Der König Der Komödianten: Historischer Roman
irgendwoher beschaffthatte, und das Mezzà war durchzogen von dem Duft nach heißem Haferbrei.
Draußen war es noch nicht richtig hell. Der Innenhof war von nebelgrauen Schatten erfüllt, als ich verschlafen zum Abtritt tappte und dabei feststellte, dass ich mich für den bevorstehenden Ausflug in die Lagune wohl besser warm anzog, wozu sich der Umhang, den ich als Schlafdecke aus dem Fundus abgezweigt hatte, gut eignete. Es war um diese Tageszeit noch empfindlich kühl.
Der Haferbrei war köstlich, denn Franceschina hatte frische Sahne und reichlich Honig hineingegeben. Mit Rodolfos Hilfe hatte sie bereits am Vortag einige Vorräte beschafft. Zur Vesper, so verkündete sie, werde es Fisch in Kräuterkruste geben und dazu in Butter geschwenkte Pasta.
Rodolfo saß neben mir am Tisch und betrachtete Franceschina wohlwollend, offenbar schätzte er ihre Kochkünste genauso sehr wie ich. Als Franceschina sich jedoch vorbeugte und ihm einen Nachschlag auftat, blickte er nicht auf den Teller, sondern in ihren Ausschnitt.
»Dieser Brei ist phänomenal«, sagte Rodolfo. »Du kochst wie eine Göttin.«
Franceschina drückte sich die Hand vor den Mund. »Ich bin gleich wieder da«, stieß sie hervor. Und schon war sie draußen.
»War das Kompliment zu dick aufgetragen?«, fragte Rodolfo mich.
»Hm, ich weiß nicht, ob Göttinnen überhaupt kochen«, redete ich mich heraus.
Rodolfo blickte zweifelnd auf seinen Teller, während es mich drängte, ihm reinen Wein über Franceschinas Zustand einzuschenken, ebenso wie über Bernardos mutmaßliche Beteiligung daran. Doch die Gelegenheit ging ungenutzt vorüber, denn gleich darauf kam Franceschina zurück.
Wir machten uns zum Aufbruch bereit und bestiegen wenigspäter einen kleinen Sàndolo, den Rodolfo irgendwo aufgetrieben hatte. In den Kanälen der Stadt wurde das Boot gerudert, und für das Kreuzen in der Lagune konnte ein Segel aufgezogen werden. Rodolfo zeigte mir, wie man es machte, und ich war mit Feuereifer bei der Sache.
Es gab nur ein einziges langes Ruder, das man im Stehen durchs Wasser zog, mit Blick in Fahrtrichtung, um Zusammenstöße zu vermeiden. Rasch erwies sich, wie vernünftig diese Methode war, denn die Kanäle waren zumeist eng und trotz der frühen Morgenstunde stark befahren. Zudem behinderten Nebelschwaden die Sicht. An manchen Stellen war der Dunst so dicht, dass man kaum bis zur nächsten Brücke sah und sich dann schleunigst ducken musste, um sich nicht den Kopf zu stoßen.
Getreulich befolgte ich Rodolfos Kommandos. Bei den Abzweigungen übernahm er selbst das Ruder, denn hier war oft geschicktes Manövrieren nötig, was ich noch nicht beherrschte. Bei den langen, geraden Kanälen hatte ich es dagegen leichter. Hier kam es auf gleichmäßige Bewegungen und Muskelkraft an. Mit beidem konnte ich in ausreichendem Maße dienen, und so erreichten wir bald das nördliche Ufer der Stadt, wo wir jenseits der Nebelbänke in offenem Gewässer das Segel setzen konnten.
Auch das Segeln erklärte Rodolfo mir, und ich erkannte rasch, dass es ungleich schwieriger war als das Rudern. Nach seinen Anweisungen versuchte ich mich an Wenden und Halsen, am Reffen und Spannen des Segels sowie am Umgang mit Pinne und Kompass.
Bei alledem war ich von solcher Hochstimmung erfüllt, dass jegliches Ungemach bedeutungslos wurde. Wenn das Schießen nur halb so viel Spaß machte wie das Segeln, würde dieser Tag einer der schönsten meines Lebens werden!
Der Wind pfiff mir um die Nase, und das Boot hüpfte zuweilen so heftig auf den Wellen, dass Wasser hochspritzte undmeine Kleidung benetzte, doch es focht mich nicht an. Ich hätte jubeln können!
Um Franceschinas Befinden war es weniger erfreulich bestellt. Ich sah sie ein paar Mal würgen, und kaum hatten wir richtig Fahrt aufgenommen, beugte sie sich ruckartig über den Dollbord und spie heraus, was sie vor dem Aufbruch verspeist hatte, den Geräuschen zufolge nicht gerade wenig. Anschließend richtete sie sich wieder auf, ein wenig grün um die Nase, aber mit entschlossenem Gesichtsausdruck. »Schon vorbei. Alles draußen.«
»Manche trifft diese Übelkeit leider härter als andere«, sagte Rodolfo teilnahmsvoll.
»Ja, bei den einen hört es nach ein paar Wochen auf, die anderen plagen sich Monate damit herum«, lautete Franceschinas stoische Antwort.
»Es geht bestimmt bald vorbei«, meinte Rodolfo tröstend. »Jeder wird über kurz oder lang seefest.«
»Darüber mache ich mir keine Sorgen«, sagte
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