Der König auf Camelot
wiederzuhaben.«
Sie,
ihrerseits, sahen einen Mann voll ruhiger Heiterkeit – einen Weisen, wie ihn
Kipling in »Kim« beschrieben hat. Sie sahen ihren neuen Lanzelot als ein Wesen
aus Stille und Wahrnehmungskraft. Von der Höhe seines Geistes war er zu ihnen
herabgekommen.
Lanzelot
sagte: »Ich bin gut ausgeruht, habt Dank. Ich vermute, Ihr werdet alles über
den Gral erfahren wollen.«
Der
König sagte: »Es war selbstsüchtig von mir, fürchte ich. Ich habe alle
ferngehalten. Wir werden es niederschreiben lassen und in Salisbury aufbewahren.
Aber zunächst wollten wir es unmittelbar von Euch selber hören, Lanz, im
Zusammenhang. – Seid Ihr bestimmt nicht zu müde, uns alles zu erzählen?«
Lanzelot
lächelte und nahm beider Hände.
»Da
ist nicht viel zu erzählen«, sagte er. »Schließlich habe ja nicht ich den
Gral gefunden.«
»Setzt
Euch und nehmt etwas zu Euch. Ihr könnt erzählen, wenn Ihr gegessen habt. Ihr
seid viel dünner geworden.«
»Möchtet
Ihr gern ein Glas Hippokras oder Birnwein?«
»Ich
trinke zur Zeit nicht«, sagte er, »danke.«
Während
er aß, saßen der König und die Königin rechts und links von ihm und sahen zu.
Ehe er seine Finger nach dem Salz ausstrecken konnte, hatten sie es ihm schon
gereicht. Er mußte über ihre ernsten Gesichter lachen, die ihm ein Gefühl der
Unbehaglichkeit gaben, und tat so, als wolle er Arthur mit dem Wasser in seiner
Schale anspritzen, um sie zum Lächeln zu bringen.
»Hättet
Ihr gern eine Reliquie?« fragte er. »Ihr könntet meine Stiefel haben, wenn Ihr
möchtet. Sie sind ganz schön ausgelatscht.«
»Lanzelot,
darüber darf man keine Scherze machen. Ich glaube, Ihr habt den Heiligen Gral
mit eigenen Augen gesehen.«
»Und
wenn, so wäre es doch nicht nötig, daß Ihr mir das Salz reicht.«
Aber
sie sahen ihn weiterhin unverwandt an.
Lanzelot
sagte: »Bitte, versteht. Galahad und den anderen wurde der Gral gewährt. Mir
wurde er nicht gewährt. Also wäre es verkehrt, und Ihr würdet mir wehtun, wenn
Ihr Wesens davon machtet. Wie viele Ritter sind zurückgekehrt?«
»Die
Hälfte«, sagte Arthur. »Wir haben ihre Geschichten gehört.«
»Ich
glaube, dann wißt Ihr mehr darüber als ich.«
»Wir
wissen nur, daß die Totschläger abgewiesen wurden und jene, die nicht beichten
wollten. Und Ihr sagt, daß Galahad und Bors und Percivale zugelassen worden
sind. Wie ich höre, waren Galahad und Percivale noch unberührt; und Bors, der
nicht unbedingt jungfräulich war, hat sich als erstklassiger Theologe entpuppt.
Ich vermute, daß Bors wegen seiner dogmatischen Stärke zugelassen wurde, und
Percivale wegen seiner Unschuld. Von Galahad weiß ich kaum etwas, ausgenommen,
daß keiner ihn leiden kann.«
»Keiner
kann ihn leiden?«
»Sie
beklagen sich darüber, daß er unmenschlich sei.«
Lanzelot
blickte in seinen Becher.
»Er ist unmenschlich«, sagte er endlich. »Aber weshalb sollte er menschlich
sein? Erwartet Ihr von Engeln, daß sie menschlich sind?«
»Da
komme ich nicht ganz mit.«
»Meint
Ihr, wenn der Erzengel Michael jetzt in diesem Augenblick herkäme, dann würde
er sagen: ›Was für schönes Wetter heute! Wie war’s mit einem Whisky?‹«
»Wohl
kaum.«
»Arthur,
Ihr solltet mich nicht für ungehobelt halten, wenn ich solche Sachen sage. Ihr
dürft nicht vergessen, daß ich fortgewesen bin, in seltsamen und verlassenen Gegenden,
manchmal allein, manchmal in einem Boot mit niemandem als Gott und dem
pfeifenden Meer. Versteht Ihr, daß ich das Gefühl hatte, verrückt zu werden,
seit ich wieder unter Menschen bin? Nicht durchs Meer, sondern durch die
Menschen. Inmitten der Menschen verliere ich wieder, was ich gewonnen hatte.
Eine Menge von dem, was auch Ihr und Jenny sagt, scheint mir überflüssig –
merkwürdige Geräusche – leer. Ihr wißt schon, was ich meine. ›Wie geht es
Euch?‹ – ›Setzt Euch!‹ – ›Was haben wir für schönes Wetter!‹ – Was soll das?
Die Menschen reden viel zu viel. Wo ich gewesen bin, und wo Galahad ist, da
ist’s reine Zeitvergeudung, ›Manieren‹ zu haben. Manieren sind nur zwischen
Leuten erforderlich, die ihre nichtigen Geschäfte in Gang halten müssen.
Manieren macht der Mensch, wißt Ihr, nicht Gott. So könnt Ihr denn vielleicht
begreifen, wieso Galahad unmenschlich erscheinen mochte und ungesittet und so
weiter – den Leuten, die über ihn geschwatzt und geklatscht haben. Er war im
Geiste weit entfernt; er lebte auf einsamen Inseln, in der Stille, mit
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