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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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trug dazumal – zumindest in der schwerstgerüsteten
Zeit – sein eigenes Gewicht in Metall mit sich herum, manchmal auch mehr.
Häufig wog er nicht weniger als zweiundzwanzig stone , was, rund
gerechnet, dreihundert Pfund sind, und bisweilen gar fünfundzwanzig, also
dreihundertfünfzig. Dies bedeutet, daß sein Pferd ein langsamer Gaul sein
mußte, der gewaltige Gewichte zu tragen imstande war, ähnlich einem Ackergaul
der neueren Zeit, und daß seine eigenen Bewegungen durch die Last von Eisen und
Polsterung derart behindert wurden, daß er sich nur langsam fortbewegen konnte,
dem Zeitlupentempo im Kino vergleichbar.
    »Es geht los!« rief Wart und hielt vor Erregung den
Atem an.
    Gemächlich und majestätisch setzten sich die
gewichtigen Gäule in Gang. Die Speere, die in die Luft gezeigt hatten, senkten
sich in die Horizontale und wiesen aufeinander. König Pellinore und Sir
Grummore schlugen ihren Pferden die Hacken in die Flanken, daß es nur so eine
Art hatte, und innerhalb weniger Minuten beschleunigten die rasanten Rösser
ihre Gangart zu einer erderschütternden Art von Watscheltrab. Klirr, rumm,
bumm-bumm machten die Pferde, und nun wedelten die beiden Ritter rhythmisch mir
ihren Ellbogen und Beinen, wobei sie hoch im Sattel wippten. Dann änderte sich
der Takt: Sir Grummores Gaul vollführte wirklich und wahrhaftig einen
Handgalopp. Kurz darauf tat König Pellinores Pferd das gleiche. Es war ein
pompöses Spektakulum.
    »Du meine Güte!« rief Wart, der sich schämte, weil
sein Blutdurst die Veranlassung dafür war, daß diese beiden Ritter vor ihm
tjostierten. »Werden die sich vielleicht töten?«
    »Gefahrvoller Sport«, sagte Merlin und schüttelte
den Kopf.
    »Da!« rief Wart.
    Mit einem gewaltigen Gestampfe der
eisenbeschlagenen Hufe, das einem das Blut gerinnen ließ, trafen die mächtigen
Recken aufeinander. Beide Speere wankten kurz in der Nähe des Helms des
jeweiligen Gegenüber – jeder hatte den schwierigen Punktstoß gewählt –, und
dann galoppierten sie in entgegengesetzter Richtung davon. Sir Grummore trieb
seinen Speer tief in die Buche, auf der die beiden saßen, und hielt an. King
Pellinore, mit dem das Pferd durchgegangen war, entschwand ihren Blicken.
    »Kann ich wieder gucken?« erkundigte sich Wart, der
im kritischen Moment die Augen geschlossen hatte.
    »Kannst du«, sagte Merlin. »Es dürfte ein Weilchen
dauern, eh sie wieder in Ausgangsstellung sind.«
    »Brrr, brrr, sage ich!« rief König Pellinore kaum
hörbar weit hinten im Ginstergestrüpp.
    »He, Pellinore, he!« schrie Sir Grummore. »Komm zurück,
mein Guter, ich bin hier drüben.«
    Es dauerte geraume Zeit, bis die verwickelte Lage
geklärt war und die beiden Ritter sich wieder in Positur setzen konnten. König
Pellinore befand sich jetzt auf der entgegengesetzten Seite, während Sir
Grummore ihm auf seinem ursprünglichen Ausgangspunkt gegenüberstand.
    »Verräter-Ritter!« rief Sir Grummore.
    »Drückeberger, feige, was?« rief König Pellinore.
    Wieder legten sie ihre Speere an und attackierten
sich mit Donnergetöse.
    »Au«, sagte Wart, »hoffentlich tun sie sich
nichts.«
    Aber die beiden Gäule stolperten geduldig
aufeinander los, und die beiden Ritter entschieden sich gleichzeitig für den
Fegestreich. Jeder hielt seinen Speer rechtwinklig nach links, und ehe Wart
noch etwas sagen konnte, gab es ein ungeheures und doch melodisches Dröhnen.
Bang! -tönte die Rüstung, und es klang, als wäre ein Omnibus in eine Schmiede
gefahren. Die beiden Kombattanten saßen Seite an Seite auf dem grünen Rasen,
während ihre Pferde sich in entgegengesetzter Richtung entfernten.
    »Ein prächtiger Fall«, sagte Merlin.
    Die beiden Pferde kamen zum Stehen, ihrer Pflicht
und Last ledig, und begannen ergeben zu grasen. König Pellinore und Sir
Grummore saßen nebeneinander; jeder starrte geradeaus und hielt den Speer des
andern hoffnungsvoll unter dem Arm.
    »Jau!« sagte Wart. »War das ein Zusammenstoß!
Scheint ihnen aber soweit nichts getan zu haben.«
    Sir Grummore und König Pellinore erhoben sich umständlich.
    »Verteidige Dich«, rief König Pellinore.
    »Gott behüte Dich«, rief Sir Grummore.
    Bei diesen Worten zogen sie ihre Schwerter und
stürmten mit solchem Ungestüm aufeinander los, daß sie beide, nachdem sie
einander eine Beule in den Helm geschlagen hatten, sich rücklings ins Gras
setzten.
    »Bah!« rief König Pellinore.
    »Buh!« rief Sir Grummore.
    »Oh Schreck«, sagte Wart. »Was für ein

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