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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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die Bewegungen ihres nachfolgenden Tanzes. Eine von Schleiern umwehte Göttin der Schönheit und Verführung, das war sie, und wer sie betrachtete, ergab sich unweigerlich dem Sog ihrer Ausstrahlung und vergaß alles, was vorher bedrückend und erschreckend gewesen sein mochte. Vergessen war das Zwischenspiel bei Morosini und das Auftauchen Rizzos, und vergessen war auch, dass ihr Ehemannihretwegen dem Suff verfallen war. Nichts war mehr wichtig, nur noch ihre Darbietung auf der Bühne. Auch die anderen ließen sich von ihrem Spiel mitreißen, keiner konnte sich ihrem Zauber entziehen.
    Am Ende nahmen alle ihren verdienten Applaus entgegen, jeder auf seine Art. Caterina warf graziöse Handküsse in die Menge, Rodolfo sprang wie ein Hampelmann in die Luft und schlug dabei die Hacken zusammen, Baldassarre verneigte sich huldvoll, eine Hand majestätisch auf der Brust, die andere im Rücken liegend, Franceschina nickte schwitzend und mit eher grimmiger Miene in die Runde, und Cipriano breitete elegant die Arme aus, als wolle er den ganzen Saal umarmen. Elena tat nichts Besonderes. Sie lachte ganz einfach nur und sah so glücklich aus, dass ich kaum die Augen von ihr wenden konnte.
    Alles klappte an diesem Abend reibungslos, sogar das Hinausgehen der Zuschauer nach der Vorstellung. Nicht einmal die beiden bunt bekleideten Burschen, die bereits vor der Vorführung in weinseliger Stimmung gewesen waren, machten Ärger. Gerade von ihnen hatte ich welchen erwartet, denn schon beim Einlass hatten sie von mir wissen wollen, wieso zum Teufel ich neuerdings ständig in diesem Theater herumlungere und so merkwürdig derb gekleidet sei. Der eine der beiden beklagte sich zudem darüber, dass ich behauptet hätte, verreisen zu wollen, während ich mich in Wahrheit doch die ganze Zeit in der Stadt herumtreibe.
    Es lag auf der Hand, dass sie mich für Giovanni Contarini hielten, doch machte ich mir nicht die Mühe, den Irrtum aufzuklären. Das hätte nur lästige Fragen herausgefordert, weshalb ich die beiden einfach mit ein paar nichtssagenden Bemerkungen abspeiste und ihnen unter anderem mitteilte, ich sei von plötzlich erwachter Theaterleidenschaft gepackt – was genau genommen nichts weiter als die Wahrheit war.
    »Leidenschaft, das kann ich verstehen«, sagte der eine Geck mit trunkener Stimme, während er Rodolfo stolpernd zurAußentreppe folgte und über die Schulter zurückblickte, zu Caterina, die sich gerade in ihre Kammer zurückzog. »Besonders bei dieser Schönen dort. War sie nicht auch bereits bei dir zu Hause? Ich sah sie letztens dort aus einer Gondel steigen.«
    »Vielleicht ist es aber auch diese niedliche kleine Rothaarige da«, meinte der andere, vom Vestibül aus einen Blick auf Elena erhaschend, die im Portego das Seil einrollte. »Oder sind es gar beide?«
    »Und Adelina noch obendrein«, lallte der Erste. »Das ist so ungerecht! Kein Wunder, dass du keine Zeit mehr für deine Freunde hast!« Er packte mich beim Arm. »He, komm mit, lass uns zusammen saufen und feiern, zeig uns, dass du uns nicht vergessen hast!«
    »Ende der Vorstellung.« Mit unnachgiebigem Griff schob Rodolfo beide ins Freie. Aus dem eben noch fröhlich herumhüpfenden Narren war von einem Moment auf den nächsten ein grober Rausschmeißer geworden.
    Doch die beiden waren in friedlicher Stimmung und zogen widerspruchslos ab.
    Rodolfo verschloss die Pforte hinter ihnen und schüttelte den Kopf. »Nicht zu glauben.«
    »Was?«, fragte ich.
    »Dass heute Abend alles so gut geklappt hat. Und mit alles meine ich alles . Nicht das kleinste bisschen ging schief !«
    »Das kommt ziemlich selten vor«, stimmte ich zu.
    »Eigentlich nie. Jedenfalls nicht beim Theater.«
    »Irgendwann ist immer das erste Mal. Wieso nicht heute? Dafür ging ja vorher genug schief.«
    »Du hast recht«, meinte Rodolfo. »Man kann ja auch mal Glück haben.«
    Vielleicht hätten wir es nicht beschreien sollen.

    Nachdem ich in der vergangenen Nacht so gut wie gar nicht geschlafen hatte, ging ich gleich nach dem Aufräumen zu Bett. Ich schaffte kaum noch mein Nachtgebet, dann sank ich auf mein Lavendelkissen nieder und schlief auf der Stelle ein.
    Im Rückblick war schwer zu sagen, was mich geweckt hatte. In dem Moment, als ich aufwachte, dachte ich, es sei ein böser Traum gewesen, vielleicht auch ein Knarren im Gebälk oder der Wind, der die Läden zum Klappern brachte. Was immer es war – ich konnte nicht wieder einschlafen, und als ich mich aufsetzte, hörte ich ein

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