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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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verschob
unmerklich die Betonung.
    »Ja, es wird uns eine Lehre sein.«
    Der alte Rauhbauz fuhr herum. Er packte
die weiße Hand, als wolle er sie drücken, und sprach mit einiger Verwirrung.
    »Ich hab’ immer gedacht, Agravaines
Teufelei wär’ schuld gewesen – Agravaines und deine. Ich hab’ geglaubt, du
wärst voreingenommen gewesen gegen Sir Lanzelot. Ich bin beschämt.«
    »Blut ist dicker als Wasser.«
    »Das ist es, Mordred. Da kann jemand von
Idealen schwätzen, von Recht und Unrecht und all dem – aber am Ende kommt’s auf
die eigenen Leute an. Ich erinner’ mich noch, wie Gareth den winzigen
Obstgarten des Pfaffen geplündert hat, dort beim Kliff…«
    Er verlor sich in Gedanken, bis der Hagere
ihn wieder auf die richtige Spur brachte.
    »Seine Haare waren fast weiß, als er ein
Junge war – so hellblond waren sie.«
    »Kay hat ihn Schönhand genannt.«
    »Das sollte eine Beleidigung sein.«
    »Aye, aber es stimmte. Schöne Hände hat er gehabt.«
    »Und jetzt liegt er unter der Erde.«
    Gawaine lief rot an, bis unter die
Augenbrauen; an den Schläfen schwollen die Adern.
    »Gott’s Fluch auf sie! Ich will diesen
Frieden nich’. Ich werd’ ihnen nich’ vergeben. Wieso sollt’ König Arthur dies
beiseitefegen wollen? Was hat der Papst damit zu schaffen? Mein Bruder war’s,
den sie gemetzelt haben, nicht ihrer. Und bei Gott: ich werd’ Vergeltung üben!«
    »Lanzelot wird dir durch die Finger
schlüpfen. Der ist zu glatt, als daß man ihn halten könnte.«
    »Der wird mir nicht entschlüpfen. Diesmal
halten wir ihn fest. Die Cornwalls haben zuviel vergeben.«
    Mordred rutschte weiter vor.
    »Hast du je daran gedacht, was die Tafel
an Cornwall und Orkney verbrochen hat? Arthurs Vater hat unseren Großvater
umgebracht. Arthur hat unsere Mutter verführt. Und Lanzelot hat drei unserer
Geschwister getötet, alle außer Florence und Lovel. Und hier sitzen wir und
verkaufen unsere Ehre, damit die zwei Engländer sich versöhnen. Das ist doch
feige!«
    »Nein, feig ist’s nich’. Der Papst kann
den König zwingen, seine Königin zurückzunehmen. Aber von Sir Lanzelot steht in
den Bullen kein einzig Wort. Wir haben ihm freies Geleit gewährt, die Frau zu
bringen, und wir werden ihn auch gehen lassen. Aber danach…«
    »Weshalb sollten wir ihn jetzt noch
entkommen lassen?«
    »Weil er freies Geleit hat. Herr des
Himmels, Mordred, Mann, wir sind Rittersleut!«
    »Wir dürfen uns nicht schmutzigen Waffen
beugen – auch wenn unsre Feinde das tun.«
    »Aye, genau. Wir werden den Keiler laufen lassen und ihn dann zu
Tode hetzen. Arthur ist schwach geworden; er wird uns zu Willen sein.«
    »Es ist traurig«, sagte Sir Mordred, »wie
dem armen König alles aus den Händen gleitet, seit diese ganze Geschichte
begonnen hat.«
    »Aye, traurig ist’s. Aber den Unterschied zwischen Recht und
Unrecht kennt er noch.«
    »Es ist eine Abwechslung für ihn.«
    »Du meinst – seine Macht zu verlieren?«
    »Du bist heute so schnell im Erraten.«
    Seine Sarkasmen kamen ihm leicht über die
Lippen, so leicht, wie man einen Blinden in die Irre führt.
    »Er kann doch nich’ mal so, mal so. Er
hätt’ sich von Anfang an nich’ auf die Seite des Verräters schlagen soll’n.«
    »Und er hätte Gin nicht heiraten dürfen.«
    »Aye. Die Schuld liegt bei ihnen. Wir sind’s ja nicht, die den
Streit haben wollten.«
    »Ganz richtig.«
    »Der König muß auf Gerechtigkeit bestehn.
Auch wenn Seine Heiligkeit ihn zwingen würde, die Frau wieder ins Bett zu
nehmen – wir haben immer noch unser Recht gegenüber Sir Lanzelot. Mann, er hat
schweren Verrat geübt, als er die Königin nahm, und ebenso, als er unsre Brüder
gemeuchelt.«
    »Und ob wir im Recht sind!«
    Der stämmige Bursche packte wieder die
Hand des anderen, nahm die blasse Flosse zwischen seine schwieligen
Totengräberpratzen. Mühsam brachte er hervor: »Traurig, todtraurig war’s,
allein zu sein.«
    »Wir haben dieselbe Mutter gehabt,
Gawaine.«
    »Aye.«
    »Und Gareth’s Mutter war sie auch – «
    »Da kommt der König.«
    Das Festspiel der Versöhnung hatte seinen
letzten Akt erreicht. Unter dem Schmettern der Drommeten im Hof stiegen die
Würdenträger der Kirche und des Staates die Stufen herauf. Die Höflinge,
Bischöfe, Herolde, Pagen, Richter und Zuschauer parlierten, während sie Einzug
hielten. Der Kubus der Gobelins, zuvor ein leeres Gefäß, erblühte mit ihrer Gegenwart.
Er erblühte mit kahlgesichtigen Damen, deren Kopfbedeckungen wie

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