Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Öfen gegen den Rest der Anzahlung, und alles ist bestens.«
»Ich bin sehr daran interessiert, auch den dritten Ofen zu erwerben.« Der jüdische Kaufmann versuchte es mit freundlicher Überredung. »Es müsste einfach nur über den Preis verhandelt werden!«
»Der dritte Ofen brennt schon seit Wochen«, sagte Cipriano. »Er ist daher nicht verkäuflich.«
»Ich hätte aber gerade diesen Ofen gern und würde einen angemessenen Preis bieten.« Isacco nahm seinen gelben Hut ab und lächelte gewinnend. »Hier mein Angebot: Behaltet die beiden Öfen und gebt mir nur den dritten. Dafür könnt Ihr die Anzahlung für die zwei anderen Öfen als Kaufpreis einstreichen. Dann hätte ich den Preis für zwei Öfen bezahlt und nur einen bekommen!« Beifallheischend blickte er in die Runde, und tatsächlich schien Cipriano für einen Moment wankend zu werden. Dann wurde ihm jedoch zum Glück klar, dass wir viel eher Geld als Öfen brauchten, denn sonst würden wir auf ewig bei Celsi in der Kreide stehen. »Den brennenden Ofen behalten wir selber«, erklärte er bestimmt. »Die Transmutation ist zu weit fortgeschritten. Und sie hat wahrhaftig viel Arbeit und Opfer gekostet! Tag und Nacht wurde sie in mühevoller Hingabe überwacht. Wir wären schön dumm, auf das Gold aus dem Ei zu verzichten.« Cipriano sagte das mit solcher Überzeugungskraft, dass sogar ich es einen Augenblick lang glaubte. Bei manchen Gelegenheiten war es zweifelsohne von höchstem Nutzen, ein ausgebildeter Schauspieler zu sein.
»Ihr könnt die beiden schon angezahlten Öfen mitnehmenund damit selbst Euer Glück versuchen«, fuhr Cipriano höflich fort. »Gegen Zahlung der zweiten Rate, versteht sich. So wie es für den Zeitpunkt der Abholung vereinbart war.«
Isacco sah aus, als hätte er gern weiter verhandelt, doch dann zuckte er die Achseln, stülpte seinen Hut wieder über und folgte Cipriano ins Mezzà. Ich half mit, die beiden schweren Öfen unter mühseliger, schweißtreibender Schlepperei aus dem Haus zu befördern und auf dem Kahn des Juden zu verstauen. Cipriano nahm den Beutel mit dem Geld in Empfang und zählte die Münzen an Ort und Stelle, während Isacco noch einmal zurück ins Haus ging, weil er bei der Schlepperei seine Kopfbedeckung verloren hatte, ohne die er sich nicht in der Öffentlichkeit blicken lassen durfte.
»Stimmt die Summe?«, fragte ich gespannt.
Cipriano zählte stumm alles noch einmal und nickte dann mit erlöstem Lächeln. »Dem Herrn sei Dank! Damit ist immerhin die Hälfte der Schulden bei Celsi getilgt! Gleich nachher werde ich ihm das Geld bringen! Noch bevor Baldassarre davon Wind bekommt, dass wir es haben!«
»Ist denn überhaupt noch genug da, um weiterhin die Miete zu zahlen und unsere laufenden Kosten zu bestreiten?« Die Frage war berechtigt, denn seit zwei Wochen hatten wir keine Einkünfte erzielt, weshalb unsere Ersparnisse zwangsläufig zusammenschrumpften. »Ich könnte mir irgendwo Arbeit suchen, wenn es knapp wird«, schloss ich.
Cipriano schüttelte den Kopf. »Noch reicht es. Bis Baldassarre wieder auftreten kann, allemal.«
»Was würde geschehen, wenn …« Ich stockte, weil eine unerklärliche Scheu mich daran hinderte, die Frage zu stellen.
»Wenn es wieder geschieht und er sich nicht mehr davon erholt? Oder ein anderer von uns ausfällt? Jemand, der nicht zu ersetzen ist?« Er hob die Schultern. »Das wäre wohl das Ende für die Incomparabili. Eines Tages ist Baldassarre nicht mehr da, weißt du. Er kann noch viele gute Jahre haben, das gebeGott. Aber es könnte auch morgen schon vorbei sein. Mit jedem von uns. Nichts im Leben währt ewig, Marco. Vor allem nicht das Leben selbst.«
Natürlich hatte er recht. Wir alle mussten sterben, jeder einzelne Mensch. Irgendwann wäre auch mein Leben vorbei, so wie das von Onkel Vittore. Fröstelnd starrte ich in das blaugraue Wasser des Kanals zu meinen Füßen.
»Man darf nicht daran denken, Marco. Jedenfalls nicht zu oft. Nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Die übrige Zeit sollte man das tun, was nötig ist, um sich diese Gedanken vom Hals zu halten. Mit anderen Worten – alles, was Spaß macht.« Er zwinkerte mir zu, und gemeinsam gingen wir zurück ins Haus.
Als wir die Pforte erreichten, kam uns der jüdische Kaufmann entgegen. Er tippte zum Abschied an seinen Hut und ging dann pfeifend zu seinem Kahn.
»Warum nicht gleich so?«, fragte Cipriano. »Zufriedenheit auf der ganzen Linie – das hätten wir schon viel früher haben
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