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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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verschwinden. Fast fühlten sie sich wie alte Weggefährten, ohne die Last ihrer gescheiterten Mutter-Sohn-Beziehung.
    »Die Ideen, die der Alte hatte, waren für mich ja auch nicht wirklichhilfreich«, sagte David nachdenklich. »All diese verrückten Pläne, meine Zukunft betreffend, als würde ich wirklich Universitätsprofessor oder so was werden. Hätte er bloß nicht in dieser Stadt hier gelebt. Dieses verfluchte Oxford mit seinen ›verträumten Turmspitzen‹ hat ihm total den Kopf verdreht.«
    »Er wollte nur das Beste für dich.«
    »Nein, falsch«, sagte David bitter. »Er wollte sein Leben durch mich ein zweites Mal leben. Das ist es, was er wollte. Deshalb hat er auch euer letztes Geld zusammengekratzt und mich auf diese noble Schule geschickt – damit ich lerne, wie die Oberschicht zu sprechen, einer von ihnen werde. Und weißt du, wie sie mich dort genannt haben, Ma? Sparky! Vielleicht hätte er es doch ein bisschen schlauer anstellen können, als mich genau dorthin zu schicken, wo er die Glühbirnen auswechselt. Andererseits hat er es dadurch wahrscheinlich etwas billiger bekommen – Sonderrabatt für den Sohn von Sparky Swain. Ich hatte dort einfach nicht die geringste Chance. So sieht das aus.«
    »Bei den ersten Prüfungen hast du ganz ordentlich abgeschnitten.«
    »Ja, um ihn glücklich zu machen. Aber was war der Sinn der Sache, wenn er kurz darauf doch nur abkratzte? Welchen Sinn sollte das denn alles haben?«
    »Ich weiß nicht, David. Ich bin ja nicht Gott. Wie gesagt, er wollte das Beste für dich. Aber du hast beschlossen, alles wegzuwerfen. Dabei hättest du etwas aus dir machen können, wenn du nur gewollt hättest.«
    »Also ist alles ganz allein meine Schuld?«, fragte David.
    »Wie man sich bettet, so liegt man«, sagte seine Mutter. Die Entschiedenheit, mit der sie dieses Sprichwort hinwarf, machte ihn wütend, und das umso mehr, als ihm darauf keine Antwort einfallen wollte.
    »Warum hast du mich nicht im Gefängnis besucht?«, fragte er. Dies war die Frage, die zwischen ihnen in der Luft hing, seitdem er das Haus betreten hatte.
    »Weil es nicht ging«, sagte sie lapidar. »Ich wollte, aber Ben war dagegen. Und hinter seinem Rücken wollte ich es nicht machen.«
    David wusste, dass das, was sie sagte, der vollen Wahrheit entsprach. Ihre Aufrichtigkeit war ihr einnehmendster Charakterzug, und wie schon so oft in seinem Leben ließ seine Wut auch jetzt nach und löste sich in Nichts auf.
    »Du kannst in deinem alten Zimmer schlafen«, sagte sie. »Ich wecke dich auf, wenn es Zeit zum Gehen ist.«
    »Danke«, sagte er und stand auf. Auf dem Weg zur Tür beugte er sich ganz spontan zu ihr und küsste sie auf die Wange.
    In dem kleinen Badezimmer im oberen Stockwerk wusch David sich. Genau wie im restlichen Haus gab es auch hier nicht den geringsten Fleck – selbst die Hähne glänzten in steriler Pracht. David öffnete das Medizinschränkchen über dem Waschbecken und suchte nach Aspirin. Hinter einem Haarfärbemittel für Männer fand er welche. Er musste lächeln: Der Gedanke an seinen Stiefvater, der versuchte, auf sein nicht vorhandenes »Aussehen« zu achten, amüsierte ihn. Dann erblickte er sich selbst im Spiegel. Er sah furchtbar aus – ausgemergelt, mit dunklen Ringen unter den weit aufgerissenen Augen, der Inbegriff eines Mannes auf der Flucht, eines Schwerverbrechers. Er musste unbedingt schlafen.
    Sein altes Zimmer gehörte jetzt Max, das war nicht zu übersehen. Das Bett und die Möbel waren immer noch dieselben, aber jede Ablagefläche war voll mit sorgfältig arrangierten Spielzeugsoldaten, Modellautos und Plüschtieren aller Art. Diese Ansammlung hatte etwas ungemein Rührendes an sich, auch deshalb wirkte das Zimmer irgendwie beunruhigend auf David. Hier hatte er gespielt und gelesen und geschlafen, hier hatte sein Vater mit ihm Hausaufgaben gemacht, hatte seine Mutter ihn gepflegt, als er die Masern hatte. Er hatte eine Familie gehabt, einen Platz im Leben. Jetzt war er als jemand wiedergekehrt, der vor der Gerechtigkeit fliehen musste, wie ein Ausgestoßener in einem der Filme mit John Wayne, die er sich als Kind im Kino angesehen hatte. Davidschloss die Augen, aber er konnte nicht einschlafen. Draußen läuteten wild die Sonntagsglocken durcheinander und riefen die Gläubigen zum Gottesdienst. Und er warf sich auf dem Bett hin und her und musste daran denken, wie Katya auf ihrem Bett lag, ein blutiges Loch in der Mitte ihrer schönen Stirn, und wie die Waffe in

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