Der König auf Camelot
Mannes arbeiteten.
Sie führten ihn nirgendwohin: sie kehrten zu sich selbst zurück und liefen
dieselbe Strecke noch einmal. Aber sie waren ihm so zur Gewohnheit geworden,
daß er nicht aufzuhören vermochte. Er geriet in einen weiteren Kreis.
Vielleicht war die Hauptursache des
Krieges der Besitz, wie John Ball, der Kommunist, gesagt hatte. »Die Dinge gehn
nich gut in Englonde«, hatte er erklärt, »noch wern sie gut gehn, bys alls wird
gemeyn, un denn sin keine Gemeyne mehr noch Edelleut.« Vielleicht wurden Kriege
geführt, weil die Menschen sagten: mein Königreich, meine Frau, mein Geliebter, mein Eigentum. Dies war’s, was er und Lanzelot und all
die anderen insgeheim gedacht hatten. Solange die Menschen versuchten, einzelne
Dinge nur für sich zu besitzen, sogar Ehre und Seele, würde es möglicherweise
ewig Kriege geben. Der hungrige Wolf würde stets das fette Rentier überfallen,
der arme Mann würde den Bankier berauben, der Leibeigene würde Aufstände gegen
die höhere Klasse anzetteln, und die mittellose Nation würde die wohlhabende
bekämpfen. Vielleicht gab es Kriege nur zwischen denen, die hatten, und denen,
die nicht hatten. Dagegen sprach jedoch die Tatsache, daß niemand den Zustand
des ›Habens‹ exakt definieren konnte. Ein Ritter in silberner Rüstung würde
sich augenblicklich als Habenichts bezeichnen, wenn er einen Ritter mit
goldener träfe.
Aber, dachte er, nehmen wir vorläufig mal
an, daß dieses ›Haben‹, wie immer definiert, der Kern des Problems wäre.
Ich habe, und Mordred hat nicht. Er
widersprach sich selbst sogleich mit Nachdruck: Es ist nicht fair, es so
auszudrücken, als ob Mordred oder ich die Urheber des Sturmes wären. Denn in
Wirklichkeit sind wir bloß Galionsfiguren vermischter Mächte, hinter denen eine
geheime Antriebskraft am Werke scheint. Es ist, als wirke ein Impuls im Gefüge
der Gesellschaft. Mordred wird jetzt, fast hilflos, von Leuten vorangedrängt,
die so zahlreich sind, daß man sie nimmer zählen kann: von Leuten, die an John
Ball glauben, in der Hoffnung, sie könnten über ihre Mitmenschen Gewalt
gewinnen, indem sie erklären, daß alle gleich seien – oder von Leuten, die in
jedem Aufruhr eine Chance sehen, ihre eigene Macht zu vergrößern. Es scheint
von unten zu kommen. Balls Leute und Mordreds Leute sind die Benachteiligten,
die nach oben wollen; genauso die Ritter, die keine Anführer der Tafelrunde
waren und sie deshalb haßten; oder die Armen, die reich werden möchten; oder
die Machtlosen, die nach Macht streben. Und meine Männer, für die ich nichts
weiter bin als eine Standarte oder ein Talisman, sind die Ritter, die Führer
waren – die Reichen, die ihren Besitz verteidigen, die Mächtigen, die ihre
Macht nicht loslassen wollen. Es ist ein Zusammenprall der Habenden und der Habenichtse,
ein wahnwitziger Zusammenstoß von Menschenmassen, nicht von Führern. Aber
lassen wir das. Nehmen wir einmal an, Krieg entstehe allgemein aus dem ›Haben‹.
In diesem Falle wäre es das einzig Richtige, überhaupt jedes ›Haben‹ zu
verweigern. Dies, so hatte Rochester bisweilen gepredigt, sei Gottes Rat. Er
hatte auf den reichen Mann verwiesen, der mit dem Nadelöhr bedroht wird. Auch
die Geldwechsler hatte er erwähnt. Deshalb dürfe die Kirche sich nicht zu sehr
in die trübseligen Angelegenheiten der Welt einmischen; denn die Völker und die
Klassen und die Einzelnen schrien stets: ›mein, mein‹, wo die Kirche, gemäß
ihrem Auftrag, sagen müsse: ›unser‹.
War dies richtig, dann ging es nicht nur
darum, den Besitz als solchen mit anderen zu teilen. Es galt dann, alles zu
teilen, auch Gedanken, Gefühle, Leben. Gott hatte den Menschen geboten, daß sie
aufhören müßten, als Individuen zu leben. Sie müßten im Strom des Lebens
aufgehen, wie ein Tropfen, der in den Fluß fällt. Gott hatte verkündet, daß nur
diejenigen, die fähig sind, ihr eigensüchtiges Selbst aufzugeben, ihre
unwichtige Individualität voll Glück und Leid, einst in Frieden sterben und den
Kreis betreten würden. Er, der sein Leben hatte, wurde aufgefordert, es zu
verlieren.
Doch in dem alten weißen Haupt war etwas,
das die göttliche Ansicht nicht akzeptieren mochte. Ein Magenkrebs läßt sich
freilich leicht ausschalten, wenn man überhaupt auf den Magen verzichtet.
Entschloß man sich zu Radikalkuren, konnte man alles ausschneiden – auch das
Leben, mit ein und demselben Schnitt. Eine Idealempfehlung, der naturgemäß
niemand folgen konnte, war so gut
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