Der König Der Komödianten: Historischer Roman
schwerfällt.«
Ich fand ihre Ironie höchst unangebracht, doch Iseppo meinte nur arglos: »Das wird nicht nötig sein. Ich habe umgehend meiner Mutter geschrieben. Sie wird mir gewiss bald neue Kissen schicken.« Er lächelte mich an. »Dann kannst du auch noch eins haben. Für den Fall, dass deines schon zu platt gedrückt ist.«
Mich beschäftigten ganz andere Sorgen. Abermals zog ich Iseppo von den anderen weg, um ungestört mit ihm flüstern zu können. »Wo sind sie denn? Ich meine, der Prior und der Notar? Vor allem aber der Fremde!«
»Der Fremde bewohnt ein eigenes Haus in der Stadt, und Bruder Hieronimo, Messèr Barbarigo und ich sind in einer Herberge in Cannaregio untergekommen, am Campo dei Mori.«
Rodolfo, der es abermals geschafft hatte, sich in Hörweite aufzuhalten, stellte eine naheliegende Frage. »Wenn Ihr in der Herberge untergekommen seid – wieso habt Ihr dann Euren Reisesack mitgebracht?«
»Ich bin weggelaufen.« Iseppo straffte die Schultern. Ein heroischer Ausdruck trat auf sein rundliches Gesicht. »Für immer den Zwängen des Klosters entflohen, um ein neues und eigenes Leben zu beginnen.« Er atmete tief durch. »Ich möchte Schauspieler werden.«
Während Iseppo in der Küche von Franceschina beköstigt wurde, hielt der Rest der Truppe, mich eingeschlossen, im Portego Kriegsrat. Caterina vertrat vehement die Ansicht, einen Zuwachs wie Iseppo könne die Truppe nicht verkraften. Klosterbrüder hätten sie schon immer nervös gemacht. Noch nie sei sie einem Kuttenträger begegnet, der halbwegs normal gewesen wäre. Für das Theater sei ein Mönch völlig nutzlos, das wisse jeder.
»Marco kommt auch aus dem Kloster, und er trägt sogar wieder seine Kutte«, bemerkte Elena spitz.
»Du weißt genau, dass man das nicht vergleichen kann«, sagte Caterina verärgert.
»Wir können ihn nicht wegschicken«, sagte ich entschlossen. »Er ist mein Freund, und ich schulde ihm einen Gefallen, daher bitte ich darum, ihn aufzunehmen. Außerdem ist er sehr hilfsbereit. Auch wenn er nicht das Zeug zum Schauspieler hat – zusätzliche Unterstützung können wir immer brauchen.«
Über die wahren Gründe wollte ich mich im Beisein der anderen nicht auslassen, denn Elena war bisher die Einzige, die über meine missliche Lage im Bilde war und daher wusste, warum ich für Iseppos Bleiben plädierte: Anderenfalls bliebe ihm nichts anderes übrig, als zum Prior zurückzukehren, dem dann sofort auffiele, dass Iseppo ein neues Geheimnis hatte. Danach würde es nicht lange dauern, bis sie alle miteinander hier aufmarschierten.
»Ich stimme Marco voll und ganz zu«, sagte Rodolfo. »Der Mönch kann in der Küche und bei der Wäsche aushelfen. Franceschina braucht dringend tatkräftige Unterstützung.«
»Ich bin auch dafür, dass er bleibt«, sagte Elena. »Er könnte auf Großvater aufpassen. Ihr wisst alle, wie bitter nötig das ist.«
Von diesem Argument ließ sich auch Cipriano überzeugen, und so war Caterina überstimmt. Bernardo, der wenig späterverkatert aus seiner Kammer kam, war ebenfalls einverstanden, Iseppo als Haus- und Bühnenhelfer einzustellen, wobei seine Entscheidung sich offenkundig bloß darauf gründete, dass Caterina anderer Meinung war.
Baldassarre hatte sich zu einem Nachmittagsschläfchen zurückgezogen und konnte daher nicht befragt werden. Wenig später stellte sich jedoch heraus, dass der Alte bereits nach unten gegangen war und sich mit Iseppo unterhalten hatte. Danach konnte Baldassarre mit Kenntnissen über Iseppo aufwarten, die mir völlig neu waren, obwohl ich wochenlang die Kammer mit ihm geteilt hatte. So hatte Baldassarre beispielsweise erfahren, dass Iseppo der jüngste von drei Söhnen einer wohlhabenden, adligen Witwe im Veneto war. Zu den Gütern von Iseppos Familie gehörte unter anderem eine große Seidenstickerei in Lucca. Der älteste Bruder hatte die Verwaltung des väterlichen Erbes übernommen, der zweite war ein ranghoher Offizier, und als Jüngster hätte Iseppo die obligatorische kirchliche Pfründe antreten sollen, doch er scheute vor dem Priesteramt zurück und hatte daher die einzig infrage kommende Alternative gewählt: das Kloster, wo er seither ein zurückgezogenes, aber beschütztes Leben führte.
»Seine Mutter ist alt und gebrechlich und besucht ihn nur alle Jubeljahre, aber dafür verwöhnt sie ihn nach Strich und Faden«, berichtete Baldassarre. »Der Junge muss bloß einen Ton sagen, um beispielsweise kostbare Seidenkissen in Hülle und
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