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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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er seine
Fingerspitzen und bewegte sie hin und her, als hätte er sie noch nie gesehen.
    »Dann bestand er das Abenteuer mit dem
Grünen Ritter, und da merkten wir, was in ihm steckte…
    Der feine Gareth«, sagte er, fast
erstaunt. »Und ich hab’ ihn auch getötet, mit derselben Hand. Weil er sich
weigerte, gewappnet gegen mich anzutreten. Was sind die Menschen nur für
scheußliche Geschöpfe! Sehen sie eine Blume, wenn sie über die Felder gehn,
schlagen sie ihr mit einem Stock den Kopf ab. Genau so ist Gareth ums Leben
gekommen.«
    Gequält ergriff Ginevra seine
schuldbehaftete Hand.
    »Ihr konntet’s doch nicht ändern.«
    »Ich hätt’s ändern können.« Er war wieder
in seinem religiösen Elend. »Es war meine Schuld. Ihr habt recht: Es war mir
nicht ähnlich. Es war meine Schuld, meine Schuld, meine elende Schuld. Es kam,
weil ich in der Menge um mich hieb.«
    »Ihr mußtet das Rettungswerk vollbringen.«
    »Ja, aber ich hätte nur gegen die
gewappneten Ritter zu kämpfen brauchen. Statt dessen habe ich mich mit den
halbbewaffneten Fußsoldaten angelegt, die keine Chance hatten. Ich war cap-à-pied, und sie waren in cuir-bouillé: bloß Leder und Piken. Aber ich hab’
auf sie eingeschlagen, und Gott hat uns gestraft. Das kam, weil ich meine
Ritterlichkeit vergessen hatte, und so ließ Gott mich den armen Gareth töten
und Gaheris desgleichen.«
    »Lanz!« sagte sie scharf.
    »Jetzt stecken wir in diesem teuflischen
Dilemma«, fuhr er fort, ohne auf sie zu hören. »Jetzt muß ich gegen meinen
eigenen König kämpfen, der mich zum Ritter geschlagen und mir alles beigebracht
hat, was ich kann. Wie kann ich gegen ihn kämpfen? Wie kann ich gegen Gawaine
kämpfen? Ich habe drei seiner Brüder getötet. Was kann ich dem noch hinzufügen?
Aber Gawaine wird nicht ablassen. Jetzt wird er nicht mehr verzeihn. Ich nehm’s
ihm gar nicht übel. Arthur würde uns vergehen, aber Gawaine wird’s verhindern.
Ich muß mich in diesem Loch belagern lassen wie ein Feigling, da außer Gawaine
keiner kämpfen will, und dann kommen sie draußen mit ihren Fanfaren und singen:
     
    Falscher Wicht,
    Komm ans Licht!
    Ha! Ha! Ha! «
     
    »Es ist doch ganz einerlei, was sie
singen. Ihr werdet doch nicht dadurch zum Feigling, daß sie so etwas singen.«
    »Und meine eigenen Mannen fangen langsam
auch an, so zu denken. Bors, Blamore, Bleoberis, Lionel – sie fordern ständig,
daß ich hinausgehn und kämpfen soll. Und wenn ich tatsächlich hinausgehe – was
geschieht dann?«
    »Nach meiner Erfahrung«, sagte sie,
»geschieht folgendes: Ihr schlagt sie, gebt sie dann frei und bittet sie, nach
Hause zu gehen. Jedermann achtet Eure Güte.«
    Er barg sein Gesicht in der Armbeuge.
    »Wißt Ihr, was im letzten Kampf geschah?
Bors hatte eine Tilte mit dem König und hob ihn aus. Er sprang vom Pferd und
stellte sich mit gezogenem Schwert über Arthur. Ich sah das und galoppierte wie
wild dorthin. Bors sagte: ›Soll ich diesem Krieg ein Ende machen?‹ – ›Untersteh
dich!‹ hab’ ich geschrien. ›Hüte dich ja, wenn dir dein Leben lieb ist.‹ – So
haben wir Arthur wieder auf sein Pferd gehoben, und ich habe ihn angefleht,
hab’ ihn auf den Knien angefleht, er solle fortgehn. Arthur fing an zu weinen.
Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er starrte mich an und sagte nichts.
Er sieht viel älter aus. Er will nicht gegen uns kämpfen – Gawaine aber will’s.
Gawaine war einst auf unsrer Seite, aber ich habe in meiner Verderbtheit seine
Brüder erschlagen.«
    »Vergeßt Eure Verderbtheit. Es ist
Gawaines schwarzes Wesen und Mordreds Tücke.«
    »Wenn’s nur Gawaine wäre«, klagte er,
»dann gab’s immer noch Hoffnung auf Frieden. Er ist im Grunde anständig. Er ist
ein guter Mensch. Aber Mordred ist immer um ihn herum und stichelt, bis er
außer sich ist. Und dann ist da der gesammelte Haß der Galen und Gallier; dazu
dieser ›Neue Orden‹ von Mordred. Ich seh’ kein Ende ab.«
    Zum hundertsten Male schlug die Königin
vor: »War’s nicht richtig, wenn ich zu Arthur zurückkehren und mich ihm
ausliefern würde?«
    »Wir haben’s ihnen angeboten, und sie
haben abgelehnt. Es hat keinen Sinn, es noch einmal zu versuchen. Und
wahrscheinlich würden sie Euch, trotz allem, dann doch noch verbrennen.«
    Sie ging vom Kamin zu der großen
Schießscharte hinüber. Draußen, tief drunten, erstreckten sich die
Belagerungswerke. Im feindlichen Lager spielten, winzig klein, ein paar
Soldaten auf einem gefrorenen Teich ›Fuchs

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