Der König Der Komödianten: Historischer Roman
vielleicht sogar dadurch in die Flucht zu schlagen – das klang überzeugend. Es sprühte geradezu vor dramaturgischer Eleganz. Daher durfte die Ausführung keinesfalls plump geraten. Aus diesem Grund schied beispielsweise aus: eine Verfolgungsjagd, bei der Giovanni und ich uns als Verfolgte abwechselten und den feisten Prior auf diese Weise so lange durch die Stadt rennen ließen, bis er tot zusammenbrach. Es musste vielmehr ein Verwirrspiel erster Güte werden. Etwa … Langsam entwickelte sich ein Gedanke, wurde zu einer vagen Vorstellung und schließlich zu einem konkreten Szenarium.
Ich setzte Giovanni auseinander, was mir in den Sinn gekommen war. Er machte zwei oder drei Verbesserungsvorschläge, die ich bereitwillig aufgriff und in den Plan einfügte.
Mit einem Handschlag besiegelten wir schließlich unser Vorhaben und verabredeten Zeit und Treffpunkt für die Durchführung.
»Bis dann, Bruder«, sagte er, meine Hand einen Moment länger festhaltend als nötig.
Ich wiederholte die Worte, meine Stimme ein Echo der seinen. »Bis dann, Bruder.«
Am Morgen wurde ich von erregten Stimmen geweckt, die aus der Küche kamen. Sogar Iseppo, der sonst in der Frühe kaum aus den Federn fand, schrak davon hoch.
Wir streiften uns hastig unsere Sachen über und liefen los, um nachzusehen, was dort im Gange war.
Franceschina fuhr zu uns herum, als wir vorsichtig die Köpfe durch die Küchentür schoben. »Was?«, rief sie wütend und mit hochgerecktem Kochlöffel.
»Äh … nichts«, stammelte Iseppo. »Wir wollten bloß …«
»Frühstück? Weil ihr von mir immer welches kriegt? Ist das alles, wozu ich tauge?«
»Aber meine Liebe«, mischte sich Rodolfo begütigend ein. »Die beiden möchten doch nur …«
»Ihre neugierigen Nasen in alles stecken?« Sie warf den tropfenden Kochlöffel nach ihm, doch er wich behände aus und entging so dem Wurfgeschoss.
Dass im nächsten Moment Cipriano und Bernardo auftauchten, ebenfalls aufgescheucht von dem Radau, trug nicht gerade zur Entspannung der Lage bei. »Was ist los?«, wollte Bernardo wissen. Sein bohrender Blick traf Rodolfo. »Was hast du mit ihr angestellt?«
»Das geht dich nichts an, du Idiot«, sagte Rodolfo wütend.
»Du dreister Zwerg! Wie redest du mit mir! Alles, was Franceschina betrifft, geht mich etwas an! Mehr jedenfalls als dich!«
»Wenn du Streit willst, komm mit nach draußen. Meinethalben können wir es endlich austragen, ein für alle Mal.«
»Hört auf !«, schrie Franceschina. Sie atmete rasch, wie nach einem schnellen Lauf, und zu meiner Bestürzung brach sie im nächsten Moment in Tränen aus. »Ich hasse euch! Euch alle! Ihr seid so … gemein!«
»Franceschina!«, rief Rodolfo entsetzt. »Ich wollte doch nicht … So warte doch!«
Doch sie hatte sich bereits abgewandt und rannte schluchzend aus der Küche, zuerst mich und dann Iseppo zur Seite stoßend. Bernardo und Cipriano konnten ihr gerade noch aus dem Weg springen. Laut heulend stürzte Franceschina durch den Gang in Richtung Innenhof davon. Bernardo hob seine Faust. »Siehst du das?«, sagte er drohend zu Rodolfo. »Damit werde ich dich jetzt Mores lehren! Für das, was du ihr angetan hast!«
»Du weißt doch gar nicht, was er ihr angetan hat«, wagte ich einzuwerfen.
»Es reicht völlig, dass er sie zum Weinen gebracht hat. Ich habe sie erst einmal weinen sehen!«
»Wann war das?«, wollte Rodolfo wissen.
»Halt’s Maul, du kleinhirniger, kleinwüchsiger Ochse, oder ich stopfe es dir!«
»Ich bitte euch«, sagte Cipriano besänftigend. »Vielleicht klären wir das lieber im Gespräch …«
Doch Bernardo war bereits auf Rodolfo losgestürmt. Der tat nichts weiter, als einen Schemel zu nehmen und ihn Bernardo entgegenzuschleudern. Bernardo wurde an genau derselben Stelle getroffen, wo ihn bei unserer ersten Begegnung meine Krücke erwischt hatte. Mit einem dumpfen Ächzen knickte er in der Mitte ein, fiel auf die Knie und würgte alles hervor, was er im Magen hatte – zum Glück nichts außer einem bisschen vergorenen Grappa vom Vorabend.
»Das zahle ich dir heim«, stöhnte er, als er sich wieder artikulieren konnte.
»Du hast angefangen«, sagte Rodolfo.
»Und du hast sie zum Weinen gebracht!«
»Ich habe nichts weiter getan als sie zu fragen, ob sie mich heiraten will.« Unglücklich schaute Rodolfo auf seine Füße.
Bernardo starrte ihn an.
»Du liebe Zeit«, sagte Cipriano betreten. »Sie wollte wohl nicht, was?«
»Sie fragte, was ich in ihr sehe. Ich
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