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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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ausgefochten. Die ganze Gemeinschaft wird
ausgelöscht.« Er lächelte, hellauf entzückt.
    »Unglaublich«, sagte sie und preßte das
bestickte Tüchlein zusammen.
    Es gab nichts, was sie hätte tun können.
Einen Augenblick lang ging es ihr durch den Kopf, ob er sich nicht vielleicht besänftigen
ließe, wenn sie sich vor ihm erniedrigen
würde, wenn sie vor ihm auf ihre steifen alten Knie
fiele und um Gnade bettelte. Aber das war augenscheinlich hoffnungslos. Er war
auf eine Linie fixiert, die man ihm vorgeschrieben hatte. Was er sagte, war ein
fertiger Rollentext. Er würde seinen Part zu Ende spielen, exakt nach dem
Manuskript.
    »Mordred«, sagte sie hilflos, »habt
Mitleid mit den Leuten im Land, wenn Ihr’s schon nicht mit Arthur oder mir
habt.«
    Er schob den Mops von seinem Schoß, stand
auf und lächelte sie mit irrer Befriedigung an. Er reckte sich und blickte auf
sie herab, ohne sie anzusehen.
    »Mit Euch sollt’ ich natürlich Mitleid
haben«, sagte er, »wenn schon nicht mit Arthur.«
    »Was heißt das?«
    »Ich habe an etwas Musterhaftes gedacht,
Jenny, an ein schlicht-klassisches Muster.«
    Sie beobachtete ihn, ohne etwas zu sagen.
    »Ja. Mein Vater hat mit meiner Mutter
Blutschande getrieben. Meinst du nicht, Jenny, es wäre musterhaft, wenn ich,
zur Antwort darauf, meines Vaters Frau heiraten würde?«
     
     
     
    KAPITEL 12
     
     
    In Gawaines Zelt war es dunkel – abgesehen
von einer flachen Pfanne mit Holzkohlenglut, die es von unten her spärlich
erhellte. Das Zelt war, verglichen mit den prächtigen Pavillons der englischen
Ritter, dürftig und schäbig. Auf der harten Lagerstatt befanden sich ein paar
Decken mit dem Karo des Orkney-Clans, und die einzigen Zierstücke im Raum waren
eine Bleiflasche mit heiligem Wasser, das er als Arznei einnahm (Optimus
egrorum, medicus fit Thomas bonorum, stand auf dem Gefäß), und ein Büschel
verdorrten Heidekrauts, das an den Zeltpfosten gebunden war. Diese beiden Dinge
waren seine Hausgötter.
    Gawaine lag, das Gesicht nach unten,
ausgestreckt auf den Plaids. Der Mann weinte, langsam und hoffnungslos, während
Arthur, der neben ihm saß, seine Hand streichelte. Seine Verwundung mußte ihn
wohl geschwächt haben, sonst hätte er nicht geweint. Der alte König versuchte,
ihn zu besänftigen, ihn zu trösten.
    »Grämt Euch nicht, Gawaine«, sagte er.
»Ihr tatet Euer Bestes.«
    »Es ist das zweite Mal, daß er mich
schonte. Das zweite Mal in einem Monat.«
    »Lanzelot war immer schon stark. Die Jahre
scheinen ihm nichts anhaben zu können.«
    »Weshalb kann er mich da nich’ töten? Ich
hab’ ihn angefleht, er sollt’s gutsein lassen. Ich hab’ ihm gesagt: wenn er
mich verschonen tät’, würden sie mich wieder zusammenflicken, und wenn ich
halbwegs gesund wär’, tät ich neuerlich mit ihm kämpfen.« Unter Tränen fügte er
hinzu:
    »Ach Gott, mein Kopf tut wirklich und
wahrhaftig weh!« Arthur sagte mit einem Aufseufzen: »Weil Ihr beide Hiebe auf
dieselbe Stelle bekommen habt. Das war Pech.«
    »Man schämt sich.«
    »Denkt nicht daran. Liegt still, sonst
fiebert Ihr wieder und werdet lange Zeit nicht kämpfen können. Was sollen wir
dann anfangen? Ohne unsern Gawaine, der den Kampf für uns führt, wären wir
verloren.«
    »Ich bin nur ein Mann aus Stroh, Arthur«,
sagte er. »Ich bin bloß ein Kerl, dem sein Temperament durchgehn tut, un’ ich
kann ihn nich’ töten.«
    »Die Menschen, die von sich behaupten, sie
taugten nichts, sind stets die besten. Laßt uns das Thema wechseln und über
etwas Angenehmes reden. Zum Beispiel über England.«
    »England werden wir nimmer wiedersehn.«
    »Unsinn! Genau zum Frühling werden wir in
England sein. Und beinahe ist’s schon Frühling. Die Schneeglöckchen werden
längst rausgekommen sein, und ich möcht’ wetten, daß Ginevra schon Krokusse
hat. Sie ist eine gute Gärtnerin.«
    »Ginevra war mir wohlgesinnt.«
    »Meine Gin ist jedem wohlgesinnt«, sagte
der König stolz. »Ich würde gern wissen, was sie jetzt tut. Wird wohl zu Bette
gehn, nehme ich an. Oder vielleicht ist sie noch auf und unterhält sich mit
Euerm Bruder. Es wäre doch ganz hübsch, wenn sie sich jetzt gerade über uns unterhielten.
Vielleicht sprechen sie mit Bewunderung von Gawaines Tapferkeit. Oder Gin sagt
vielleicht, sie wünsche, ihr alter Mann käme bald heim.« Gawaine regte sich
ruhelos auf der Bettstatt.
    »Ich hätt’ Lust, nach Hause zu gehn«,
murmelte er. »Wenn Lanzelot den Orkney-Clan haßt, wie Mordred

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