Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Pechgestank der Fackeln, während ich Franceschina zuerst würgen und dann hervorstoßen hörte: »Um Himmels willen, ich glaube, es ist der Fisch!«
»Seht nur, die Dicke kotzt!«, schrie ein vorlauter Knabe aus einer der vorderen Reihen. »Sie hat die ganzen Fackeln ausgespuckt!«
»Noch mal!«, brüllte ein anderer Rüpel. »Gebt ihr neue!«
Zu meinem Ärger konnte ich mich ihnen nicht widmen, denn ich musste mich auf Bernardo konzentrieren.
»Wo ist der Kerl?«, herrschte er Caterina an. »Wo hast du diese Kette her?«
Beide standen nur wenige Schritte voneinander entfernt beider Innentreppe, und ich machte mich bereit, Mord und Totschlag zu verhindern.
Die beiden waren blind und taub für ihre Umgebung. Caterina griff sich abermals an den Hals, und ich hätte schwören mögen, dass die Geste eher lockend als schützend war. Zugleich lächelte sie Bernardo von unten herauf an, und als sie wieder sprach, hatte ihre Stimme einen ähnlichen Klang wie zuletzt unter der Trauerweide. »Bist du böse auf mich? Willst du mich schlagen?«
»Du Miststück!«, knurrte er. »Ich bring dich um!« Mit zwei Schritten war er bei ihr, und hätte ich diese Art von Dialog nicht in ähnlicher Variante schon einmal gehört, wäre ich aus dem Stand losgeschnellt, um ihn zu Boden zu werfen. So wartete ich einfach einen Herzschlag lang, mehr Zeit brauchte Bernardo nicht, um Caterina in seine Arme zu reißen und sie mit einer Wildheit zu küssen, die nicht nur sie, sondern auch mich zum Aufstöhnen brachte. Wie konnte er sich das herausnehmen! Dennoch wagte ich nicht, ihn zurückzuhalten. Nicht etwa, weil er ihr Ehemann war, sondern weil es mir so vorkam, als sei sie ganz versessen auf das, was Bernardo da mit ihr machte.
Er verschlang ihren Mund förmlich, drängte sie hart gegen die Wand und schob ihr die Röcke hoch, ohne Rücksicht darauf, ob jemand zusah oder nicht.
Im Saal ertönte Gebrüll, und ich drehte mich erschrocken um.
»Der Mann brennt!«, schrie ein Zuschauer. »Er hat von den Funken Feuer gefangen!«
Ich entschied, dass Bernardo und Caterina meine Aufmerksamkeit entbehren konnten, und rannte durch den Bogengang zurück in den Portego. Der brennende Mann war unschwer auszumachen, er stand nahe bei der Bühne und blickte sich verwirrt um, weil alle Menschen um ihn herum mit ausgestreckten Armen auf ihn zeigten und schrille Schreie ausstießen. Er selbst hatte noch gar nicht bemerkt, dass er brannte.Genau genommen brannte auch nicht er selbst, sondern sein Hut, ein schönes Stück mit aufgebogener Krempe und diversen Federn, die freilich allesamt nur noch schwarze Strünke waren. Der Hut stand in hellen Flammen, und ohne nachzudenken sprang ich zu dem Mann und riss ihm die todbringende Kopfbedeckung herunter. Ich schleuderte sie zu Boden und sprang mit beiden Füßen darauf herum, um das Feuer zu löschen. Zu spät merkte ich, dass ich in meinem Eifer dem Mann nicht nur den Hut, sondern gleichzeitig auch das gesamte Haupthaar heruntergerissen hatte. Die Flammen griffen hurtig auf die Lockenpracht über und fraßen sie binnen Augenblicken auf.
»Das tut mir leid!«, stammelte ich, mich zu dem bedauernswerten Opfer umwendend, das schockiert seinen nackten Schädel betastete.
Da erst wurde mir klar, dass es bloß eine Perücke gewesen war. Wieherndes Gelächter schlug mir von allen Seiten entgegen, wobei unmöglich zu sagen war, was davon dem Glatzkopf und was mir galt. Beschämt über meine Begriffsstutzigkeit, suchte ich Schutz hinter einer Säule. Zu meiner Erleichterung kehrte gleich darauf Bernardo auf die Bühne zurück, siegessicher in die Runde blickend.
Baldassarre schlug die Trommel und brachte damit die Zuschauer nach und nach zum Schweigen. Mit ein paar munteren Versen teilte er sodann allen Anwesenden mit, dass die humoristische Einlage nun vorbei sei und Der Bannstrahl aus dem Olymp weitergehe.
Die Incomparabili setzten das Stück genau an der Stelle fort, wo es unterbrochen worden war, nur mit dem Unterschied, dass nicht mehr Elena, sondern Caterina die Nymphe gab. Elena hatte ihr das Gewand überlassen und sich in den Nebenraum zurückgezogen. Die Zuschauer focht es nicht an, und Bernardo und die anderen spielten ihre Rollen, als sei nie etwas gewesen.
Henry kam zu mir, einen Ausdruck blanker Ehrfurcht imGesicht. Er deutete auf die Schauspieler. »Das ist es, was ich meinte, verstehst du, Marco? Diese Menschen und ihre Welt – sie sind so unfassbar … anders!«
Es gab keinen Grund, ihm zu
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