Der König auf Camelot
Mondsicheln
aussahen oder wie Kegel oder wie die wunderliche Haartracht der Herzogin aus Alice
im Wunderland. Mit hellen Miedern, die Taille unter den Achseln, mit langen
Röcken und wallenden Ärmeln, in carmelin de Tripoli oder Taft oder rosete, fluteten die lieblichen Geschöpfe zu ihren Plätzen – in einer Duftwolke aus
Myrrhen und Honig, womit sie sich den Mund gespült hatten. Ihre Galane – junge
Knappen, nach neuester Mode gekleidet, viele von ihnen mit Mordreds Schläger-Abzeichen
– schritten geziert in ihren langschnäbligen Schuhen herein, mit denen man
unmöglich eine Treppe ersteigen konnte. Sie hatten sie unten ausgezogen, und
ihre Pagen hatten sie ihnen nach oben getragen. Der nachhaltigste Eindruck, den
die jungen Leute vermittelten, war der von Beinen in Strümpfen. (Man hatte es
sogar für nötig befunden, ein Gesetz zu erlassen, welches vorschrieb, die
Jäckchen der Herren müßten so lang sein, daß sie wenigstens die Hinterbacken
bedecken.) Dann erschienen würdige Ratsmitglieder mit ungewöhnlichen Hüten, die
teils wie Teewärmer aussahen, teils wie Turbane, Vogelschwingen oder Muffs. Die
Gewänder dieser Herren waren plissiert und wattiert, hatten gekräuselte Kragen
und Epauletten und juwelenbesetzte Schärpen. Geistliche traten auf, mit
adretten kleinen Käppchen, die ihnen die Tonsur warmhalten sollten; sie trugen
nüchterne Kleidung, deren Strenge seltsam abstach vom Stil der Laienschaft. Ein
von weither angereister Kardinal zeigte sich mit dem glorreichen,
troddelgeschmückten Hut, der noch heute das Briefpapier des Wolsey’s College zu
Oxford ziert. Pelze jeder Art gab es, sogar ein hübsches Arrangement von
schwarzer und weißer Schafwolle, in kontrastierenden Rhomben vernäht. Die Menge
der Plaudernden machte einen Lärm wie ein Starenschwarm.
Dies war der erste Teil der Veranstaltung.
Der zweite begann mit neuerlichen, diesmal näher erschallenden Drommetenstößen.
Alsdann kamen etliche Zisterzienser, Sekretäre, Diakone und anderes geistliches
Volk, alle mit Tinte beladen (aus der Rinde des Schwarzdorns gekocht), mit
Pergament, Streusand, päpstlichen Bullen, Federn und Federmessern, wie sie die
Schreiber in der linken Hand zu halten pflegten, während sie mit der rechten
schrieben. Auch Kerbhölzer hatten sie, sowie die Protokolle der letzten
Zusammenkunft.
Als nächster betrat der Bischof von
Rochester, frisch zum Nuntius ernannt, den Saal. Er kam im vollen Staat eines
päpstlichen Gesandten, wenngleich er seinen Baldachin unten gelassen hatte. Er
war ein seidenhaariger alter Herr mit Chorrock und Bischofsstab, Albe und Ring
– so weltklug wie priesterlich, der geistlichen Macht vollauf bewußt.
Endlich waren die Drommeten an der Tür:
England kam. Im schweren Hermelin, der seine Schultern und seinen linken Arm
bedeckte und als schmaler Streifen am rechten herabwallte, im Mantel aus blauem
Samt und mit der erdrückenden Krone, gewichtig vor Würde und unterstützt, fast
im wörtlichen Sinne unterstützt, von dienstbaren Begleitern – so wurde der
König zum Thron auf der Estrade geführt, dessen Baldachin golden erstrahlte,
bestickt mit roten, riesig gereckten Drachen. Und hier, indes die Menge sich
teilte, wurden Gawaine und Mordred ihm vorgeführt. Er sank nieder, wo man ihn
hinsetzte. Der Nuntius, der stehend verharrt war, setzte sich ebenfalls, dem
König gegenüber, auf einen mit Weiß und Gold behangenen Thron. Das
Stimmengewirr erstarb.
»Sind wir bereit zu beginnen?«
Rochesters priesterliche Stimme linderte
die Spannung:
»Die Kirche ist bereit.«
»Der Staat desgleichen.«
Das war Gawaines Gegroll, eine Spur
aggressiv.
»Sollten wir noch irgend etwas regeln, ehe
sie kommen?«
»Ist alles geregelt.«
Rochester wandte dem Laird von Orkney
seine Augen zu.
»Wir sind Sir Gawaine verbunden.«
»Seid uns willkommen.«
»In diesem Falle«, sagte der König,
»werden wir Sir Lanzelot melden, daß der Hof ihn erwartet.«
»Bedivere, laßt die Gefangenen holen.«
Es fiel auf, daß Gawaine sich angewöhnt
hatte, für den Thron zu sprechen, und daß Arthur ihn gewähren ließ. Der Nuntius
jedoch war weniger willfährig.
»Einen Augenblick, Sir Gawaine. Ich muß
darauf hinweisen, daß die Kirche diese Personen nicht als Gefangene betrachtet.
Die Mission Seiner Heiligkeit, die ich vertrete, ist eine der Befriedung –
keine der Rache.«
»Die Kirche mag die Gefangenen gern
betrachten, wie ihr beliebt. Wir sind bereit, zu tun, wie die Kirche sagt, doch
werden
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