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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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Mann, den man begnadigt hat, sagte aus, er habe nur gestanden, weil er gefoltert wurde, aber dafür gab es keine Beweise. Und die Tatsache, dass das Geständnis falsch war, bewies noch lange nicht, dass Macrae Gewalt angewendet hatte.«
    »Sie machte das nur sehr wahrscheinlich«, sagte Clayton.
    »Aber ja. Und sie war auch Macraes weiterem Aufstieg wenigdienlich – das hat er mir bis heute nicht verziehen. Der Osman-Fall war dann endlich die Gelegenheit, es mir heimzuzahlen.« Trave lächelte betrübt.
    »Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt?«, fragte Clayton.
    »Weil Creswell mich gebeten hat zu schweigen, und ich fand, er hatte recht. Mir wäre es lieber gewesen, Macrae wäre nicht hierher versetzt worden, aber als er dann da war, wollte ich die Dinge nicht verschlimmern, indem ich ihn hintenrum schlechtmachte. Es war ja auch eine Weile her, dass er und ich aneinandergeraten waren. Aber dabei habe ich leider übersehen, dass er Schotte ist und ein gutes Gedächtnis hat.«
    Das Gespräch mit Trave verstärkte das ungute Gefühl, das Clayton bei diesem Fall hatte. Noch irritierender wurde alles, als kurz darauf der ballistische Bericht des Labors vorlag, demzufolge die Kugel, die Katya Osman getötet hatte, sehr wohl aus Swains Waffe hätte abgefeuert werden können, dass aber sämtliche Kammern dieser Waffe mit Platzpatronen geladen waren. Clayton hätte erwartet, dass Macrae angesichts dieser Entwicklung ins Grübeln geriet, doch der tat die Sache mit einem Achselzucken ab.
    »Das ist der älteste Trick der Welt, mein Junge«, sagte er. »Man knallt sein Opfer über den Haufen, lädt dann einfach die Waffe mit Platzpatronen und tut so, als könne man keinem Menschen auch nur ein Haar krümmen.«
    »Aber wo hätte er die Platzpatronen herkriegen sollen?«
    »Von überallher. Das ist nicht schwer. Als Beweis taugt das nicht.«
    Doch gerade, als Macrae sich wegdrehen wollte, bemerkte er Claytons enttäuschten Gesichtsausdruck.
    »Sie werden mir doch nicht weich werden, Constable?«, fragte er. »Passen Sie nur auf, dass es Ihnen nicht wie dem guten alten Trave ergeht.«
    Es schien, als könne Clayton den Lauf der Dinge in keiner Weise beeinflussen. Swain war wegen Mordes angeklagt, und Eddie hatte es noch besser erwischt, als Trave ihm versprochen hatte. Die Anzeigewegen seines Angriffs auf das Mädchen in London wurde fallengelassen, und mit dem Ausbruch aus dem Gefängnis wollte man nachsichtig umgehen, denn Eddie war bereit, unter Eid auszusagen, dass Swain gedroht hatte, sich an Katya rächen, und dass er selbst als Zeuge zugegen war, als Swain mit einer Waffe im Anschlag am 25. September gegen null Uhr dreißig Blackwater Hall betrat.
    Swain hatte sich zwar »nicht schuldig« erklärt, doch jeder auf dem Revier war davon überzeugt, dass der Prozess nicht mehr als eine reine Formsache war. Es konnte nicht lange dauern, bis Swain vor seinem Schöpfer stehen würde.
    »Früher war das ja noch eine Sache, da wurde ohne Ende gebaumelt und erstickt«, sagte Macrae und klang beinahe enttäuscht. »Heutzutage ist alles so wissenschaftlich, und es dauert kaum eine Sekunde, bis das Genick bricht.«
    Sie befanden sich in Macraes Büro, am Morgen, nachdem die Anklageschrift verlesen worden war. Ein lautes Schnalzen sorgte dafür, dass Clayton zusammenfuhr. Er blickte über die Schulter hinüber zu Jonah, der in der Ecke saß. Wale sah Clayton in die Augen, beugte sich vor und schnalzte erneut mit den Fingern. Und Macrae lachte, als hätte er noch nie in seinem ganzen Leben etwas derart Lustiges erlebt.
     
    Nach diesem Erlebnis hatte Clayton begonnen, Trave abends nach der Arbeit hin und wieder einen Besuch abzustatten. Aber das half auch nichts, denn der saß deprimiert herum und fühlte sich ebenso machtlos wie Clayton. Dann kamen Weihnachten und Neujahr, und John Bircher stürzte vom Dach eines mehrstöckigen Parkhauses, sodass sein Schädel unten auf dem Asphalt in drei Teile zerbarst.
    »Vielleicht ist er ja tatsächlich gesprungen«, sagte Clayton ohne rechte Überzeugung. »Zumindest sagt das Macrae.«
    »Wie bitte? Weil er seine Sünden bereute und sich selbst nichtmehr im Spiegel anschauen konnte?«, fragte Trave mit einem hohlen Lachen. »Eher nicht. Bircher war abgrundtief schlecht. Da müssen Sie nur einen Blick auf sein Vorstrafenregister werfen. Nein: Irgendjemand hatte die Hosen voll, weil er zuviel wusste, hat ein Treffen vereinbart und ihn dann …«
    »So einfach ging das nicht. Bircher war ein

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