gedanken in dieser Richtung aus seinem Kopf zu verbannen.
    Onkel
Dap reagierte auf die Entdeckung, indem er seinen Zögling ins Gebet nahm, als
sie wieder mal bei dem Gerfalken im Mauserkäfig standen.
    »Bei
Gottes Füßen!« sagte Onkel Dap, und ließ noch ein paar Ausrufe von ähnlicher
Machart folgen. »Was geht hier vor? Was hast du im Sinn?
    Will
der beste Ritter Europas vielleicht alles wegwerfen, was ich ihm beigebracht
hab’, nur um der schönen Augen einer Dame willen? Die dazu noch verheiratet
ist!«
    »Wovon
redet Ihr?«
    »Wovon?
Davon! Herr und Heiland!« schrie Onkel Dap. »Von Ginevra

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