Der König auf Camelot
verbergen –: es gebe einen jungen Ritter bei Hofe, der bereits
ihr Liebhaber sei, lange vor dem Gral schon ihr Liebhaber gewesen sei! Der sei
unendlich viel besser als Lanzelot. Was solle sie mit einer tauben Schote
anfangen, wenn sie einen aufblühenden Jüngling zu Füßen liegen habe, der sie
verehre, ja, die Erde verehre, auf der sie gehe? Lanzelot solle doch lieber zu
Elaine zurückkehren, der Mutter seines berühmten Sohnes. Vielleicht könnten sie
zusammen ihre Gebete hersagen, Vogelscheuche bei Vogelscheuche, die ganze Nacht
lang. Sie könnten sich über ihr Baby unterhalten, ihren Galahad, der den
ekelhaften Gral gefunden habe, und sie könnten über sie selber lachen, wenn es
ihnen Spaß mache, ja, sie könnten sie liebendgern auslachen, schon allein
deshalb, weil sie’s nicht fertiggebracht habe, einen Sohn zu gebären.
Dann
begann Ginevra mit dem Gelächter – während ein Teil ihrer selbst unverwandt aus
den Augen-Fenstern schaute und den Lärm haßte, den sie machte – , und nach dem
Lachen kamen die Tränen, und sie weinte aus tiefstem Herzen.
Seltsam
war’s, daß Arthur, der zur Feier des Freispruchs für die Königin ein Turnier
veranstalten wollte, einen Platz nahe Corbin wählte, wo das Turnier stattfinden
sollte. Der Ort mag Winchester oder Brackley gewesen sein, wo man eines der
vier noch vorhandenen englischen Tilte-Felder anschauen kann. Es spielt keine
Rolle, wo es war – bedeutsam aber ist, daß Corbin die Burg war, auf der die
jetzt kindlose Elaine ihre mittleren Jahre verbrachte.
»Ich
vermute, daß Ihr zu diesem Turnier geht?« fragte die Königin bitter. »Ich
vermute, daß Ihr geht, um Eurer Schlampe nahezusein?«
Lanzelot
sagte: »Jenny, könnt Ihr ihr denn nicht vergeben? Mittlerweile ist sie
wahrscheinlich häßlich und elend. Sie hat ja nie viel Rückhalt gehabt.«
»Der
großmütige Lanzelot!«
»Wenn
Ihr nicht wollt, daß ich gehe«, sagte er, »dann gehe ich nicht. Ihr wißt doch,
daß ich keinen Menschen je geliebt habe außer Euch.«
»Nur
Arthur«, sagte die Königin. »Nur Elaine. Nur Gott. Wenn nicht noch ein paar
andere da sind, von denen ich nichts gehört habe.«
Lanzelot
zuckte mit den Schultern – was zum Dümmsten gehört, das man tun kann, wenn die
Gegenpartei eine Auseinandersetzung wünscht.
»Geht
Ihr?« fragte er.
»Ich?
Soll ich vielleicht zusehn, wie Ihr mit diesem Flittchen flirtet? Natürlich
werde ich nicht gehen, und ich verbiete Euch zu gehen.«
»Nun
gut«, sagte er. »Ich werde Arthur sagen, daß ich krank bin. Ich könnte sagen,
daß meine Wunde noch nicht verheilt ist.«
Er
ging, den König aufzusuchen.
Alle
waren zum Turnier aufgebrochen, und der Hof war leer. Da änderte Ginevra ihre
Ansicht. Vielleicht hatte sie Lanzelot zurückgehalten, um mit ihm allein zu
sein, und vielleicht hatte sie gemerkt, daß es nicht gut sei, mit ihm allein zu
sein, und deshalb ihre Entscheidung revidiert – aber wir wissen den Grund
nicht.
»Besser
war’s, Ihr ginget«, sagte sie. »Wenn ich Euch hier halte, werdet Ihr sagen, ich
tat’s aus Eifersucht, und Ihr werdet’s mir zu spüren geben. Außerdem könnte es
Skandal erregen, wenn Ihr bei mir bliebet. Und ich will Euch nicht. Ich will
Euer Gesicht nicht sehn. Erspart es mir. Geht!«
»Jenny«,
sagte er einsichtig, »jetzt kann ich nicht gehn. Wenn ich jetzt noch ginge,
wäre der Skandal um so größer, weil ich doch gesagt habe, daß meine Wunde das
unmöglich macht. Sie werden denken, wir hätten Krach gehabt.«
»Sollen
sie doch denken, was sie wollen. Ich sag’ Euch nur eins: Ihr habt zu gehen,
sonst macht Ihr mich verrückt.«
»Jenny.«
Er
spürte, daß sein Herz in zwei Stücke zerbrach und daß der Irrsinn, in den sie
ihn gestürzt hatte, sehr wohl noch einmal ausbrechen könnte. Vielleicht
bemerkte sie dies auch. Jedenfalls milderte sie plötzlich ihr Verhalten. Sie
entließ ihn nach Corbin mit einem liebevollen Kuß.
»Ich
verspreche, daß ich zurückkomme«, hatte er gesagt, und nun hielt er sein
Versprechen. Es war undenkbar, daß er an dem Turnier teilnahm, ohne Elaine zu
besuchen. Er hatte nicht nur versprochen, zu ihr zurückzukehren, sondern er war
auch alleiniger Verwahrer der letzten Botschaften ihres gemeinsamen und
einzigen Sohnes, der jetzt tot war oder zumindest ins Geistliche versetzt.
Nicht einmal der grausamste Mensch hätte es unterlassen, ihr diese Botschaften
zu überbringen.
Er
würde in Corbin wohnen, ihr von Galahad berichten und verkleidet am
Weitere Kostenlose Bücher