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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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Polizeirevier vernehmen würden, doch Macrae wollte davon nichts wissen. »Lassen Sie uns die Dinge nicht überstürzen, Constable. Er braucht erstmal sein Abendessen und acht Stunden Schlaf. Genau wie Sie. Gehen Sie nach Hause und ruhen Sie sich aus! Wir reden morgen Früh mit ihm.« Clayton war noch eine Weile auf dem Revier geblieben und hatte seinen Bericht geschrieben. Nachdem Macrae und Wale keine Anstalten machten, die Dienststelle zu verlassen, ging er schließlich heim.
    Am Tag darauf legte Swain ein vollständiges Geständnis ab, oder besser: stimmte er der Rekonstruktion der Ereignisse zu, die Macrae im Vernehmungsraum vornahm. Er hatte darauf bestanden, dass Eddie ihn nach Blackwater Hall brachte. Er hatte den Revolver aus dem Auto mitgenommen und war durchs Fenster des Arbeitszimmers ins Haus eingedrungen. Er war nach oben gegangen und hatte Katya in den Kopf geschossen, weil sie ihn mit Ethan Mendel betrogen hatte und weil er aufgrund ihrer Beweise eingelocht worden war. Und als er dann wieder auf der Straße war, war Eddieverschwunden, deshalb hielt er im Ortskern von Blackwater einen Wagen an und zwang den Fahrer, ihn nach Oxford zum Bahnhof zu bringen, wo er sich in einem billigen Hotel versteckte, bis sie ihn schließlich schnappten.
    Und damit war die Sache erledigt. Ein umfassenderes Geständnis hätte man sich als ermittelnder Beamter nicht wünschen können. Aber Clayton hatte kein gutes Gefühl. Ihm war, als hätte Swain sein Geständnis viel zu leicht abgelegt. Er hatte gesungen wie ein Kanarienvogel, allerdings ohne jede Variation der Noten. Swains Stimme war ton- und emotionslos, als er Macrae antwortete. Nur seine Augen wanderten immer wieder hinüber zu Wale, der reglos und schweigend in der Ecke saß und vor sich hinstarrte.
    Am Abend hatte Clayton gewartet, bis Macrae gegangen war, und hatte dann Swain in seiner Zelle aufgesucht. Aber Swain wollte nicht mit ihm reden und blieb eingerollt auf seiner Pritsche liegen, das Gesicht zur Wand. Er zitterte am ganzen Leib, obwohl die Heizung lief und der Raum überhaupt nicht kalt war. Der Sergeant, der in der Nacht zuvor Schalterdienst gehabt hatte, schüttelte nur den Kopf und bat Clayton, mit seiner Fragerei nach irgendwelchen Auffälligkeiten direkt zu Macrae zu gehen.
    »Äußerlich waren keinerlei Verletzungen sichtbar«, berichtete Clayton eine Woche später, als er, von Zweifel und Besorgnis getrieben, seinen Ex-Boss das erste Mal nach Swains Verhaftung daheim aufsuchte.
    »Sichtbare Verletzungen sind auch nicht nötig, wenn man sich auskennt«, sagte Trave und musste über Claytons Naivität lachen. »Man kann einen Mann auch anders kleinkriegen …«
    »Wie denn?«
    »Indem man seine Genitalien quetscht oder ihn fast in einem Eimer ersäuft oder indem man seine Familie bedroht. Bei Swain musste man sich nicht sonderlich anstrengen. In dem Cricket-Pavillon pfiff er schon aus dem letzten Loch. Und Macrae hat nichts gegen ein bisschen Gewaltanwendung, wenn ihm das nützt.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Weil er vor ein paar Jahren einen Unschuldigen wegen eines Mordes ins Gefängnis gebracht hat, den der gar nicht begangen hat. Drei Jahre saß er ab, bevor das Urteil revidiert wurde und die Queen ihn begnadigte.«
    »Hatten Sie denn mit der Sache auch zu tun?«, fragte Clayton, der sich jetzt erinnerte, dass Trave und Macrae zu Beginn Anspielungen auf eine gemeinsame Vergangenheit gemacht hatten.
    »Ja. Am Anfang eher zufällig«, sagte Trave. »Ich hatte hier mit einem Mord zu tun, bei dem der Täter dieselbe Visitenkarte hinterlasssen hatte wie bei Macraes Fall.«
    »Was denn für eine?«, fragte Clayton neugierig.
    »Eine Shilling-Münze auf der Zunge des Opfers. Sie wissen schon, so, wie man das bei den alten Römern gemacht hat, damit der Fährmann den Toten über den Fluss Styx transportiert. Lernt ihr jungen Leute heutzutage denn gar nichts mehr in der Schule?«, fragte Trave mit einem Kopfschütteln, als er Claytons irritierten Gesichtsausdruck bemerkte. »Wie dem auch sei, mir fiel die Verbindung zu dem Fall im Norden auf, deshalb fuhr ich hin. Die Beweislage war ziemlich dürftig, abgesehen natürlich von einem Geständnis, das erwirkt wurde von – na, jetzt raten Sie mal.«
    »Macrae?«
    »Genau. Und in dem Moment, in dem ich meinen Täter hier mit dem ersten Mord in Verbindung bringen konnte, war das von Macrae erwirkte Urteil hinfällig.«
    »Was hat man mit ihm gemacht?«
    »Macrae? Soweit ich weiß, gar nichts. Der

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