Der König auf Camelot
Waffen und
der Rüstung, und über alle mußte man Bescheid wissen.
Vor Sir Ectors Burg lag in unmittelbarer Nähe ein
Turnierplatz, obwohl hier seit Kays Geburt keine Turniere mehr stattgefunden
hatten. Es war eine große Wiese mit kurzgehaltenem Gras und einer breiten
grasbewachsenen Böschung ringsherum, auf der Pavillons errichtet werden
konnten. Auf der einen Seite befand sich, für die Damen, eine alte hölzerne
Tribüne auf Stelzen. Gegenwärtig wurde der Platz nur als Übungsfeld zum
Lanzenstechen benutzt: am einen Ende hatte man eine Stechpuppe aufgestellt,
am anderen einen Ring. Die Stechpuppe (auch quintain genannt, weshalb
das Lanzenstechen Quintan-rennen hieß) war ein hölzerner Sarazene auf einer
Stange, mit leuchtend blauem Gesicht und rotem Bart und funkelnden Augen. In
der linken Hand trug er einen Schild, und in der rechten ein flaches
Holzschwert. Wenn man ihn mitten auf die Stirn traf, war alles gut – traf die
Lanze aber seinen Schild oder irgendeine Stelle rechts oder links der
Mittellinie, dann drehte er sich wie wild im Kreise und versetzte einem einen
kräftigen Hieb mit dem Schwert, wenn man geduckt vorbeigaloppierte. Seine Farbe
war schon etwas abgekratzt und das Holz über dem rechten Auge zersplittert. Der
Ring war ein ganz gewöhnlicher Eisenring, der mittels einer Schnur an einer Art
Galgen aufgehängt war. Wenn es einem Reiter gelang, die Spitze des Speers
durch den Ring zu stoßen, dann riß der Faden, und der Gewinner konnte im Handgalopp
stolz den Ring an seinem Speer vorweisen.
Es war ein etwas kühlerer Tag, da es allmählich
herbstete, und die beiden Jungen waren mit dem Waffenmeister und Merlin auf
dem Turnierplatz. Der Waffenmeister oder Feldweibel war ein steifer, bleicher,
angeberischer Herr mit gezwirbeltem Schnauzbart. Er stolzierte stets mit
vorgereckter Brust einher wie eine Kropftaube und rief bei jeder nur möglichen
Gelegenheit: »Auf das Wort eins …« Er war bemüht, immer den Bauch einzuziehen,
so daß er häufig über die eigenen Füße stolperte, weil er sie über seinen
Brustkasten hinweg nicht sehen konnte. Ständig ließ er seine Muskeln spielen,
was Merlin als störend empfand.
Wart lag neben Merlin im Schatten der Tribüne und
kratzte sich, wo die Erntekäfer zwickten. Die sägeartigen Sicheln waren erst
vor kurzem in den Schuppen verschwunden, und der Weizen stand in Hocken zu
acht auf den hohen Stoppeln, wie man sie damals stehenließ. Wart juckte es noch
immer. Auch die Schultern taten ihm weh, und ein Ohr brannte, was daher rührte,
daß er beim quintain danebengestoßen hatte – denn das Übungsstechen ging
natürlich ohne Rüstung vor sich. Wart war froh, daß jetzt Kay an der Reihe war,
und er lag schläfrig im Schatten und nieste, kratzte sich und verrenkte sich
wie ein Hund und kam kaum dazu, das Vergnügen zu genießen.
Merlin saß mit dem Rücken zu dieser vermaledeiten
sportlichen Aktivität und probierte einen Zauber aus, den er verlernt hatte. Es
war ein Zauber, mit dem er den Zwirbelbart des Feldweibels auseinanderrollen
wollte, aber im Augenblick geriet nur die eine Hälfte aus der Form, und der
Feldweibel hatte nichts bemerkt. Abwesend zwirbelte er ihn jedesmal wieder
zurecht, so oft Merlin seinen Zauber wirken ließ, und Merlin sagte: »Hol’s der
Henker!« und fing wieder von vorne an. Einmal ließ er aus Versehen des Weibels
Ohren flattern, und der blickte verdutzt gen Himmel.
Von der anderen Seite des Turnierplatzes drang die
Stimme des Feldweibels in der stillen Luft herüber.
»Aber nich doch, Master Kay, so doch nich. Hier,
ich zeig’s ma. Hier, so. Der Speer muß zwischen Daum’ un Zeigefinger der
Rechten liegen un der Schild in einer Linie mit’m Saum des Hosenbeins…«
Wart rieb sich sein schmerzendes Ohr und seufzte.
»Na, was hast du für Kummer?«
»Ich hab’ keinen Kummer – ich denke nach.«
»Und worüber denkst du nach?«
»Ach, eigentlich nichts. Ich hab’ mir so überlegt,
wie Kay jetzt lernt, ein Ritter zu werden.«
»Das soll einem wohl Kummer machen!« sagte Merlin
aufgebracht. »Da stolpern so ein paar hirnlose Einhörner durch die Gegend und
nennen sich gebildet, bloß weil sie sich mit einem Stecken gegenseitig vom
Pferd stoßen können! Das nimmt mir jede Lust. Ich glaub’ sogar, Sir Ector hätte
lieber einen Heilige-Jungfrau-Lanzen-Lehrer als Tutor für dich gehabt, der sich
auf den Fingerknöcheln fortbewegt wie ein anthropoider Affe, und nicht einen
Zauberer von anerkannter Redlichkeit und
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