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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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sie
in die Arme.
    »Jenny, ich werd’ Euch meine edle
christliche Königin nennen. Werdet Ihr stark sein?«
    »Mein Lieber.«
    »Meine gute alte Jenny. Komm, noch einen
Kuß. Ihr seid stets meine Herzensdame gewesen, und wir haben bisher nicht
versagt. Seid nun ohne Furcht. Wenn sie mich töten, denkt an Sir Bors. Alle
meine Brüder und Neffen werden für Euch da sein. Laßt Bors oder Demaris eine
Nachricht zukommen, und sie werden Euch retten, wenn nötig. Sie werden Euch
sicher nach Joyous Gard bringen. Dort könnt Ihr auf meinem eignen Grund und
Boden leben – als die Königin, die Ihr seid. Begreift Ihr?«
    »Wenn Ihr getötet werdet, will ich nicht
gerettet werden.«
    »Doch«, sagte er streng. »Es ist wichtig,
daß jemand überlebt, um in Anstand über uns Auskunft zu geben. Das ist die
schwere Aufgabe, die Ihr zu übernehmen haben werdet. Überdies, es wäre mir
lieb, wenn Ihr beten wolltet.«
    »Nein. Die Gebete wird jemand anderes
sprechen müssen. Wenn sie Euch töten, können sie mich verbrennen. Ich werde
meinen Tod demütig hinnehmen, wie es einer christlichen Königin geziemt.«
    Er küßte sie zärtlich und setzte sie auf
den Stuhl.
    »Zum Diskutieren ist’s nun zu spät«, sagte
er. »Ich weiß, daß Ihr Jenny bleiben werdet, was auch geschieht; und ich bin
nun mal Lanzelot.«
    Dann, noch immer mit den Augen die Kammer
durchsuchend, fügte er geistesabwesend hinzu: »Was sie mit mir machen, ist
nicht wichtig. Aber es ist nicht recht, daß sie’s Euch anlasten.«
    Sie beobachtete ihn und bemühte sich, die
Tränen zurückzuhalten.
    »Ich gab’ meinen Fuß«, sagte er, »hält’
ich dafür nur eine lumpige Rüstung. Und war’s bloß ein Schwert – damit sie an
mich denken könnten.«
    »Lanz, wenn sie mich töten würden und Euch
am Leben ließen – dann war’ ich glücklich.«
    »Und mir wäre hundselend«, gab er zur
Antwort, wobei er fühlte, daß ihn ganz unvermittelt eine fabelhafte Stimmung
überkam. »Nun ja, nun ja, wir werden eben das Beste draus machen müssen.
Schade, daß meine Knochen schon so klapprig sind; aber ich glaub’, mir wird’s
trotzdem Spaß machen!«
    Er stellte die Kerzen auf den Deckel der
Limoges-Truhe, so daß sie hinter seinem Rücken waren, wenn er die Tür öffnete.
Er nahm seinen schwarzen Umhang und legte ihn der Länge nach sorgfältig
vierfach zusammen; dann wickelte er ihn zum Schutz um seine linke Hand und den
linken Unterarm. Er griff sich die Fußbank, die neben dem Bett stand, wog sie
in der Rechten und blickte sich noch einmal im Raume um. Währenddessen waren
die Geräusche draußen immer lauter geworden, und zwei Männer versuchten
offenbar, mit ihren Streitäxten das Holz zu durchschlagen – ein Unterfangen,
dem das über Kreuz vernagelte Holz zähen Widerstand leistete. Er ging zur Tür
und erhob seine Stimme, worauf alsbald Stille entstand.
    »Werte Herren«, sagte er, »laßt das
Gelärme und Getobe. Ich werde die Tür auftun, und dann könnt Ihr mit mir
verfahren, wie’s Euch beliebt.«
    »Dann komm raus«, schrien sie
durcheinander. »Mach die Tür auf!« – »Tu’s endlich!« – »Es nützt dir nichts,
wenn du versuchst, es mit uns allen aufzunehmen.« – »Laß uns ins Gemach.« –
»Wir werden dein Leben schonen, wenn du mitkommst zu König Arthur.«
    Er stemmte seine Schulter gegen die sich
wölbende Tür und schob behutsam den Balken zurück, in die Mauer hinein. Die
Männer auf der anderen Seite hatten aufgehört mit dem Hacken, da sie spürten,
daß etwas geschehen würde. Noch immer gegen die Tür gestemmt, setzte Lanzelot
seinen rechten Fuß fest auf den Boden, etwa zwei Fuß vom Türpfosten entfernt,
und ließ die Tür aufspringen. Sie knallte gegen seinen Fuß, wurde gestoppt, und
durch den Spalt polterte ein einzelner, schwer gewappneter Ritter herein – wie
eine Marionette, die gehorsam dem Fadenzug folgt. Lanzelot schmetterte die Tür
hinter ihm zu, schob den Balken vor, packte den Schwertknauf des Ritters mit
seiner gepolsterten Linken, zerrte ihn zu sich heran, stellte ihm ein Bein,
schlug ihm die Fußbank auf den Kopf und saß ihm im Nu auf dem Brustkasten –
gelenkig wie eh und je. All dies vollzog sich anscheinend in lässiger
Leichtigkeit, als wäre der Bewaffnete der Wehrlose gewesen. Der Turm von einem
Kerl, der, gepanzert von Kopf bis Fuß, hereingedonnert war und eine Sekunde
lang durch den Helmschlitz nach seinem Gegner Ausschau gehalten hatte – dieser
Mann machte den Eindruck braver Gelehrigkeit: er war

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