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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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eingeladen warst«, meinte Giovanni. »Und dass du sogar in meinem Gemach gebadet hast.«
    »Ich habe nichts angefasst«, beteuerte ich. »Und nach dem Baden bin ich sofort wieder gegangen!«
    »Wie findest du das Deckenfresko?«
    Verblüfft von diesem abrupten Themenwechsel, blickte ich ihn an. Er wirkte erwartungsvoll, als würde ihn meine Meinung wirklich interessieren.
    »Es gefiel mir gut«, räumte ich ein. »Sehr gut sogar. Ich … mag die griechischen Mythen.«
    »Ich auch!«, sagte Giovanni mit leuchtenden Augen. »Besonders liebe ich die Geschichten über Nymphen! Deswegen habe ich mir das Fresko malen lassen!« Sein Gesicht strahlte förmlich vor Begeisterung, und mit einem Mal wirkte er völlig verändert, nicht länger langnasig und stupide, sondern wie jemand, den man fast als gut aussehend, ja sogar sympathisch bezeichnen konnte.
    Doch das war natürlich nur Blendwerk. Er war, wie ich wusste, all das, was ich bestimmt nicht sein wollte: über alle Maßen verwöhnt. Ein Weiberheld, Modegeck, Waffennarr. Und ein unsteter Abenteurer, der in der Weltgeschichte herumzog. Heute hier, morgen dort. Jede Rücksichtnahme war ihm fremd. Er schreckte nicht einmal davor zurück, im Morgengrauen fremde Leute aus dem Schlaf zu scheuchen, nur weil er sich überzeugen wollte, ob ich ihm wirklich so ähnlich sah, wie sein Kammerdiener ihm berichtet hatte.
    »Ich bin übrigens nicht nur hier, um mich davon zu überzeugen, wie sehr du mir ähnelst. Ich muss oben im zweiten Stock etwas nachsehen.«
    »Dort ist abgeschlossen«, sagte ich.
    »Ich habe einen Generalschlüssel. Ohne wäre ich ja auch gar nicht ins Haus gekommen.«
    »Jedenfalls nicht mit heiler Haut«, ergänzte Rodolfo. »Und auch so kannst du von Glück sagen, dass dein Kopf noch auf den Schultern sitzt. Du hast dich gerade noch rechtzeitig umgedreht, sodass ich dein Gesicht sah. Sonst hätte dich mein Morgenstern erwischt.«
    »Hätte ich gewusst, dass ein angriffslustiger, schwer bewaffneter Zwerg mein eigenes Haus bewacht, hätte ich vorher einen Boten geschickt«, meinte Giovanni. »Der hätte mich dann auch darauf vorbereiten können, dass es in diesem Gemäuer stinkt wie aus der Hölle.« Es klang belustigt, fast so, als hätte er Sinn für Humor. Wieder wollte so etwas wie Sympathie in mir aufwallen, doch diese Regung wurde von neuen Grübeleien verdrängt.
    Daran, dass die Ca’ Contarini in Giovannis Eigentum stand, hatte ich noch gar nicht gedacht. Celsi hatte zwar erwähnt, dass es einem Neffen Morosinis gehöre, bei jener nächtlichen Begegnung, als er mir den Weg wies, nachdem ich mich verlaufen hatte. Aber da hatte ich noch nichts davon gewusst, dass es sich bei besagtem Neffen um Giovanni handelte, dessen Vermögen Morosini als Vormund verwaltete.
    Der Gedanke an das Vermögen Giovannis stürzte mich in Verwirrung. Wenn wir dieselben Eltern hatten – waren wir dann womöglich Inhaber desselben Vermögens? War die Ca’ Contarini etwa auch mein Elternhaus? In meinem Kopf herrschte blanke Konfusion. Es war einfach zu viel in zu kurzer Zeit auf mich eingestürmt, um es in ganzer Tragweite erfassen zu können. Die Sache mit Elena, das unvermutete Auftauchen meines Ebenbildes, neue Fragen über meine Vergangenheit …
    »Ich gehe jetzt nach oben«, verkündete Giovanni.
    Sofort erwachte ich aus meiner Erstarrung. Diese Gelegenheit zur Ergründung eines Geheimnisses konnte ich nicht ungenutzt lassen, das würde Elena mir nicht verzeihen. »Ich komme mit.«

    Die Tür im zweiten Stockwerk knarrte protestierend, als Giovanni sie aufsperrte, Zeichen dafür, dass sie nicht häufig geöffnet wurde.
    Ein Windlicht hochhaltend, ging Giovanni voraus in den großen Saal, der genau über dem Portego lag und dieselben Abmessungen aufwies, eine gewaltige Fläche von etwa einem Dutzend Schritten in der Breite und dem Doppelten in der Tiefe. Von der Landseite aus führte wie vom Piano Nobile eine Außentreppe hinab in den Innenhof, doch den Ausgang hatte man schon vor längerer Zeit zugemauert, sodass der Zutritt zu diesem Stockwerk nur über die Innentreppe möglich war.
    Die verhängten Fenster hielten das Licht des heraufziehenden Morgens draußen, und nur schwach erhellte die flackernde Kerze die Umgebung. Dennoch war genug zu sehen, um sofort festzustellen, dass dieser Saal, anders als der Portego, nicht leer war, sondern bis in die Ecken vollgestopft. Razzi hatte die Wahrheit gesagt. Hier lagerten Waren, und zwar in Hülle und Fülle. Hohe Kistenstapel

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