Der König auf Camelot
und Gans‹. Ihr helles Gelächter
klang herauf – gedämpft durch die Entfernung, längst gelöst von den Stürzen
dort, die den Heiterkeitsausbruch bewirkt hatten.
»Die ganze Zeit geht der Krieg weiter«, sagte
sie, »und Fußsoldaten werden getötet, die keine Ritter sind. Aber kein Hahn
kräht danach.«
»Die ganze Zeit.«
Ohne sich umzuwenden, sagte sie: »Ich
glaube, ich werde zurückgehn, Lieber, und es riskieren. Auch wenn ich verbrannt
würde, war’s immer noch besser als dies allgemeine, endlose Elend.« Er folgte
ihr ans Fenster.
»Jenny, ich würde mit Euch gehn, wenn’s
irgendeinen Sinn hätte. Wir könnten miteinander gehn und uns den Kopf
abschlagen lassen, wenn Hoffnung bestünde, dadurch den Krieg zu beenden. Aber
alle sind übergeschnappt. Wenn wir uns ergäben und getötet würden – Bors und
Ector und die ändern würden die Fehde weiterführen. Außerdem stehen noch
hundert Neben-Fehden aus: wegen der Leute, die wir auf dem Marktplatz und auf
der Treppe getötet haben, und wegen aller möglichen Dinge, die im letzten
halben Jahrhundert geschehen sind und zu Arthurs Geschichte gehören. Bald werde
ich sie ohnehin nicht mehr zurückhalten können. Hebes le Renoumes, Villiers the
Valiant, Urre vom Ungarland – sie würden anfangen, uns zu rächen, und alles
würde noch schlimmer. Urre ist schrecklich dankbar.«
»Die Zivilisation scheint durchgedreht zu
sein«, sagte sie.
»Ja, und es scheint, als hätten wir dazu
beigetragen. Bors und Lionel und Gawaine verwundet, und jedermann blutrünstig.
Ich muß mit meinen Rittern einen Ausfall machen und so tun, als wollte ich
angreifen. Vielleicht wird Arthur gegen mich aufgestachelt, oder Gawaine kommt,
und dann muß ich mich mit meinem Schilde schützen und mich verteidigen, ohne
zurückzuschlagen. Die Männer bemerken es und sagen, daß ich mir keine Mühe gebe
und so den Krieg verlängere, was die Sache für sie noch schlimmer macht.«
»Was sie sagen, stimmt.«
»Natürlich stimmt’s. Die Alternative aber
wäre, daß ich Arthur und Gawaine töten müßte – und wie könnte ich das? Wenn
Arthur Euch zurücknähme und abzöge, war’s immer noch besser als dies.«
Zwanzig Jahre zuvor wäre sie bei einem
solch taktlosen Vorschlag vermutlich aufgebraust. Jetzt jedoch, im Herbst ihres
Lebens, war sie allenfalls belustigt.
»Jenny, es ist schlimm, so etwas zu sagen.
Aber es stimmt.«
»Natürlich stimmt’s.«
»Es sieht ganz so aus, als behandelten wir
Euch wie eine Attrappe.«
»Wir sind allesamt Attrappen.«
Er legte seinen Kopf an den kalten Stein
der Leibung, bis die Königin seine Hand ergriff.
»Denkt nicht daran. Bleibt auf der Burg
und habt Geduld. Vielleicht hat Gott ein Einsehen mit uns.«
»Das habt Ihr schon einmal gesagt.«
»Ja. In der Woche, ehe sie uns
überraschten.«
»Und wenn Gott uns nicht hilft«, bemerkte
er bitter, »dann tut’s vielleicht der Papst.«
»Der Papst!«
Er blickte auf.
»Was ist?«
»Was Ihr da gesagt habt, Lanz… Wenn der
Papst nun an beide Seiten Bullen schickte, des Inhalts, daß er uns
exkommunizieren werde, falls wir uns nicht einigen? Wenn wir um eine päpstliche
Entscheidung nachkämen? Bors und die ändern müßten sie akzeptieren. Er könnte
doch…«
Er sah sie an, während sie ihre Worte
wählte.
»Er könnte den Bischof von Rochester dazu
berufen, die Friedensbedingungen festzulegen…«
»Aber was für Bedingungen?«
Sie hatte an ihrer eigenen Idee Gefallen
gefunden und war Feuer und Flamme.
»Lanz, wir beide müßten sie annehmen, wie
auch immer sie aussehen mögen. Auch, wenn sie schlecht wären… auch dann, wenn
sie schlimm für uns wären, würden sie dem Volke Frieden bringen. Und unsre
Ritter hätten keinen Vorwand mehr, die Fehde fortzuführen. Sie müßten der
Kirche gehorchen…«
Er fand keine Worte.
»Also?«
Sie wandte sich ihm zu, mit einem Ausdruck
der Gefaßtheit und Erleichterung – mit dem tüchtigen und unpathetischen
Gesichtsausdruck, den Frauen bekommen, wenn sie ihr Kind stillen oder einer
anderen befriedigenden Tätigkeit nachgehen. Er wußte nicht, was er sagen
sollte.
»Wir könnten morgen einen Boten schicken«,
meinte sie.
»Jenny.«
Es war ihm unerträglich, daß sie, die
nicht mehr die Jüngste war, sich von einem zum andern schieben ließ;
unerträglich, daß er sie verlieren oder nicht verlieren sollte. Zwischen dem
Männerleben und ihrer Liebe und seinen alten Totems fand er sich hilflos
verstrickt – was ihm blieb, war nichts als
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