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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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eingetreten, hatte
Lanzelot sein Schwert übergeben und sich anschließend hingelegt. Jetzt lag dies
eiserne Ungetüm, gehorsam wie immer, auf dem Boden, während der Barfüßige ihm
die eigene Schwertspitze durchs Visier drückte. Es gab ein paar gurgelnde
Geräusche, als er mit beiden Händen den Knauf des Schwertes niederpreßte.
    Lanzelot erhob sich, wischte seine Hände
am Morgenrock ab.
    »Tut mir leid, daß ich ihn töten mußte. Es
ging nicht anders.«
    Er öffnete das Visier. »Agravaine von
Orkney!«
    Ein gräßlicher Aufschrei ertönte jenseits
der Türe, begleitet von Gehämmer, Geheule und Gefluche, während Lanzelot sich
der Königin zuwandte. »Helft mir mit der Rüstung«, sagte er knapp. Sie kam
sogleich, ohne Widerstreben, und gemeinsam knieten sie neben dem Toten nieder
und entledigten ihn seiner wichtigsten Stücke.
    »Hört zu«, sagte er, während sie noch
damit beschäftigt waren. »Jetzt haben wir eine Chance. Gelingt es mir, sie zu
vertreiben, komme ich zurück und hole Euch nach Joyous Gard.«
    »Nein, Lanz. Wir haben genug Unrecht
getan. Wenn Ihr Euch durchkämpfen könnt, dann bleibt fern, bis Gras darüber
gewachsen ist. Ich werde hierbleiben. Falls Arthur mir verzeiht und alles
vertuscht werden kann, dürft Ihr später wiederkommen. Vergibt er mir nicht,
könnt Ihr mich retten. – Wohin gehört dies da?«
    »Gebt her.«
    »Hier ist das andere.«
    »Es wäre weit besser, wenn Ihr mitkämt«,
drängte er und mühte sich in das Panzerhemd hinein, wie ein Fußballer sich in
sein Trikot zwängt.
    »Nein. Wenn ich mitkomme, ist alles aus,
für immer. Wenn ich bleibe, können wir’s vielleicht einrenken. Ihr könnt mich
ja immer noch retten, falls nötig.«
    »Ich laß’ Euch nicht gern zurück.«
    »Wenn ich verurteilt werde und Ihr mich
rettet, komme ich nach Joyous Gard. Ich versprech’s Euch.«
    »Und wenn nicht?«
    »Wischt den Helm mit Euerm Mantel ab«,
sagte sie. »Wenn nicht, dann könnt Ihr später zurückkommen, und alles wird
wieder wie früher.«
    »Nun gut. – So, den Rest brauch’ ich
nicht.«
    Er richtete sich auf, das blutige Schwert
in der Hand, und blickte auf den Toten nieder, der seine Mutter umgebracht
hatte.
    »Gareths Bruder«, sagte er nachdenklich.
»Vielleicht war er betrunken. Gott gebe ihm Frieden – auch wenn’s etwas absurd
klingt.«
    Die alte Dame drehte ihn zu den Kerzen
hin.
    »Das heißt Lebewohl«, flüsterte sie. »Für
eine Weile.«
    »Das heißt Lebwohl.«
    »Gebt Ihr mir einen Kuß?« fragte sie.
    Er küßte ihr die Hand, da er gerüstet war,
mit Blut beschmiert und in Metall gehüllt. Gleichzeitig dachten sie an die
dreizehn Männer draußen.
    »Ich hätte gern, daß Ihr etwas von mir
mitnehmt, Lanz; und ich würde gern etwas von Euch behalten. Wollen wir die
Ringe tauschen?«
    Sie wechselten die Ringe.
    »Möge Gott mit meinem Ring sein«, sagte
sie, »wie ich mit ihm bin.«
    Lanzelot wandte sich ab und ging zur Tür.
Draußen riefen sie: »Kommt aus dem Gemach der Königin!« – »Verräter am König!«
– »öffnet die Tür!«
    Sie lärmten so laut wie möglich, damit der
Skandal an sämtliche Ohren dringe. Er stellte sich dem Tumult, die Beine
gespreizt, und gab ihnen Antwort in der Sprache der Ehre.
    »Lasset Euer Lärmen, Sir Mordred, und
nehmt meinen Rat. Geht alle weg von der Tür des Gemachs, schreit nicht so und
unterlaßt die Verleumdungen. Wenn Ihr fortgeht und keinen Lärm mehr macht,
werde ich morgen vor dem König erscheinen. Und dann werden wir sehn, wer von
Euch, einzeln oder gemeinsam, mich des Verrats beschuldigen will. Dort werd’
ich Euch Rede und Antwort stehn, wie es ritterliche Art ist; werde dartun, daß
ich nicht schlechter Absicht wegen hierher kam. Und ich werd’ es dortselbst
beweisen und es mit meinen Händen an Euch gutmachen.«
    »Pfui dir, du Verräter«, klang Mordreds
Stimme. »Wir werden deinen Kopf verlangen und dich um dein Leben bringen, so es
uns gefällt.«
    Eine andre Stimme schrie: »Wisse, daß
König Arthur uns die Wahl gegeben hat, dich zu schonen oder zu erschlagen.«
    Lanzelot senkte das Visier über sein
beschattetes Gesicht und schob den Türbalken beiseite. Das schwere Holz ging
krachend auf – im Türrahmen erschien ein Gedränge von Eisenmännern und
flackernden Fackeln.
    »Ah, Ihr Herren«, sagte er grimmig, »habt
Ihr sonst niemanden zu Eurer Hilfe? Dann seht Euch vor.«
     
     
     
    KAPITEL 8
     
     
    Der Gawaine-Clan wartete im Gerichtssaal,
eine Woche danach. Der Raum wirkte bei

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