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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Jeder trug ein eng anliegendes Seidenwams, geschmückt mit dem
Wappen, dem Sparren und den drei Disteln; der jüngste hatte ein paar
zusätzliche Abstammungsbänder am heraldischen Schild. Die Fünfe sahen daher aus
wie eine Handvoll aufgefächerter Spielkarten. Es war die Sippe Gawaine, und wie
üblich lagen die Brüder miteinander im Streit. Gawaine sagte: »Zum letzten Mal,
Agravaine: Hältst du endlich die Klappe? Ich will damit nix zu schaffen haben.«
    »Ich auch nicht«, sagte Gareth. Gaheris
sagte: »Und ich nicht.«
    »Wenn du’s durchboxen willst, spaltest du
bloß den Clan. Ich hab’ dir klipp und klar gesagt, daß keiner dir dabei n’
Finger reicht. Die Sach’ mußt du allein ausfechten. Da hilft dir keiner aus ’m
Dreck.« Mordred hatte mit höhnischer Geduld gewartet.
    »Ich bin auf Agravaines Seite«, sagte er.
»Lanzelot und meine Tante sind für uns alle eine Schande. Agravaine und ich
werden die Verantwortung übernehmen, wenn sonst keiner dazu bereit ist.« Gareth
drehte sich wütend nach ihm um. »Für Schändliches warst du ja schon immer zu
haben.«
    »Dank Euch.«
    Gawaine machte einen Versuch, die Gemüter
zu beschwichtigen. Da er nicht der geborene Versöhnungskünstler war, wirkte
sein Bemühen eher umwerfend, wie ein Erdbeben.
    »Mordred«, sagte er, »um Himmels willen,
grapsch doch nach deinem Grips. Reiß dich am Riemen, komm, sei schön brav. Ich
bin doch dein älterer Bruder. Ich seh’, da kommt nix Gutes bei raus.«
    »Was auch immer kommt: ich gehe zum
König.«
    »Aber, Agravaine, wenn du das tust, heißt
das: Krieg. Siehst du denn nicht, daß Arthur und Lanzelot dann aufeinander
losgehen müssen? Und daß die Hälfte der Könige Britanniens die Partei von
Lanzelot ergreift, seiner Berühmtheit wegen, und daß es dann ein Bürgerkrieg
wird?«
    Der Häuptling des Clans stapfte zu
Agravaine hinüber, wie ein gutmütiges Tier, das seine Dressurnummer vorführt,
und schlug dem Bruder mit seiner gewaltigen Pranke auf die Schulter.
    »Pah, Mann. Vergiß den kleinen Tupfer vom
Vormittag. In jedem Kerl steckt nun mal ein bißchen Temperament, und
schließlich und endlich sind wir doch Brüder. Ich versteh’ nich’, wie du’s
fertigbringst, etwas gegen Sir Lanzelot zu tun, wo du doch weißt, was er vor
langem für uns getan hat. Denkst du denn nimmer dran, wie er dich, und Mordred
dazu, vor Sir Turquine gerettet hat? Ihm verdankt ihr’s, daß ihr noch am Leben
seid, genauso wie ich, Mann – damals hat er mich auch rausgehauen, bei Sir
Carados und seinem Dolorous Tower.«
    »Das hat er zu seiner eigenen Ehre getan.«
    Gareth wandte sich Mordred zu.
    »Solange wir unter uns sind, kannst du
über Lanzelot und Ginevra sagen, was du willst, weil’s leider wahr ist; aber
ich lasse nicht zu, daß du herumhöhnst. Wie ich an den Hof kam, als Küchenpage,
da war er der einzige, der nett zu mir war. Er hatte nicht den blassesten
Dunst, wer ich war, aber er hat mir Trinkgelder gegeben, hat mich aufgemuntert
und mich vor Kay in Schutz genommen; und schließlich war er es, der mich zum
Ritter geschlagen hat. Jedermann weiß, daß er in seinem ganzen Leben niemals
etwas Krummes gemacht hat.«
    »Als ich ein junger Ritter war«, sagte
Gawaine, »Gott vergeb’s, und in Händel geriet, da hab’ ich mich wieder und
wieder vom Koller hinreißen lassen – aye, und hab’ einen Kerl
umgebracht, nachdem er sich schon ergeben hatte. Ja, und auch ein junges Ding,
ein Mädel, hab’ ich mal umgebracht. Aber Lanzelot tut keinem was, der schwächer
ist als er.«
    Gaheris fügte hinzu: »Er hat was übrig für
die jungen Ritter und hilft ihnen, sich die Sporen zu verdienen. Ich begreif’s
nicht, warum du einen solchen Groll gegen ihn hast.«
    Mordred zuckte mit den Schultern,
schnippte etwas von seinem Ärmel und tat, als müsse er gähnen.
    »Was Lanzelot angeht«, bemerkte er, »den
hat Agravaine auf dem Kieker. Meine Fehde gilt dem munteren Monarchen.«
    »Lanzelot«, behauptete Agravaine, »wird
furchtbar überschätzt.«
    »Keineswegs«, sagte Gareth. »Er ist der
größte Mann, den ich kenne.«
    »Ich kann mich nicht wie ein Schulbub für
ihn begeistern…«
    Eine Tür hinterm Gobelin quietschte in den
Angeln. Der Griff knarrte.
    »Sei friedlich, Agravaine«, sagte Gawaine
leise, »laß das Geschrei.«
    »Ich denke nicht daran.«
    Arthurs Hand hob den Vorhang.
    »Bitte, Mordred«, flüsterte Gareth.
    Der König war im Gemach.
    »Es ist nur recht und billig«, sagte
Mordred, und zwar so laut, daß

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