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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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internationaler Reputation mit erstklassigen
Auszeichnungen von allen europäischen Universitäten. Der Ärger mit der
normannischen Aristokratie ist, daß sie alle spielwütig sind – genau das:
spielwütig.«
    Indigniert brach er ab und ließ absichtlich beide
Ohren des Feldweibels zweimal langsam und gleichzeitig flattern.
    »Daran hab’ ich eigentlich nicht gedacht«, sagte
Wart. »Ich hab’ mir mehr überlegt, wie schön es wäre, ein Ritter zu werden wie
Kay.«
    »Wieso, du wirst doch früh genug einer, oder?«
fragte der alte Mann unwirsch.
    Wart gab keine Antwort.
    »Oder?«
    Merlin drehte sich um und blickte den Jungen durch
seine Brille stirnrunzelnd an.
    »Was ist denn nun los?« fragte er unfreundlich. Der
Augenschein hatte ergeben, daß sein Schüler mit den Tränen kämpfte, und wenn
er freundlich zu ihm spräche, würde dieser endgültig weich werden und
losheulen.
    »Ich werde kein Ritter«, entgegnete Wart kalt.
Merlins Kunstgriff hatte gewirkt: ihm war jetzt nicht mehr nach Weinen zumute,
sondern am liebsten hätte er Merlin einen Tritt versetzt. »Ich werde kein
Ritter, weil ich kein richtiger Sohn von Sir Ector bin. Kay werden sie zum
Ritter schlagen, und ich werd’ sein Knappe.«
    Merlin hatte ihm wieder den Rücken zugekehrt; doch
seine Augen funkelten hinter den Brillengläsern. »Schlimm, schlimm«, sagte er
mitleidlos.
    Wart ließ seinen Gedanken freien Lauf und sagte
laut: »Ja, ich war’ aber doch so gern mit einem richtigen Vater und einer
Mutter geboren – da hätt’ ich ein fahrender Ritter werden können.«
    »Und was hättest du gemacht?«
    »Ich hätte eine prächtige Rüstung gehabt und Dutzende
Speere und einen Rappen, achtzehn Handbreit hoch, und ich hätt’ mich Der
Schwarze Ritter genannt. Und ich hätt’ an einem Brunnen gelauert oder an einer
Furt oder so was, und alle Ritter, die des Weges kämen, hätt’ ich gezwungen, um
die Ehre ihrer Dame mit mir zu tjostieren; dann hätt’ ich sie glänzend besiegt
und ihnen das Leben geschenkt. Und das ganze Jahr würd’ ich draußen leben, in
einem Pavillon oder einem Zelt, und ich würd’ bloß tjostieren und auf
Aventiuren gehn und auf den Turnieren Preise erringen, und nie würd’ ich
jemandem meinen Namen sagen.«
    »Deiner Frau dürfte so ein Leben kaum behagen.«
    »Oh, ich will ja auch keine Frau haben. Die sind
dumm. – Aber eine Geliebte werde ich wohl brauchen«, fügte der künftige Ritter
hinzu, »damit ich ihre Schleife am Helm tragen und ihr zu Ehren große Taten
vollbringen kann.«
    Eine Hummel flog brummend zwischen ihnen her, unter
die Tribüne und in den Sonnenschein hinaus.
    »Möchtest du gern ein paar richtige fahrende Ritter
sehn?« fragte der Zauberer bedachtsam. »Ich meine: im Rahmen deiner
Ausbildung?«
    »Ach ja! Seit ich hier bin, haben wir noch nicht
mal ein Turnier gehabt.«
    »Ich denke, das ließe sich arrangieren.«
    »Oh ja, bitte. Ihr könntet mich mitnehmen, wie Ihr
mich zu den Fischen mitgenommen habt.«
    »Ich schätze, m gewisser Weise ist es
erzieherisch.«
    »Es ist sehr erzieherisch«, sagte Wart. »Ich kann
mir nichts Erzieherischeres vorstellen als ein Paar kämpfender Ritter. Bitte,
tut’s doch, ja?«
    »Hast du irgendeinen besonderen Ritter im Auge?«
    »König Pellinore«, sagte er sogleich. Seit ihrer
denkwürdigen Begegnung im Walde hatte er eine Schwäche für diesen Edelmann.
    Merlin sagte: »Ausgezeichnet. Leg deine Hände an
die Seite und entspann deine Muskeln. Cabricias arci thurum, catalamus, singulariter,
nominativa, haec musa . Mach deine Augen zu und behalt sie zu. Bonus,
Bona, Bonum . Auf geht’s. Deus Sanctus, estne aratio Latinas? Etiam, qui,
quare? Pourquoi? Quai substantivo et adjectivum concordat in generi, numerum et
casus . Da sind wir.«
    Während dieser Zauberformel hatte der Patient
einige sonderbare Empfindungen. Zuerst konnte er noch hören, wie der
Waffenmeister Kay zurief: »Nich doch, nich doch; d’Füße unten lassen und den
Körper aus’n Hüften schwing’.« Dann wurden die Worte kleiner und kleiner, als
blickte er durch das falsche Ende eines Teleskops auf seine Füße, und wirbelten
umeinander, als wären sie am zugespitzten unteren Ende einer Windhose, die ihn
in die Lüfte saugte. Dann war nur noch lautes rotierendes Röhren und Zischen,
das zu einem Tornado anschwoll, bis er meinte, es nicht mehr aushaken zu können.
Schließlich äußerste Stille und Merlins Stimme: »Da sind wir.« Dies alles
geschah in ungefähr der Zeit, die eine

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