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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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sind.«
    »Jenny«, fragte er plötzlich, »glaubt Ihr,
daß dies lange dauert?«
    »Was meint Ihr?«
    »Gareth ist eben zu mir gekommen und hat
mich gewarnt: Arthur sei absichtlich fortgegangen, um eine Falle zu stellen,
und Agravaine oder Mordred würden uns auflauern.«
    »So etwas würde Arthur niemals tun.«
    »Das hab’ ich auch gesagt.«
    »Es sei denn, man zwingt ihn dazu«, meinte
sie nachdenklich. »Wie sollte man ihn dazu zwingen?« Sie wich vom Thema ab.
    »Es war nett von Gareth, sich gegen seine
Brüder zu stellen.«
    »Wißt Ihr, ich halte ihn für einen der
nettesten Menschen bei Hofe. Gawaine ist anständig, aber er ist hitzig und
ziemlich nachträgerisch.«
    »Er ist treu.«
    »Ja. Arthur hat oft gesagt: Ist man kein
Orkney, so sind sie furchtbar; ist man aber einer, dann kann man sich gratulieren.
Sie rangeln zwar wie die Katzen, aber sie hängen wirklich aneinander. Es ist
eben ein Clan.«
    Auf Umwegen war die Königin irgendwie
wieder zur Hauptsache gelangt.
    »Lanz«, fragte sie ängstlich, »glaubt Ihr,
daß sie den König vielleicht gezwungen haben könnten?«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Arthur hat einen entsetzlichen
Gerechtigkeitssinn.«
    »Ja. – Ich weiß es nicht.«
    »Und dieses Gespräch letzte Woche. Ich
glaube, er hat uns warnen wollen. – Da! Hört!«
    »Ich höre nichts.«
    »Mir war, als hätte jemand an der Tür
gehorcht.«
    »Ich werde mal nachsehn.«
    Er ging zur Tür und öffnete sie, aber es
war niemand da.
    »Blinder Alarm.«
    »Verriegelt sie.«
    Er schob den Holzbalken vor – eine schwere
Eichenbohle, fünf Zoll stark, die in ein tiefes Loch im dicken Gemäuer glitt.
Er kehrte in den Kerzenschein zurück, teilte das schimmernde Haar in handliche
Strähnen und begann, sie zu Zöpfen zu flechten. Seine Hände bewegten sich wie
Weberschiffchen.
    »Es ist töricht, nervös zu sein«, bemerkte
er.
    Sie aber dachte immer noch nach und antwortete
mit einer Frage.
    »Erinnert Ihr Euch an Tristan und Isolde?«
    »Natürlich.«
    »Tristan hat mit König Markes Frau
geschlafen, und der König hat ihn dafür umgebracht.«
    »Tristan war ein Tölpel.«
    »Ich fand ihn nett.«
    »Darauf hatte er’s angelegt. Aber er war
ein Ritter aus Cornwall. Wie die ändern.«
    »Es hieß, er sei der zweitbeste Ritter der
Welt. Sir Lanzelot, Sir Tristan, Sir Lamorak…«
    »Schnickschnack.«
    »Wieso haltet Ihr ihn für einen Tölpel?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Ihr könnt
Euch nicht erinnern, wie es um das Rittertum bestellt war, ehe Arthur mit
seiner Tafelrunde anfing, und so wißt Ihr nicht, was für ein Genie Ihr geheiratet habt.
Ihr begreift nicht den Unterschied zwischen Tristan und – nun ja, und Gareth,
zum Beispiel.«
    »Welchen Unterschied?«
    »In den alten Tagen war’s eine Sache, die
jeder nach seinem Gusto verstand. Die alten Haudegen, Leute wie Sir Bruce
Saunce Pitié, waren Raubritter. Sie wußten, daß sie in ihrer Rüstung
unverletzbar waren, und sie taten, wie ihnen beliebte. Es herrschte Mord und
Totschlag. Als Arthur auf den Thron kam, waren sie wütend. Er glaubte nämlich
an Recht und Unrecht.«
    »Das tut er noch immer.«
    »Zum Glück hatte er nicht nur diese Idee,
sondern auch einen starken Charakter. Es dauerte an die fünf Jahre, bis er’s
durchsetzte. Es bedeutete, daß die Menschen freundlich sein sollten. Ich muß
einer der ersten Ritter gewesen sein, der die Idee der Freundlichkeit begriffen
hat; ich war jung, und er machte es mir zu einem Teil meiner selbst. Alle sagen
immer, was für ein perfekter, edler Ritter ich sei; aber das hat nichts mit mir
zu tun. Das ist Arthurs Idee. So wollte er die gesamte jüngere Generation
haben, und jetzt ist’s Mode geworden. Es führte zur Grals-Queste.«
    »Und wieso war Tristan ein Tölpel?«
    »Nun ja, er war’s halt. Arthur sagt, er
sei ein Possenreißer gewesen. Er lebte in Cornwall. Er war nicht von Arthur
erzogen worden, hatte aber von der neuen Mode Wind bekommen. Er hatte
mitgekriegt, daß berühmte Ritter sanft zu sein hätten, und so hat er sich wie
wild abgemüht, dieser Mode nachzueifern, ohne sie richtig zu verstehen oder sie
als etwas Neues zu erfühlen. Er war so etwas wie ein Nachahmer. Ein Nachäffer.
Innerlich war er kein bißchen sanft. Zu seiner Frau ist er ekelhaft gewesen;
den armen alten Palomides hat er miserabel behandelt, weil der ein Nigger sei;
und König Marke gegenüber war er höchst unverschämt. Die Ritter aus Cornwall
sind ›Alte‹, und im Grunde waren sie immer gegen Arthurs

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