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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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behielten die
Wolkenformationen klug im Auge, taxierten Windstärke und -richtung. Die
Admirale schritten, stolz die Bürde ihrer Verantwortung tragend, mit
gewichtigem Schritt auf ihren Achterdecks einher.
    »Warum bin ich unruhig?« fragte er. »Wieso hab’ ich
dies sonderbare Gefühl?«
    »Wart’s ab«, sagte sie geheimnisvoll. »Morgen, vielleicht,
oder übermorgen…«
    Als der Tag kam war alles verändert: Salzmarsch und
Schlamm und Schlick. Der ameisenhafte Mann, der jeden Morgen so geduldig zu
seinen langen Netzen hinausgestapft war – und die Tide im Kopfe hatte, denn
ein Irrtum in der Zeit bedeutete den sicheren Tod –, der hörte Signale am
fernen Himmel. Er sah nicht mehr Tausende auf den Moorflächen, und keine
einzige war auf den Weidegründen, von denen er kam. Auf seine Art war er ein
netter Mensch – denn er blieb stehen und nahm feierlich seinen Lederhut ab. Das
tat er fromm in jedem Frühjahr, wenn die Wildgänse ihn verließen, und in jedem
Herbst, wenn er das erste Gackern der Heimkehrenden hörte.
    Auf einem Dampfer braucht man zwei oder drei Tage,
um die Nordsee zu überqueren, dies quabblig-quaddernde Gewässer. Für die Gänse
hingegen, für die Matrosen der Lüfte, für die spitzwinkligen Dreiecke, die
Wolken zerfetzten, für die Sänger des Himmels, die eine steife Brise im Rücken
hatten – siebzig Meilen die Stunde, und noch mal siebzig – für diese
geheimnisvollen Geographen – in drei Meilen Höhe, so heißt es – mit
Kumuluswolken zu Füßen anstelle von Wasser – , für die war das ganz und gar
anders.
    Die Lieder, die sie sangen, drückten es aus. Einige
dieser Gesänge waren vulgär, andere waren Sagas, und wieder andere waren
einigermaßen leichtsinnig. Ein Lied fand Wart besonders komisch und
bemerkenswert. Es lautete:
     
    »Wir ziehen am Himmel mit Krächzen und Schrein,
    Und landen auf Wiesen, stolziern querfeldein,
    Honk-honk, Honk-honk, Honk-honk.
     
    Verdrehn unsre Hälser recht komisch und keck
    Wie emsige Klempner, wenn’s Bleirohr ist leck,
    Hink-hink, Hink-hink, Hink-hink.
     
    Wir weiden gemütlich und mästen uns satt
    An Gräsern und Krautern, an Stengel und Blatt,
    Hunk-hunk, Hunk-hunk, Hunk-hunk.
     
    Ja Honk oder Hink, bei uns geht das flink,
    Ja Hink oder Hunk, uns schmeckt jeder Strunk,
    Honk-honk, Hink-hink, Hunk-hunk,
    Vivat Speis und Trunk!«
     
    Ein empfindsamer Song lautete:
     
    »Wild und frei, wild und frei,
    Ach, mein Gänsrich flog vorbei!«
     
    Und einmal, als sie eine
felsige Insel überquerten, die von Ringelgänsen bevölkert war – sie sahen aus
wie alte Jungfern mit schwarzen Lederhandschuhen, Kapotthütchen und
kohlefarbenem Halsband – , stimmte das ganze Geschwader spöttisch an:
     
    »Branta bernicla suhlt sich sacht und sanft im
Sumpf,
    Branta bernicla suhlt sich sacht und sanft im
Sumpf,
    Branta bernicla suhlt sich sacht und sanft im
Sumpf,
    doch wir ziehn im Gänsemarsch.
    Glory, Glory, jetzt sind wir da,
    Glory, Glory, jetzt sind wir da,
    Glory, Glory, jetzt sind wir da,
    Marsch, zum Nordpol, auf, marsch, marsch.«
     
    Eins der mehr skandinavisch klingenden Lieder hieß:
›Des Lebens beste Gabe‹.
     
    »Kaio antwortete: Gesundheit ist des Lebens beste
Gabe;
    Watschelfuß, Federweiß, Lockerhals, Lackknopfaug,
    Sie besitzen den Reichtum dieser Welt.«
     
    Der würdige Ank drauf: »Die Ehre ist unser Alles;
    Pfadfinder, Volksspeiser, Zukunftsplaner, weise
Gebieter,
    Sie vernehmen ihren Ruf.
     
    Ljalok der Lockere sprach: Liebe war mir lieber;
    Daunenweich, Zärteltritt, Warmnestchen, Trippeltraps,
    Sie leben für immer.
     
    Aahng war fürs Schmausen: Ha, rief er, Essen!
    Morchelmampf, Grüngraps, Nesselschling,
Nudelschluck,
    Sie lassen sich’s schmecken.
     
    Wink-Wink pries Kameraden, die schöne freie
Kumpanei;
    Staffelstern, Spitzflitzer, Fitzepfeil, Wolkenzisch,
    Sie lernen Ewigkeit.
     
    Doch ich wählte das Dichten, ein Stürmer und
Dränger;
    Horngetön, Lachen, Lied, Helden-Herz,
Narr-die-Welt:
    Sprach Lio, der Sänger.«
     
     
    Manchmal, stiegen sie von
der Höhe der Zirruswolken nieder, um eines besseren Rückenwindes teilhaftig zu
werden, und gerieten in die riesigen Kumuluskissen, in gewaltige Türme
geformten Wasserdampfs, weiß wie frischgewaschene Wäsche am Montag und massiv
wie Meringen. Bisweilen lag eine dieser aufgehäuften Himmelsblumen, dieser
schneeweißen Losungen eines gigantischen Pegasus, einzeln meilenweit voraus.
Dann steuerten sie diese an, sahen sie still und kaum wahrnehmbar

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