Der König der Diamanten
letzten Mal wegen Hehlerei drangekriegt hatte. Selbstgerecht oder nicht, die Bullen waren unterm Strich auch nur Menschen. Sie wussten genau, dass man sich nach der Decke strecken muss.
Und es war tatsächlich Trave, der ihn am Hintereingang des Polizeireviers erwartete. Er trug einen Anzug, der noch verknitterter und ausgebeulter war als der von Eddie. Allerdings sah er aus, als hätte er die Nacht kein Auge zugetan, und wirkte ziemlich wütend. Nicht selbstgerecht, sondern wütend. Wie ein Mann mit einer Mission. Das beunruhigte Eddie, aber er gab sich Mühe, es nicht zu zeigen. »Ich möchte meinen Hut haben«, sagte er. »Das ist meiner. Sie haben ihn mir im Auto abgenommen.«
Auf ein Nicken von Trave hin nahm einer der bulligen Polizisten den Hut vom Beifahrersitz, und Trave stülpte ihn Eddie bis tief in die Stirn.
»Herzlich willkommen, Eddie«, sagte er, während er ins Gebäude voranging. »Wir haben ein paar Dinge zu besprechen, Sie und ich.«
Trave wartete mit dem Verhör, bis Adam Clayton wieder aus dem Gefängnis zurück war. Es war dies der zweite Besuch innerhalb von drei Tagen, und heute hatte Clayton genausowenig Erfolg gehabt wie beim ersten Mal. Die Polizeifotos hatten schlichtweg nichts gebracht.
»Der Vollzugsbeamte, bei dem sich Eddies Freund angemeldet hat, ist nicht auf den Kopf gefallen. Ich glaube, er hätte ihn schon erkannt – nur hatte ich nicht das richtige Foto dabei«, sagte Clayton nachdenklich. »Vielleicht kann Eddie uns helfen.«
»Erwarten Sie sich nicht zu viel«, sagte Trave. »Eddie reißt gern die Klappe auf, wenn es darum geht, sich groß herauszustellen. Aber dass er seine Freunde verkauft, nur weil wir ihn freundlich darum bitten, glaube ich nicht.«
Und so war es auch, obwohl sie sich redlich Mühe gaben. Trave unterdrückte seinen Ärger und versorgte stattdessen Eddie mit Zigaretten und Kaffee – im einzigen unbeschädigten Becher des gesamten Reviers. Und Eddie erzählte begeistert von seiner abenteuerlichen Flucht. Einmal in Fahrt geraten, wollte er gar nichtmehr aufhören. Clayton tat schon bald die Hand weh, während er mitschrieb, wie Eddie das mit dem Gerüst im Aufenthaltsraum ausgetüftelt, die Pappmaché-Attrappen gebastelt, die Bettbezüge abgemessen und den kaputten Stuhl als Wurfhaken über die innere Mauer verwendet hatte. Doch schließlich, als er den entscheidenden Punkt seiner Geschichte erreichte, verschloss Eddie den Mund und öffnete ihn nicht mehr. Egal wie sehr Trave ihn auch unter Druck setzte – er wollte einfach nicht verraten, wer ihm und David Swain über die Außenmauer geholfen hatte, ob es sich dabei um denselben Mann handelte, der zu Besuch im Gefängnis gewesen war, wollte auch dessen Identität nicht preisgeben. Schließlich verlor Trave die Geduld.
»Wissen Sie eigentlich, dass Sie bis zum Hals in der Scheiße stecken?«, fragte Trave und beugte sich über den Tisch zu Eddie, mitten hinein in den Rauch seiner Zigarette. »Sie haben Swain nach Blackwater Hall rausgebracht, Sie und Ihr bärtiger Freund. Stimmt’s?«
»Nein, das habe ich schon gesagt. Wir haben uns getrennt.«
»Sie hatten keine Zeit sich zu trennen. Sie haben ihn mit dem Fluchtwagen rausgefahren, und Sie haben ihm auch die Waffe gegeben. So ist es doch gewesen, oder nicht?«
»Nein.«
»Und wissen Sie, was Sie sich da geleistet haben? Beihilfe zum Mord.«
»Ich wusste doch nicht …« Eddies hielt mitten im Satz inne und schluckte. Er nahm eine neue Zigarette aus dem Päckchen, das auf dem Tisch lag, und zündete sie an der an, die er in der Hand hielt. Clayton bemerkte, wie sehr seine Hände zitterten.
»Sie wussten sehr wohl«, sagte Trave. »Sie haben uns schon erzählt, wie Swain Sie wach hielt mit seinem Gejammer über Katya Osman und darüber, wie sehr er sie hasste.«
»Das macht mich noch lange nicht zum Komplizen«, fiel ihm Eddie ins Wort.
»Wenn Sie ihm geholfen haben, schon. Und wenn Sie jetzt sichselbst helfen wollen, sagen Sie mir, wer Sie zu der Sache angestiftet hat.«
»Niemand. Ich bin raus, weil ich rauswollte. Und ich hab’s ja auch schon vorher gemacht, wie Sie wissen.«
»Nicht kurz vor dem Ende Ihrer Haftstrafe und nicht mit Hilfe von außen. Was war diesmal anders, Eddie?«
»Nichts war anders. Ich mag Gefängnisse nicht. Das ist alles.«
»Na gut, dann sage ich Ihnen, was anders war. David Swain war anders. Sie hätten ihn nicht mitnehmen müssen. In Wahrheit verdoppelte sich durch ihn sogar die Gefahr, erwischt zu
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