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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Tageslicht anders, da die Fenster nun
nicht verhängt waren. Er war jetzt keine Kiste mehr, kein Kubus aus unheimlich
weich drapierten Wänden, keine Arras-Falle, die Hamlet gereizt hätte, mit dem
Rapier nach Ratten zu stochern. Die Nachmittagssonne strömte durch die hohen
Fenster herein und ließ die Tapisserie erstrahlen, auf der Bathseba zu sehen
war, wie sie mit ihren beiden runden Brüsten in einem Zuber auf den Zinnen
einer Burg saß, die aussah, als sei sie aus Kinderklötzchen erbaut. Das Weib
lächelte David zu, der sich auf dem Nachbardach befand, mit Krone und Bart und
Harfe. Hundert Pferde jagten einher, parallel gerichtete Lanzen stürmten voran,
unzählige Helme und Rüstungen drängten zum Kampf, in dem Uria getötet werden
sollte. Uria selber stürzte vom Pferd – wie ein Taucher, der seine Technik noch
nicht beherrscht – , unter der Wirkung eines Hiebs, den einer der gegnerischen
Ritter ihm in die Leibesmitte versetzt hatte. Das Schwert hatte seinen Körper
zur Hälfte durchschnitten, so daß der arme Mann in zwei Teile
auseinanderklaffte und eine gewaltige Menge realistisch gemalter, zinnoberroter
Würmer, welche die Gedärme sein sollten, gräßlich seinem Innern entquoll.
    Gawaine saß mißmutig auf einer der
Seitenbänke, die für Bittsteller bestimmt waren; er hatte die Arme gekreuzt,
sein Gesicht war dem Arras-Teppich zugewandt. Gaheris spielte, auf dem
Langtisch hockend, mit den Bändern einer ledernen Falkenhaube. Er versuchte,
sie so zu verändern, daß sie enger anlagen, und da die Anordnung der Schnüre
äußerst kompliziert war, hatte er sich völlig verheddert. Gareth stand neben
ihm, begierig, die Haube in seine Hände zu bekommen, da er sicher war, die
Sache in
Ordnung bringen zu können. Mordred, weißen Gesichts, den Arm in der Schlinge,
lehnte an einer Fensterbrüstung und blickte hinaus. Er hatte noch immer
Schmerzen.
    »Es müßt’ unterm Schlitz durchgehn«, sagte
Gareth.
    »Ich weiß, ich weiß. Aber ich versuche,
dies zuerst durchzuschieben.«
    »Laß mich’s doch mal versuchen.«
    »Augenblick. Ich krieg’s gleich hin.«
    Vom Fenster her sagte Mordred: »Der Scharfrichter
tritt bald in Aktion.«
    »Ja?«
    »Es wird ein grausamer Tod«, sagte er.
»Sie verwenden abgelagertes Holz, und da gibt’s keinen Rauch. Sie wird also
verbrennen, ehe sie erstickt.«
    »So also glaubst du«, bemerkte Sir Gawaine
mürrisch.
    »Arme alte Frau«, sagte Mordred. »Fast
könnte sie einen dauern.«
    Gareth wandte sich ihm wütend zu.
    »Daran hättest du früher denken sollen.«
    »Jetzt ganz oben«, sagte Gaheris.
    »Meines Wissens«, fuhr Mordred fort, fast
nur mit sich selber sprechend, »meines Wissens muß unser Lehnsherr der
Exekution von seinem Fenster aus zusehn.«
    Gareth verlor die Beherrschung.
    »Kannst du denn nicht eine Minute den Mund
halten? Man könnt’ ja meinen, es mache dir Spaß, zuzusehen, wie Menschen
verbrannt werden.«
    Mordred entgegnete geringschätzig: »So ist
es. Du hältst es nur nicht für schicklich, dir das einzugestehn. Man wird sie
verbrennen, wie’s ihr gebührt.«
    »Um Gottes willen, sei still.«
    Gaheris sagte auf seine ruhige Art: »Ich
glaube nicht, daß du dir Sorgen zu machen brauchst.«
    Blitzschnell drehte Mordred sich zu ihm
um.
    »Was meinst du damit – er braucht sich
keine Sorgen zu machen?«
    »Natürlich braucht er sich keine Sorgen zu
machen«, sagte Gawaine ärgerlich. »Glaubst du vielleicht, daß Lanzelot ihr
nicht zu Hilfe kommt? Der ist kein Feigling – das steht fest.«
    Mordred überlegte rasch. Seine ruhevolle
Pose am Fenster hatte nervöser Erregtheit Platz gemacht.
    »Wenn er versucht, sie zu retten, gibt’s
einen Kampf. König Arthur wird gegen ihn kämpfen müssen.«
    »König Arthur wird von hier aus zusehn.«
    »Aber das ist doch unglaublich!« rief er
aus. »Willst du damit sagen, daß es Lanzelot erlaubt sein soll, unter unsern
Nasen mit der Königin zu verschwinden?«
    »Genau das wird passieren.«
    »Aber dann wird ja keiner bestraft!«
    »Guter Gott, Mann«, sagte Gareth laut. »Willst du die Frau denn verbrennen sehn?«
    »Ja. Das will ich. Ja, genau. Gawaine,
wirst du vielleicht hier sitzen und zusehn, wie es dahin kommt – nachdem dein
eigner Bruder getötet worden ist?«
    »Ich hab’ Agravaine gewarnt.«
    »Ihr Feiglinge! Gareth! Gaheris! Los,
bringt ihn dazu, daß er was unternimmt! Ihr könnt doch dies nicht geschehen
lassen. Lanzelot hat Agravaine gemordet, euem Bruder!«
    »Wenn ich die Sache recht

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