Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Stimme.
Rodolfo verdrehte die Augen.
»Wir sind es«, rief ich zurück.
»Wer ist wir ?«
»Rodolfo und Marco. Wir … haben bemerkt, dass das Tor offen war, und wollten gerade nach dem Rechten sehen.«
»Was ist das für eine Gondel?«
Ich zermarterte mir das Hirn nach einer einleuchtenden Erklärung, doch Rodolfo kam mir zuvor. »Das fragten wir uns auch gerade«, gab er zurück. »Desgleichen fragen wir uns, was du mitten in der Nacht da draußen zu tun hast.«
»Ich konnte nach der Vorstellung nicht schlafen und habe noch eine Ausfahrt gemacht.«
Und zwar nicht allein, sondern in Begleitung Razzis, wie sich alsbald zeigte. Der Schönling half ihr beim Aussteigen, und während sie mit geschürzten Röcken den gekachelten Boden des Andron betrat, machte er sich auf ihr Geheiß auch schon wieder bereit zum Abfahren und war gleich darauf in der Nacht verschwunden.
Caterina rümpfte die Nase. »Hier stinkt es aber!«
»In diesen alten Häusern stinkt es immer, vor allem im Andron«, sagte Rodolfo. »In manchen Wasserhallen riecht es wie beim Abdecker.«
Caterina lächelte mich an. »Du hast ja deine Mönchskutte an, Marco! Warum das denn?«
Im Schein der kleinen Laterne, die sie vor sich hertrug, wirkte sie so feenhaft schön, dass mein Kopf wie leer gefegt war. Eben noch hatte ich ihr vorhalten wollen, dass sie durch ihr leichtfertiges Verhalten die Ursache für den Tod eines Mannes gesetzt hatte, doch nun tat ich nichts weiter, als dümmlich zu stammeln, dass meine anderen Sachen gerade in der Wäsche seien.
Es schien sie nicht näher zu interessieren, jedenfalls nicht so sehr wie das Boot. »Wirklich eigenartig. Wie kommt es hierher? Habt ihr euch vergewissert, dass keine Einbrecher im Haus sind?«
»Selbstverständlich«, sagte Rodolfo freundlich.
»Die Gondel könnte gestohlen sein.«
»Das ist nicht auszuschließen«, stimmte Rodolfo zu.
»Aber warum lässt der Dieb sie dann hier liegen?«
Mir kam eine glänzende Begründung in den Sinn. »Vermutlich wollte er Baldassarres Athanore stehlen. Dabei wurde er von uns aufgeschreckt und floh.«
»Ich weiß zwar nicht, was Athanore sind, aber so könnte es gewesen sein.« Sie gähnte. »Du liebe Zeit, bin ich müde! Ich gehe zu Bett.«
»Warte«, sagte Rodolfo. »Eines möchte ich noch wissen: Wie wolltest du ins Haus kommen? Es war alles abgesperrt.«
»Erwähnte ich nicht bereits, dass Dario einen Schlüssel für das Wassertor hat?« Sie gähnte abermals. »So ein Zufall! Vorhin erst sprach er davon, dass er ihn verloren habe. Aber dann war das Tor ja offen, von daher war es nicht weiter schlimm.« Sie bedachte uns mit ihrem unvergleichlichen Lächeln. »Gute Nacht, ihr beiden! Gewiss werde ich schlafen wie in Abrahams Schoß, bei zwei so wackeren Nachtwächtern!«
Auf ihrem Weg zur Innentreppe stolperte sie über einen Zipfel der Plane. »Diesen Kram sollte jemand wegräumen«, meinte sie über die Schulter, bevor sie in den dunklen Tiefen des Mezzà verschwand.
»Stets zu Diensten, Madonna«, murmelte Rodolfo. Er zerrte die Plane zur Seite und packte den Toten bei den Schultern, während ich die Füße nahm.
Doch wir wurden abermals gestört, diesmal von Franceschina, die verschlafen im Durchgang zu den Wirtschaftsräumen auftauchte, eine flackernde Kerze in der Hand. »Rodolfo, bist du das? Ah, und Marco! Die ganze Zeit höre ich schon so ein Rumoren! Was um alles in der Welt macht ihr da? Und was stinkt hier so?«
Ihr Haar war zerwühlt, und ihr Nachtgewand ähnelte einem geräumigen Zelt, doch Rodolfo betrachtete sie so hingerissen, als sei sie das schönste Geschöpf auf Gottes Erde.
»Ich rieche gar nichts«, sagte er, die Plane beiläufig wieder über die Leiche werfend.
»Irgendwie … widerlich vergoren. Und wie frisch geschlachtet.«
»Das muss die Ebbe sein«, sagte Rodolfo. »Die fördert oft die ekligsten Gerüche zutage.« Er lächelte verbindlich. »Es tut mir sehr leid, dass wir dich geweckt haben, aber Marco und ich haben Geräusche gehört und fanden diese Gondel hier vor. Offenbar haben wir einen Einbrecher überrascht, der sich dieÖfen aneignen wollte. Bei seiner Flucht musste der Kerl das Boot zurücklassen.«
Franceschinas Miene hellte sich auf. »Ein Boot kann man in Venedig immer brauchen! Es erleichtert den Transport von Essens- und sonstigen Vorräten ungemein. Mehlsäcke, Weinschläuche, Pökelfässer, Kohlenkästen«, zählte sie auf. »Wir könnten in viel vernünftigeren Mengen einkaufen!«
Rodolfo sah
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