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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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Stimmungswechsel in so kurzer Zeit mitgemacht.
    Eddie hingegen schien sich jetzt mehr Sorgen zu machen, nicht weniger. Er ging auf und ab, sah dabei abwechselnd an der Mauer hinauf und dann wieder auf seine Armbanduhr.
    »Fünf nach Mitternacht, verdammte Scheiße«, entfuhr es ihm. »Wo zum Teufel ist er? Genau deshalb haben wir doch gewartet, damit wir nicht in dieser toten Zone warten müssen und eingefangen werden wie die Fliegen.«
    »Dieser toten Zone?«
    »Tot, ja. Für Häftlinge verboten. Nur die Schließjungs gehen hier auf und ab mit ihren verdammten Wachhunden. Oh Mann, ich hasse Hunde. Komm schon, komm schon«, sagte er und starrte die Mauer hoch.
    Und plötzlich, wie als Reaktion auf Eddies Bitte, erschien ein Mann über ihnen im Mondlicht und warf zwei Strickleitern zu ihnen hinunter.
    »Also los! Los!«, rief Eddie.
    David verstand nicht, warum er plötzlich laut wurde, nachdem er bisher die ganze Zeit nur geflüstert hatte – womöglich hatte er bereits den Wächter und den Hund entdeckt. David war jedenfalls erst ein kleines Stück hochgeklettert, als er direkt unter seinen Füßen das laute Gebell hörte. Ein Pfiff ertönte, Menschen fingen an zu rufen, zu brüllen, durcheinander zu schreien, ohne dass er etwas verstehen konnte. Doch ihm war klar, dass er jetzt klettern musste und nichts anderes.
    Als er fast oben war, spürte er, wie jemand, wahrscheinlich der Wächter unten, am Seil zog. Auf einmal war er geblendet, als der Suchscheinwerfer herumschwenkte und ihn voll erfasste. Er schaute nach oben, wo Eddie mit seiner Taschenlampe ausholte und zielte. Die Taschenlampe flog an seinem Kopf vorbei und schien das Ziel getroffen zu haben, denn David hörte einen Schrei und merkte, dass niemand mehr am Seil zog. Er quälte sich zwei Tritte weiter hinauf, dann noch einen, dann waren plötzlich Eddies Hände da und zogen ihn an den Handgelenken hinauf auf dieMauer, wo der Mann den Stacheldraht mit einem Stück alten Teppich abgedeckt hatte.
    »Halt! Sofort runterkommen!«, schrie ihnen von unten jemand zu, doch die Stimme ging im Hundegebell beinahe unter. David wartete nicht. Er hatte schon beinahe die Hälfte der äußeren Leiter hinter sich, als im Gefängnis der Alarm losging. Etwas Derartiges hatte er noch nie vernommen. Das war ein Lärm, als würde die Welt untergehen, und die Sirenen dröhnten ihm noch in den Ohren, als er den Erdboden erreichte und in die offene Tür des wartenden Autos sprang.

Kapitel Sechs
    Der Wagen setzte sich sofort in Bewegung und drückte David nach hinten in den Sitz, als er die Straße hinunter und um die Kurve raste.
    »Wir haben’s geschafft, wir haben’s geschafft!«, rief Eddie und boxte vor lauter Jubel mit der Hand ans Autodach. Er war außer sich vor Freude. Der Mann, der sie gerettet hatte, zeigte hingegen keinerlei Emotion. Er saß weit über das Lenkrad gebeugt, die Augen starr geradeaus auf die Straße gerichtet.
    David fühlte sich wie betäubt, und als er an sich hinunterblickte, sah er, dass seine Hände wieder zitterten. Er konnte es nicht fassen, dass sie wirklich entkommen waren – es war ja auch wirklich knapp gewesen. Immer noch dröhnten ihm die Schreie und das Gebell und die Alarmsirenen in den Ohren, und immer wieder schaute er nach hinten in der Erwartung, Polizeiautos zu sehen, die die Verfolgung aufnahmen.
    »Keine Sorge«, sagte Eddie, der das bemerkte. »Sie haben unser Nummernschild nicht gesehen. Die Mauer war dazwischen. Und Gott sei Lob und Dank für meine Taschenlampe, was? Einen Augenblick dachte ich, sie hätten dich, als der Wächter an deiner Strickleiter zerrte. Aber dann hat Old Surehand angelegt und die Arschgeige voll auf die Nase getroffen.«
    David musste lächeln. Eddie war wieder einmal überglücklich, weil er ein Loblied auf sich selbst singen konnte, doch diesen Augenblick des Triumphs gönnte er seinem Freund. Ihm war klar, dass er ohne Eddie immer noch im Gefängnis vor sich hinvegetieren würde. Wohingegen er jetzt frei war, gehen konnte, wohin er wollte, und genau wusste, wo das war. Der Fahrtwind wehte ihm durchs offene Seitenfenster ins Gesicht, als sie die New Inn Hall Street hinunterjagten. Er ballte die Fäuste und atmetetief durch, während er an Katya dachte und an das, was vor ihm lag.
    Der Wagen hielt auf dem Parkplatz beim Bahnhof. Der Fahrer hatte noch immer kein Wort von sich gegeben, und Eddie hatte keine Anstalten gemacht, ihn vorzustellen. Da David direkt hinter ihm saß, hatte er das Gesicht des

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