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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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Mannes nicht sehen können. Ohne sich umzudrehen, griff er jetzt in die Tasche und zog einen Schlüsselbund heraus, den er Eddie in die Hand drückte.
    »Welcher ist es?«, fragte Eddie. Seltsam, wie wenig sich Eddie und der Fahrer zu sagen hatten, dachte David.
    »Der rote Triumph. Der da drüben«, sagte der Mann und deutete nach rechts. »Der Tank ist voll.«
    »Danke. Gehen wir, Davy«, sagte Eddie, indem er die Tür öffnete und David Zeichen gab, ihm zu folgen.
    David schloss die Türe von außen und sah dabei noch einmal in den Wagen hinein, um wenigstens jetzt einen Blick auf diesen Fremden werfen zu können, der so viel zum Gelingen seiner Flucht beigetragen hatte. Doch es schien, als hätte der seine Gedanken gelesen. Der Mantelkragen war bis über die Ohren hochgeschlagen und der Hut so weit ins Gesicht gezogen, dass David nichts außer einem schwarzen Bart erkennen konnte. Und dann gab er auch schon Gas, fuhr die Straße zurück und beschleunigte, bis er um die Kurve bog und verschwunden war. Doch seine Stimme klang noch in Davids Ohren. Eine hohe, fast schon weibliche Stimme, wie man sie bei einem von Eddies Freunden eher nicht vermutet hätte.
    »Wer war das?«, fragte David und stieg in den Triumph zu Eddie, der den Motor bereits gestartet hatte.
    »Das brauchst du nicht zu wissen«, sagte Eddie in einem Ton, der keine Widerrede zuließ. »Willst du eigentlich immer noch raus nach Blackwater Hall?«
    »Ja. Das war doch abgemacht. Du hast es versprochen, Eddie«, sagte David. In seiner Stimme schwang Panik, als sei er kurz davor, die Beherrschung zu verlieren.
    »Schon gut, schon gut. Klar war es abgemacht. Kein Grund, deswegen gleich durchzudrehen. Jetzt entspann dich mal, ja?«
    Eddie verließ das Stadtzentrum über die Magdalen Bridge und fuhr mit exakt dreißig Meilen pro Stunde die Cowley Road entlang. David blickte auch jetzt über die Schulter und suchte die Dunkelheit nach Einsatzwagen der Polizei ab.
    »Kannst du nicht schneller fahren?«, fragte er ungeduldig.
    »Damit sie mich nach allem, was wir hinter uns haben, jetzt wegen überhöhter Geschwindigkeit drankriegen? Kommt nicht in Frage. Hältst du mich für bescheuert?«
    David beugte sich vor und trommelte mit den Fingern auf das Armaturenbrett.
    »Wo ist die Knarre?«, fragte er nervös. »Du hast mir eine versprochen.«
    »Da drin, direkt unter deinen Flossen. Und kannst du damit bitte aufhören? Es macht mich total verrückt.«
    »Tut mir leid«, sagte David, indem er das Handschuhfach öffnete und nach dem vernickelten Revolver griff.
    »Mein Gott, da sind ja auch noch jede Menge Kröten«, sagte er und hielt eine durchsichtige Plastiktüte hoch, in der ein ganzer Stapel Geldscheine zu sehen war.
    »Was zum Teufel …«, sagte Eddie, auf einmal sehr verärgert. »Das sollte da aber nicht sein.«
    »Wo denn?«
    »Hinten, bei unseren Klamotten. Nicht bei der Waffe«, sagte Eddie und deutete, ohne die Augen von der Straße zu wenden, mit dem Daumen auf einen kleinen Koffer auf dem Rücksitz. »Die ist übrigens geladen, also sei vorsichtig. Klar?«
    David nickte, ohne wirklich zuzuhören. Eine seltsame Ruhe hatte ihn ergriffen, seit seine Finger den kurzläufigen Revolver berührt hatten. Jetzt, wo er den besaß, fühlte er sich ganz anders als vorher. Auf einmal konnte ihm niemand mehr sagen, was er zu tun hatte. Jetzt war er derjenige, der Anweisungen gab. Er musste andas narbige, wächserne Gesicht von Claes denken, und unwillkürlich schlossen sich seine Finger fester um den Griff. Das Holz fühlte sich glatt und hart an. Diesmal würden die Dinge anders laufen.
    Sie passierten die Morris-Werke, sahen linker Hand die vom blauen Mondlicht beschienenen Türme der Autofabrik, und David musste daran denken, wie es hier um fünf Uhr nachmittags aussah, wenn dieser Teil der Cowley Road voller Fahrräder war, voller Arbeiter, die auf dem Weg nach Hause herausschwärmten. Wie in Indien, oder zumindest so, wie er sich Indien vorstellte. Jetzt war die Straße allerdings wie leergefegt. Unter einer Brücke hindurch und an ein paar einzelnen Häusern vorbei, dann waren sie auf der Landstraße. David spürte sein Herz klopfen: Dort vorne irgendwo war Katya, gerade mal eine oder zwei Meilen entfernt, ohne den Hauch einer Ahnung, was sie erwartete.
    »Links, links«, rief er im letzten Moment, als die Abzweigung nach Blackwater in Sicht kam, aber Eddie schien auch so Bescheid zu wissen, und dann fuhren sie auch schon die Steigung hinauf, die David

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