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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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schicken,
denn es gab keinen erfahreneren Experten nach dessen Dafürhalten. Zu dieser
Zeit wohnte Merlin nahe der Quelle von Labenes. Diese Quelle entspringt an
einem verborgenen Ort, tief in Wales, aber ich weiß nicht wo, denn ich bin nie
selbst dagewesen.
    Merlin kam auf der Stelle zum König, und
dieser hieß ihn freudig willkommen und erwies ihm alle Ehren.
    Er verwöhnte ihn und bestürmte ihn, ihm
etwas über den Lauf der Dinge, die noch kommen werden, zu verraten, denn
Neugier kitzelte ihn im Ohr. »Sire«, erwiderte Merlin, »das werde ich nicht
tun. Ich wage es nicht, von solch furchtbaren Dingen zu sprechen. Sollte Gier
oder Unbedachtsamkeit mir die Zunge lösen, sollte die Eitelkeit mich zu
dergleichen verführen, dann möge der Geist, mit dem ich vertrauten Umgang habe,
mich nicht länger inspirieren und mir den Atem nehmen. Mein Wissen würde sich
von mir trennen, und die Worte, die ich spreche, würden nicht mehr Gewicht
haben als die bei törichtem Geschwätz. Laßt die Zukunft sich um sich selbst
sorgen. Halten wir uns lieber an das, was heute wichtig ist. Wenn Ihr wirklich
etwas Bleibendes schaffen wollt, etwas, von dem die Menschen bis ans Ende aller
Zeiten reden werden, dann laßt den Steinkreis, den ein Riese gesetzt hat, von
Irland hierher schaffen. Dieser Riese hat hart arbeiten müssen. Es sind viele
Steine, und so gewaltig und schwer sind sie, daß starke Männer, Männer unserer
Tage, auch nicht den kleinsten davon aufheben können.«
    Der König lachte laut.
    »Aber Merlin«, sagte er, »wenn die Steine
so schwer zu bewegen sind wie du sagst, wie sollen sie dann meine Arbeiter
hierher schaffen? Gibt es denn nicht in meinem Reich große Steine genug?«
    »König«, erwiderte Merlin, »habt Ihr nie
sagen hören, daß Verstand und Wissen mehr bewirken können als Stärke? Mit
Überlegung und einer entsprechenden Planung bringt man viele Dinge zu einem
guten Ende, die man sonst nicht einmal wagte zu beginnen! Muskeln sind gut,
aber denken zu können, ist besser. Wir werden Geräte bauen, um diese Steine zu
bewegen, und mit Hilfe dieser Geräte werden wir sie an uns bringen. König,
diese Steine sind von Afrika herbeigeschafft worden. Dort wurden sie
ursprünglich behauen.
Der Riese, der sie nach Irland schaffte, machte einen Steintanz aus ihnen, mit
dem er sehr zufrieden sein konnte. Sehr nützlich sind diese Steine, besonders
für Kranke. Die Ärzte in diesem Land haben die Angewohnheit, diese Steine mit
sauberem Wasser zu übergießen. Das Wasser erhitzen sie dann zu einem Bad und
setzen jene hinein, die eine Wunde haben oder an einer Krankheit leiden. Sie
waschen sich in diesem Wasser und sind geheilt. Wie schwer die Wunde auch sein
mag, wie ernst die Krankheit, sie genesen, und eine andere Medizin brauchen sie
nicht.«
    Als der König und seine Briten von der
Heilkraft dieser Steine hörten, wünschten sie sehr, sie zu besitzen. Aber
keiner wagte es, das Abenteuer auf sich zu nehmen und allein jene Steine zu
holen, von denen Merlin so Wunderbares berichtet hatte.
    Sie stachen in See mit fünfzehntausend
Mann, um die Iren mit Krieg zu überziehen und ihnen die Steine fortzunehmen.
    Uther wurde auf seinen eigenen Wunsch hin
zum Anführer bestimmt. Merlin aber zog mit dem Heer, um sich um die
Gerätschaften zu kümmern, mit denen der Transport vonstatten gehen sollte. Also
fuhren Uther und seine Männer hinüber nach Irland auf eine Queste. Als der
König von Irland, der Guillomer hieß, davon Nachricht bekam, daß Fremde in sein
Land eingefallen seien, versammelte er seinen Haushalt und die Iren um sich und
drohte stolz, die Fremden wieder aus dem Reich zu jagen. Nachdem die Iren erfahren
hatten, weswegen die Briten gekommen waren, verspotteten sie sie mit Worten und
Liedern. Denn töricht schien es ihnen, die Mühen einer Seereise und eines
Feldzugs auf sich zunehmen, nur um ein paar nackte Steine zu holen. »Nicht
einen Stein sollen sie haben«, sagten sie, »nicht einen Stein werden sie mit
nach Haus nehmen.«
    Nicht schwer fällt es, verächtliche
Gedanken über einen Gegner zu hegen. Ein anderes aber ist es, ihn mit eigenen
Händen zu besiegen. Die Iren spotteten und drohten und suchten die Fremden, bis
sie sie fanden. Dann stießen die Heere aufeinander. Die Iren waren
friedliebende Leute, wenig erfahren im Gefecht. So blieben die Briten Sieger.
Der König von Irland floh von dem Schlachtfeld. Er reiste von Ort zu Ort, und
nirgends konnte er lange verharren, sonst hätten ihn die

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