Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
Vom Netzwerk:
Worten.
    »Weil ich Angst habe, daß Mordred etwas
gegen mich hat, der arme Junge. Und mit Recht.«
    »Verrat?« fragte der Oberkommandierende.
    »Nun, nicht gerade Verrat, Lanz. Aber ich
glaube, er ist unzufrieden.«
    »Schlagt dem Jammerlappen den Kopf ab –
dann hat sich’s.«
    »Nein, das kommt nicht in Frage! Ihr
vergeßt, daß Mordred mein Sohn ist. Ich hab’ ihn gern. Ich habe dem Jungen viel
Übles angetan, und meine Familie hat die Cornwalls immerzu gekränkt. Ich kann
dem alten Unheil nicht noch eine neue Untat hinzufügen. Außerdem bin ich sein
Vater. Ich kann mich in ihm wiedererkennen.«
    »Ich sehe keine große Ähnlichkeit.«
    »Sie ist aber da. Mordred ist ehrgeizig
und ruhmsüchtig, so, wie ich’s immer war. Nur sein schwacher Körperbau ist
daran schuld, daß er bei unseren Spielen versagt hat, und das mußte ihn
natürlich verbittern, genau so, wie es mich wahrscheinlich verbittert
hätte, wenn mir das Glück nicht zu hold gewesen wäre. Auf eine sonderbare Weise
ist er sogar tapfer, und seinen Leuten gegenüber verhält er sich loyal. Wißt
Ihr: seine Mutter hat ihn gegen mich aufgehetzt, was verständlich ist, und für
ihn bin ich nun die Verkörperung alles Schlechten. Er ist sich fast sicher, daß
er mich am Ende noch umbringen wird.«
    »Wollt Ihr dies ernsthaft als Grund
anführen, warum man ihn jetzt nicht umbringen sollte?«
    Der König blickte plötzlich erstaunt
drein, überrascht, vielleicht schockiert. Er hatte entspannt zwischen ihnen
gesessen, weil er müde war und unglücklich, und jetzt richtete er sich auf und
sah seinem Hauptmann in die Augen.
    »Vergeßt nicht, daß ich der König von
England bin. Wenn man König ist, kann man nicht nach Lust und Laune Menschen
exekutieren. Ein König ist das Oberhaupt seines Volkes; er muß ihm als Beispiel
vorstehen und nach des Volkes Wunsch und Willen handeln.«
    Er nahm die Verblüffung, die sich in
Lanzelots Gesicht ausdrückte, nicht übel und ergriff wieder seine Hand.
    »Es ist«, erklärte er, »folgendermaßen:
Wenn die Könige Tyrannen sind, die an Macht glauben, dann sind auch ihre
Untertanen Tyrannen. Wenn ich nicht für das Gesetz eintrete, dann lebt auch
mein Volk gesetzlos. Und ich will natürlich, daß mein Volk das neue Gesetz sich
zu eigen macht, weil es dann allen besser geht, also auch mir besser geht.«
    Sie beobachteten ihn und fragten sich, was
er damit wohl sagen wolle. Er hielt ihren Blicken stand und versuchte, ihre
Augen anzusprechen.
    »Seht Ihr, Lanz, ich muß absolut gerecht
sein. Ich kann’s mir nicht leisten, mir noch so etwas wie diese ertränkten
Kinder aufs Gewissen zu laden. Nur durch Gerechtigkeit kann ich mich freihalten
von Gewalt. Ein richtiger König darf nicht seine Feinde hinrichten wollen, im
Gegenteil: er muß bereit sein, die eigenen Freunde zu exekutieren.«
    »Auch seine Frau?« fragte Ginevra.
    »Auch seine Frau«, sagte er ernst.
    Lanzelot rutschte unbehaglich auf der
Sitzbank hin und her und bemerkte, um einen scherzhaften Ton bemüht: »Ich hoffe
doch, Ihr werdet der Königin nicht jetzt gleich den Kopf abschlagen?«
    Der König hielt noch immer seine Hand, sah
ihn noch immer an.
    »Sollte einer von Euch, Ginevra oder
Lanzelot, für schuldig befunden werden, meinem Königreich ein Unrecht zugefügt
zu haben, würde ich Euch beiden die Köpfe abschlagen müssen.«
    »Du meine Güte!« rief sie aus.
»Hoffentlich wird mir das keiner nachsagen können!«
    »Das hoffe ich auch.«
    »Und Mordred?« fragte Lanzelot nach einer
Weile.
    »Mordred ist ein unglücklicher junger
Mann, und ich fürchte, ihm könnte jedes Mittel recht sein, mich zu stürzen.
Wenn er, zum Beispiel, eine Möglichkeit sähe, durch Euch, mein Lieber, an mich
heranzukommen, oder durch Gin, so bin ich sicher, daß er’s versuchen würde. Ist
Euch klar, was ich meine?«
    »Ist mir klar.«
    »Also: sollte jemals der Augenblick
kommen, da einer von Euch… nun, ihm eine Art Handhabe böte… Ihr werdet dann an
mich denken, ja? – Ich bin in Euren Händen, meine Lieben.«
    »Aber das ist doch alles…«
    »Ihr wart gut zu ihm«, sagte Lanzelot,
»seit er hergekommen ist. Weshalb sollte er da…«
    Der König faltete die Hände im Schoß,
schien unter gesenkten Lidern in die Flammen zu blicken.
    »Ihr vergeßt«, sagte er sanft, »daß es mir
nicht gelang, Gin einen Sohn zu schenken. Vielleicht wird, wenn ich tot bin,
Mordred König von England.«
    »Sollte er auf Verrat aus sein«, sagte
Lanzelot und ballte die Fäuste,

Weitere Kostenlose Bücher