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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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musste.
    »Vielleicht verstehst du jetzt, warum ich jeden Tag im Fitnessraum trainiere«, sagte Eddie mit zufriedenem Lächeln, während er David auf die oberste Gerüstplattform hievte. Seine schlechte Laune schien wie weggeblasen, seit er die Manschette gefunden hatte.
    »Soll nicht einer Schmiere stehen?«, fragte David.
    »Wozu? Wenn hier jemand raufkommt, war’s das sowieso. Außer natürlich du kannst erklären, warum wir nach dem Löschen der Lichter ein Loch in die Decke des Freizeitraums pulen.«
    Dann hob er die Manschette hoch über seinen Kopf und schlug mit ihr ein Loch in die Decke. David unterstützte ihn dabei mit dem hölzernen Malerpinsel aus der Zelle. Sofort stürzte eine große Wolke aus weißem Putz, durchmischt mit Pferdehaar, auf sie hernieder, und sie konnten so gut wie nichts mehr sehen. Sie rieben sich den Staub aus den Augen, sahen sich an und brachen in schallendes Gelächter aus.
    Zwei Schneemänner mit nichts als Unsinn im Kopf
, dachte David. Das Adrenalin schoss durch seine Adern und sorgte dafür, dass er sich auf einmal unverschämt glücklich fühlte.
    Stückchen für Stückchen kam der Putz herunter, und bald war das Loch über ihren Köpfen groß genug, dass sie in den Dachboden sehen konnten.
    »Ich geh mal hoch und schau mich um«, sagte Eddie. »Bin gleich zurück.«
    Davids Hände als Räuberleiter benutzend, zog er sich durch die Öffnung hinauf auf die Dachsparren, und für einen Moment konnte David von unten nur sehen, wie der Strahl von Eddies Taschenlampe über den hölzernen Unterbau des Daches wanderte. Er schien ziemlich hoch zu sein.
    Aber Eddie hatte nichts von seiner Zuversicht verloren, als er wieder herunterkam.
    »Das wird gehen«, sagte er. »Es gibt ein paar querliegende Bretter, auf denen man stehen kann. Mach du das Loch fertig. Ich steige runter und hol die Abdecktücher und den Stuhl.«
    »Welchen Stuhl?«
    »Den aus der Ecke drüben. Wir wollten ihn als Wurfgeschoß verwenden«, sagte Eddie und deutete auf den billigen Drehstuhl hinter der Türe. Eine der Rollen fehlte, und David wunderte sich, dass man ihn nicht längst auf den Müll geschmissen hatte.
    Wie ein Affe kletterte Eddie am Gerüst hinauf und hinunter und holte die Turnmatte und vier der Abdecktücher nach oben, band dann ein weiteres an die Unterseite des Stuhls, zog ihn herauf und plazierte ihn direkt unter der Öffnung, die David mittlerweile ausreichend vergößert hatte.
    »Also los, du zuerst. Ich geb dir das ganze Zeug, wenn du oben bist«, sagte Eddie, während er den Stuhl für David festhielt, der daraufstieg, den Kopf nach oben in den dunklen Dachboden steckte und mit den Händen links und rechts nach Balken tastete, um sich hochziehen zu können. Doch dann erstarrte er. Unten rüttelte jemand – ein Wärter, wer sonst? – an der Eingangstür.
    Auch wenn es David wie eine halbe Ewigkeit vorkam, stand er doch immerhin einige Augenblicke vollkommen reglos da, Füße und Beine im Freizeitraum, Kopf und Oberkörper im Dachstuhl.
    Ich Idiot
, dachte er bei sich.
Wie konnte ich Idiot nur glauben, dass wir mit einem derartigen Unsinn durchkommen
. Er hatte bislang noch nie im Strafblock gesessen, aber er hatte genug darüber gehört, dass es ihm bei der bloßen Vorstellung den Magen umdrehte.
    Doch dann ertönte von seinen Füßen her Eddies Stimme.
    »Alles in Ordnung, er ist weg. Nur ein Wärter, der seine Runde dreht und prüft, ob überall abgeschlossen ist. Nichts weiter.«
    David spürte, wie sich Erleichterung in ihm breitmachte. Seine Knie wurden ganz weich. So musste er all seine Kraft aufbieten, um sich durch die Öffnung nach oben ziehen zu können. Es blieb jedoch keine Zeit zum Ausruhen, denn schon reichte Eddie ihmdie Matte und die Abdecktücher, bevor er dann selbst hinaufkletterte und das andere Abdecktuch hinter sich herzog, an dem der Drehstuhl festgemacht war.
    »Ich dachte, schon, das wär’s gewesen«, sagte David und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Hände zitterten.
    »Tja. Aber da warst du auf dem falschen Dampfer. Du musst runterkommen und Ruhe bewahren. Das ist wichtig. Da oben müssen wir noch viel, viel vorsichtiger sein«, sagte Eddie und richtete seine Taschenlampe auf die Unterseite des Daches über ihnen. »Wir können nicht riskieren, dass auch nur eine einzige Schindel runterfällt. Hast du verstanden?«
    »Ja, ich höre dich«, sagte David, der vergeblich versuchte, durch tiefes Einatmen seinen rasenden Herzschlag zu verlangsamen.
    Was

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