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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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türmten sich an den Wänden, dazwischen zahllose Ballen von schimmerndem Stoff, orientalisch duftende Säcke, die in Halden übereinandergeschichtet waren, kostbare Kleinmöbel, von einer Sorte ein Dutzend Stücke nebeneinander, Truhen mit Intarsiendeckeln, reihenweise polierte Kandelaber, die aussahen, als wären sie aus Silber, geschnitzte, hüfthohe Statuetten – kurz, es sah in diesem Raum so aus, wie ich mir immer das wohlgefüllte Magazin eines steinreichen Patriziers vorgestellt hatte.
    Ungläubig betrachtete ich diese Ansammlung vonLuxuswaren, während ich Giovanni langsam kreuz und quer durch den riesigen Raum folgte.
    »Du bist wohl wirklich reich, was?«, entfuhr es mir, als Giovanni schließlich stehen blieb.
    »In der Tat«, sagte er, während er mit dem Windlicht auch noch den letzten Winkel ausleuchtete, wo der Kerzenschein sich in mehreren an die Wand gelehnten, mit schweren Goldrahmen verzierten Spiegeln fing.
    Heldenhaft bemühte ich mich, nicht neidisch zu sein, aber es fiel mir schwer. Giovanni wusste im Gegensatz zu mir genau, was er geerbt hatte, und niemand machte es ihm streitig oder wollte es versilbern, um dafür eine Orgel zu erwerben.
    »Machst du das regelmäßig?«, fragte ich.
    »Was?«
    »Nachsehen, ob noch alles von deinen Reichtümern da ist.«
    »Nein.«
    »Und? Ist noch alles da?«
    »Um das beurteilen zu können, müsste ich zuerst die Bestandslisten prüfen.«
    »Darum kümmerst du dich? Ich dachte, dein Onkel verwaltet dein Vermögen.«
    »Das trifft auch zu. Aber irgendwann muss ich ja selbst damit anfangen, oder nicht?«
    Damit mochte er recht haben, aber irgendwann hätte auch zu einer zivilisierteren Tageszeit sein können statt im Morgengrauen.
    Anscheinend hatte Giovanni genug gesehen. Ich folgte ihm beim Verlassen des Raums und schaute zu, während er die Tür sorgfältig wieder verschloss. Rodolfo, dem wie üblich nicht anzusehen war, was er dachte, war ebenso schweigsam wie wir.
    Gemeinsam gingen wir wieder nach unten. Durch das schmale Fenster im Treppenaufgang fiel das erste matte Tageslicht. Ich musste an Elena denken, und mein Herz vollführte einen Salto, weil sie bald wieder vor mir stehen würde.Mir wurde heiß bei der Erinnerung, wie sich ihr Körper in meinen Armen angefühlt hatte, und ich hätte mit Freuden den ganzen Inhalt des zweiten Stockwerks verschenkt (so er mir denn gehört hätte), es immer wieder erleben zu dürfen. Nichts auf Erden kam dem gleich! Mitleid erfasste mich, wenn ich an die armen Menschen dachte, denen diese Wonnen zeitlebens versagt blieben, etwa, weil sie sich der Kirche und damit der Askese verschrieben hatten. Schon deshalb kam es nicht infrage, dass ich wieder ins Kloster ging. Ich war dafür nicht veranlagt.
    Ob es die anderen Klosterbrüder waren, mochte dahinstehen, auch wenn es mir höchst zweifelhaft erschien, vor allem angesichts solcher Charakterzüge, wie ich sie bei manchen von ihnen hatte beobachten können. Etwa bei Bruder Ottone, der in Selbstgeißelungen Verzückung fand, oder bei Bruder Hieronimo, dessen größtes Glück es war, sich mit Essen vollzustopfen oder für das Kloster Glocken, Orgeln und anderes zu beschaffen.
    Immerhin Iseppo war dem entronnen, zwar nicht auf eine Weise, die seiner unsterblichen Seele zuträglich war, aber dafür auf ein Leben hoffen ließ, bei dem er auch ohne Lavendelkissen auskam, wenn er etwas Sinnenfreude erfahren wollte.
    In Gedanken versunken, bemerkte ich zu spät, dass Giovanni mitten auf der Treppe stehen geblieben war. Ich prallte gegen ihn, und so gerieten wir beide aus dem Gleichgewicht und fingen uns nur mühsam, indem wir uns gegenseitig stützten.
    Ein gellender Schrei schlug uns entgegen.
    Vor uns stand Elena, im hastig übergestreiften Hemd, das Haar eine wilde rote Flut, die Augen weit aufgerissen.
    »Tut mir leid, ich wollte niemanden stören«, sagte Giovanni höflich.
    »E … Elena«, stotterte ich. »Äh … Elena, das ist Giovanni Contarini.«
    Sie fing sich erstaunlich schnell. Hatte sie eben noch ausgesehen, als würde sie vor Schreck ohnmächtig werden, so war ihr im nächsten Augenblick davon nichts mehr anzumerken. »Das dachte ich mir bereits«, sagte sie reserviert.
    »Marco, willst du mir die bezaubernde Dame nicht vorstellen?«, fragte Giovanni mit breitem Lächeln.
    Ich widerstand dem unerklärlichen Impuls, ihn die Treppe hinabzustoßen.
    »Das ist Elena, die Enkelin unseres Intendanten.«
    »Intendant? Ah, richtig, hier im Haus gastiert ja ein

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